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PolitikEuropa

EU lahmt im Kampf gegen Geldwäsche

22. September 2020

Die Gesetze gegen Geldwäsche in der EU sind "hart", aber ihre Umsetzung ist es nicht. Das sagt selbst die EU-Kommission und will nachlegen. Aus Brüssel Bernd Riegert.

EU-Kommission in Brüssel
EU-Kommission: Mächtige Behörde ohne Durchgriffsrecht bei Geldwäsche?Bild: picture-alliance/dpa/APA/R. Schlager

Die Empörung unter finanzpolitischen Experten im Europäischen Parlament ist groß. Nach der Veröffentlichung der FinCEN-Papiere und den Vorwürfen der Beihilfe zur Geldwäsche gegen etliche europäische Großbanken sagte die österreichische Europaabgeordnete Evelyn Regner (SPÖ), die FinCEN-Enthüllungen machten deutlich, dass die Banken ihre eigenen Regeln ignorieren und geltende Anti-Geldwäsche-Gesetze unterlaufen. "Die Behörden stehen dem mit chronischen Überforderungen gegenüber. Wie viele Enthüllungen braucht es noch, bis wir international agierenden kriminellen Netzwerken endlich den Geldhahn zudrehen?" Markus Ferber, finanzpolitischer Sprecher der christdemokratischen Fraktion im Europaparlament, sieht große Mängel in der Europäischen Union. "Geldwäscher und ihre Helfer machen sich zunutze, dass die Mitgliedstaaten die bestehenden Vorschriften nur halbherzig umsetzen, sich untereinander nicht koordinieren und es keine europäische Aufsicht mit echten Durchgriffsrechten gibt."

Europabgeordneter Ferber: Mängel bei der Bekämpfung von Geldwäsche in der EU (Archivbild)Bild: DW/B. Wesel

Strenge Gesetze, die nicht durchgesetzt werden

Die Europäische Union hat bereits fünf Anti-Geldwäsche-Gesetze beschlossen, die unter anderem dazu geführt haben, dass alle Mitgliedstaaten eine sogenannte "Financial Intelligence Unit" (FIU) eingerichtet haben, die verdächtige Transaktionen prüfen sollen. In Deutschland betreibt der Zoll diese FIU-Einheit. Sie hat aber selbst nach Ansicht der finanzpolitischen Sprecherin der Regierungsfraktion von CDU/CSU im Bundestag, Antje Tillmann, nicht die nötigen Kompetenzen und nicht genügend Personal.

Daniel Ferrie, Sprecher der EU-Kommission, sagte am Dienstag zu den FinCEN-Papieren in Brüssel, das Problem sei der EU bewusst und nicht neu. Der Kampf gegen Geldwäsche habe eine "hohe Priorität". Die Regeln in der EU seien in der Theorie "die härtesten in der Welt", jetzt müssten sie umgesetzt werden, sagte der Sprecher der Kommission.

In einer Stellungnahme zur Geldwäsche in der EU beklagte die EU-Kommission in Brüssel bereits im Mai, dass die Mitgliedstaaten ihre Verpflichtungen aus den bisherigen Anti-Geldwäsche-Gesetzen nicht ernsthaft umsetzen. Gegen eine ganze Reihe von ihnen wurden deshalb Verfahren wegen der Verletzung der EU-Verträge eingeleitet. "Es ist klar, dass wir diese Nachlässigkeit angehen und eine harmonische Umsetzung der Regeln überall in der EU durchsetzen müssen", heißt es von der EU-Kommission.

Etliche Banken in der EU waschen offenbar kräftig mit

EU-Kommission schlägt zentrale Behörde gegen Geldwäsche vor

Nur elf Staaten der EU haben nach Angaben der Lobby-Organisation "Transparency International", die Anti-Geldwäsche-Gesetze der EU vollständig in nationales Recht umgesetzt. In 25 der 27 Mitgliedstaaten haben Banken ihren Sitz, die wiederholt verdächtige Transaktionen abgewickelt haben, sagte die Geldwäsche-Expertin von "Transperancy International", Laure Brillaud, in Brüssel. "Die EU muss dringend mehr gegen Geldwäsche unternehmen. Jahr für Jahr sehen wir Skandale, in denen Europa als sicherer Hafen für die Täter und das gestohlene Geld dient", so Laure Brillaud.

