Finanzkrise wirft Afrika zurück
16. Februar 2009Der Geldstrom aus dem Ausland wird immer dünner: So halten die internationalen Investoren vorerst lieber still und legen geplante Investitionen auf Eis. Darunter leidet unter anderen die Demokratischen Republik Kongo, wo 48 Minenprojekte aufgegeben wurden.
Auch in der Entwicklungshilfe fließen die Gelder nun langsamer und in geringerem Umfang. Die Industriestaaten stecken ihre Kräfte lieber ins eigene Land.
Für Wachstum sorgten zudem die Emigranten, die zuverlässig einen großen Teil ihres Verdienstes in die Heimat überwiesen und damit die Wirtschaft stützen. In der Krise werden nun viele arbeitslos oder verdienen zumindest weniger - entsprechend spärlicher fallen die Überweisungen aus.
Und nicht zuletzt sinkt in Folge der Wirtschaftskrise die weltweite Nachfrage nach Rohstoffen, was die Preise nach unten stürzen lässt. So wird aus dem einst kräftigen Einnahmestrom durch den Export von Rohstoffen ein zaghaft sprudelndes Bächlein. Da in vielen Ländern dieses Einkommen aber einen großen Teil der Wirtschaftsleistung ausmachte, mussten beispielsweise die beiden Ölexporteure Angola und in Nigeria ihre Wachstumsraten drastisch reduzieren.
Afrika war auf dem richtigen Weg
Dabei machte der Weg, auf dem sich Afrika befand, schon Mut. Im Durchschnitt wuchs die Wirtschaft der afrikanischen Staaten um fünf bis sechs Prozent. In einigen Staaten konnte sich eine Mittelschicht bilden, die in die eigene Wirtschaft investierte, beispielsweise in Kenia. Und auch ausländische Investoren legten ihr Geld in Afrika an. Schwellenländern wie China, Brasilien oder Indien ließen viel Kapital fließen, um sich den Zugang zu begehrten Rohstoffen zu sichern. Laut Internationalem Währungsfonds (IWF) waren die ausländischen Investitionen und Kredite für Afrika auf 53 Milliarden US-Dollar angestiegen – das ist fünfmal mehr als im Jahr 2000.
Doch die Finanzkrise könnte nun den Rohstoffländern wie den Entwicklungsstaaten in Afrika gleichermaßen zusetzen, warnt Donald Kaberuka, Präsident der Afrikanischen Entwicklungsbank. "Wir müssen zwischen der Finanz- und der Wirtschaftskrise unterscheiden. Bisher hat es noch keine afrikanische Bank getroffen. Aber die Volkswirtschaften schon.“ Er rechne im besten Fall mit einem durchschnittlichen Wachstum 2009 von 4,5 Prozent. Für die Subsahara Region sieht der Internationale Währungsfonds für dieses Jahr nur noch ein Wirtschaftswachstum von 3,4 Prozent.
Wege aus der Krise
Damit Afrika nicht zu schwer von der Finanzkrise getroffen wird, müssen die Industrieländer Afrika an den Plänen zur Regulierung der Finanzmärkte beteiligen. Davon ist Ad Melkert überzeugt. Er ist Untergeneralsekretär der Vereinten Nationen und vertritt deren Entwicklungsprogramm UNDP. Seine Forderung: "Wenn sich die Weltgemeinschaft, die G20, im April in London erneut zu einem Finanzgipfel trifft, dann muss sie dort sicherstellen, dass es dann auch um Afrika geht."
Melkert befürchtet, wenn Afrika vergessen werde, dann seien die Entwicklungsziele der Vereinten Nationen in Gefahr. "Die Krise bedeutet wirklich einen Rückschlag - selbst für die erfolgreichsten Staaten wie zum Beispiel China. Wir müssen also eine Extra-Anstrengung leisten, um die Entwicklungsziele überhaupt zu erreichen." Zwar macht die Armutsbekämpfung weltweit Fortschritte, aber in Afrika ist, unter anderem durch das schnelle Bevölkerungswachstum, der Prozentsatz der Armen noch nicht wirklich zurückgegangen. Immer noch gilt jeder zweite Afrikaner als arm.
Innerafrikanische Kräfte mobilisieren
Außerdem sei es, so Kaberuka, vor allem wichtig innerafrikanisches Kapital zu mobilisieren. „Schließlich haben wir in Afrika sehr reiche und sehr arme Staaten. Auf der regionalen Ebene ist es der Afrikanischen Entwicklungsbank bereits gelungen, Kapital zu mobilisieren, für den ganzen Kontinent noch nicht. Und die gesamten Reserven Afrikas machen insgesamt rund 400 Milliarden Dollar aus."
Nicht zuletzt seien die Regierungen Afrikas selbst in der politischen Pflicht, mahnt Melkert. So sollten die Erfahrungen Lateinamerikas auf Afrika übertragen werden. Dort wurden zum Beispiel wirkungsvolle soziale Sicherungssysteme geschaffen und so Anreize für Entwicklung gegeben. "In Lateinamerika bekommen Familien Geld, wenn sie ihre Kinder in die Schule schicken oder impfen lassen. Solche Initiativen könnte man auch in Afrika umsetzen. Die Weltbank, die UN oder bilaterale Geber könnten ein solches System stützen und finanziell fördern. Das wird den Ärmsten ermöglichen, ein minimales Einkommen zu haben, um Lebensmittel zu kaufen – auch wenn die Preise weiter ansteigen -, ihre Kinder zur Schule zu schicken, für ihre Gesundheit zu sorgen."