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Film über Fremdenhass

Kirsten Liese21. Januar 2015

Mit "Wir sind jung, wir sind stark" über die Ausschreitungen in Rostock 1992 liefert Regisseur Burhan Qurbani einen Beitrag zu einer aktuellen Debatte ab. Der Film startet an diesem Donnerstag in den deutschen Kinos.

Filmstill Wir sind jung, wir sind stark (Foto: Zorro Filmverleih)
Bild: Zorro Verleih

"Wir sind jung, wir sind stark" erzählt von einem der schlimmsten ausländerfeindlichen Übergriffe der deutschen Nachkriegsgeschichte. Am 24. August 1992 setzten Neonazis im mecklenburgischen Rostock-Lichtenhagen ein Asylbewerberheim unter dem Beifall von Anwohnern in Brand. Wie durch ein Wunder kam bei dem furchtbaren Anschlag niemand zu Tode.

Frustrierte, gelangweilte Jugendliche

Authentisch, differenziert, psychologisch und atmosphärisch dicht schildert der Film diesen einen Tag aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Eine Gruppe desillusionierter, arbeitsloser Jugendlicher repräsentiert die Randalierer. Gelangweilt und frustriert streifen die Freunde durch die öde Rostocker Siedlung, stets auf der Suche nach einem Ventil für angestaute Aggressionen. Auch untereinander treten die Jugendlichen provokant auf, aggressiv und stets auf Radau aus.

Zu Gewalt bereit - die Jugendlichen in "Wir sind jung, wir sind stark"Bild: Zorro Verleih

Für eine Vietnamesin beginnt der Tag dagegen trotz ausländerfeindlicher Stimmung vor ihrer Haustür durchaus hoffnungsvoll. Gerade hat sie einen unbefristeten Arbeitsvertrag erhalten. Sie vertraut darauf, in Deutschland eine neue Heimat zu finden und wird von der Eskalation in der Brandnacht kalt erwischt.

Ein dritter Handlungsstrang erzählt von einem überforderten Lokalpolitiker, der nicht mitbekommt, dass sich ausgerechnet sein Sohn einer rechtsextremen Gruppe angeschlossen hat.

Politisches Statement gegen das Vergessen

Derart düstere und drastisch in Szene gesetzte Episoden um rassistische Ausschreitungen gegen Asylbewerber haben es bislang nicht in einen deutschen Spielfilm geschafft. "Wir sind jung, wir sind stark" ist der erste, der dieses schreckliche Kapitel aufarbeitet und ist damit auch ausdrücklich ein politisches Statement gegen das Vergessen: Die Ereignisse dürften "nach über 20 Jahren im kollektiven Unterbewusstsein unserer Gesellschaft nicht versickern", sagt Regisseur Burhan Qurbani im Interview mit der Deutschen Welle.

Regisseur Burhan Qurbani vor kurzem beim Filmfestival in Rom nach der UraufführungBild: picture-alliance/dpa/Stringer

Die Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen waren auch kein Einzelfall in der jüngeren deutschen Geschichte. Hoyerswerda, Rostock, Mölln und Solingen seien "nur die Ausschläge auf der Skala, an die wir uns erinnern", sagt der Regisseur.

Qurbani: "Sonderbarer Rechtsruck"

Qurbani selbst war zum Zeitpunkt der Krawalle in Lichtenhagen zwölf Jahre alt, spürte damals aber, wie er sagt, schon einen "sonderbaren Rechtsruck". Er habe sich nach den Ausschreitungen wie ein "Alien" gefühlt, erzählt Qurbani, dessen Eltern einst aus politischen Gründen aus Afghanistan flüchteten. Als Deutscher mit Migrationshintergrund sei auch er damals "von Rechten dumm angemacht" worden. Besonders die Erkenntnis, dass nicht nur "Glatzen und Neonazis" das Asylbewerberheim, das wegen seiner dekorativen Wandbemalungen im Volksmund "Sonnenblumenhaus" genannt wurde, belagert hätten, habe ihn schockiert. Auch "ganz 'normale' Bürger" seien dabei gewesen.

Gewaltbereite Jugendclique im Film - ein aktuelles ThemaBild: Zorro Verleih

Deshalb sieht Burhan Qurbani in der Gewaltbereitschaft der Jugend nur ein Symptom für eine breitere Entwicklung. Die Anklage seines Films gelte einer apathischen Gesellschaft, die es versäumt habe, sich um ihre Kinder zu kümmern, so der Regisseur.

Vater-Sohn-Konflikt

Im Film spielt Devid Striesow exemplarisch einen Mann, der auf ganzer Linie als Politiker, Verantwortlicher und Vater versagt. Der vorsichtige Taktierer, der es allen Recht machen will, bekommt aus seinem direkten persönlichen Umfeld lange Zeit gar nichts mit. Erst in der Brandnacht findet er heraus, dass sein Sohn politisch auf der anderen Seite steht, die fremdenfeindlichen Exzesse sogar anführt. Damit der Zuschauer die Geschehnisse "besser rationalisieren" kann, so Qurbani, habe er für seinen Film nüchterne Schwarzweiß-Bilder gewählt.

Tristesse in Rostock-LichtenhagenBild: Zorro Verleih

Brisanter Beitrag zu einem aktuellen Thema

"Wir sind jung, wir sind stark" ist jedoch nicht nur ein Film über die Vergangenheit, sondern ein sehr aktueller Beitrag zur gegenwärtigen Debatte um einen menschenwürdigen Umgang mit Asylbewerbern. Gewalt gegen diese sei "immer noch an der Tagesordnung", sagt der Regisseur. Der läuft seit dem 22. Januar in den deutschen Kinos.

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