Die Europäische Kommission hat bereits im Mai 2020 angekündigt, dass sie Anfang 2021 eine neue zentrale Aufsichtsbehörde gegen Geldwäsche vorschlagen wird. Die muss allerdings von den Mitgliedstaaten gebilligt werden. Es kann noch Jahre dauern, bis sie tatsächlich arbeiten kann. Mit dieser neuen Behörde kommt die EU-Kommission sowohl Forderungen des Europa-Parlaments und auch von "Transparency International" nach.

Die EU-Kommission will außerdem die Koordination zwischen den nationalen "Financial Intelligence Units" (FIU) von 2021 zwingend vorschreiben. Die Geldwäsche-Prüfer sollen einfacher Daten und Erkenntnisse austauschen können.

FinCEN Files – Dubiose Geschäfte

01:34

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Europäische Bankenaufsicht kann nur empfehlen

Anfang dieses Jahres hat die "Europäische Bankenaufsicht" (EBA), die in Paris angesiedelt ist, neue Aufgaben und Kompetenzen bei der Bekämpfung der Geldwäsche bekommen. Die EBA selbst beklagte aber im September, dass sie nur koordinieren, aber nicht ermitteln kann. Die Bankenaufsicht kann nationale Aufsichtsbehörden, wie die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in Deutschland nur auffordern, tätig zu werden.

Der britische Finanzexperte Graham Barrow sagte der DW, den Banken fehlten die Anreize, verdächtige Geldtransaktionen zu unterbinden, mit denen sie viel Geld verdienen könnten. Man versuche mit nationalen Behörden gegen ein internationales, grenzüberschreitendes Problem anzugehen. Barry empfiehlt einen europäischen Ansatz. "Eine Anti-Geldwäsche-Behörde der EU würde das Spielfeld verändern. Wir achten Landesgrenzen, die Kriminellen tun das nicht. Wir müssen so international arbeiten wie die Kriminellen."

Zyperns Banken: 2013 von der EU in der Finanzkrise gerettet, danach in Geldwäsche aktiv? (Archiv)Bild: picture-alliance/dpa

Listen verdächtiger Länder

Am 1. Oktober tritt eine neue Liste von Ländern in Kraft, die die EU als "schwarze Schafe" bei der Geldwäsche identifiziert hat. Geschäfte mit Banken oder Firmen in diesen Ländern gelten grundsätzlich als verdächtig. Auf dieser Liste stehen aktuell die Bahamas, Barbados, Botswana, Ghana, Jamaika, Kambodscha, Mauritius, die Mongolei, Myanmar, Nicaragua, Panama und Zimbabwe. Einige Länder, die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Geldwäsche zugesagt haben, hat die EU-Kommission von der Liste entfernt: Bosnien-Herzegowina, Guyana, Laos, Äthiopien, Sri Lanka und Tunesien.

Jahrelang gehörte auch der EU-Mitgliedstaat Zypern zu den internationalen Geldwasch-Automaten. Hunderttausende Briefkasten-Firmen, die als Verschiebepunkte für schmutziges Geld besonders aus russischen und ukrainischen Quellen dienten, waren auf Zypern registriert. Dieses Geschäftsmodell des Zwergstaates im Mittelmeer soll sich langsam ändern. Auf der Druck der USA, nicht der EU, haben zyprische Banken in den vergangenen Jahren tausende Verdächtige Konten geschlossen. Zypern setzt auf neue Geschäfte. Zusammen mit dem US-Konzern ExxonMobil sollen die riesigen Gasvorkommen vor Zypern ausgebeutet werden. Doch die Türkei erhebt ebenfalls Anspruch auf die Gasfelder.

Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union
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