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Porträt Mario Monti

14. November 2011

Größer könnte der Kontrast wohl nicht sein: Auf den Lebemann und Milliardär Berlusconi folgt der Ökonomieprofessor Monti. Der frühere EU-Kommissar will Italien vor dem Staatsbankrott bewahren - mit 'deutschen Tugenden'.

Einbahnstraßenschild in Italien (Foto: dapd)
Bild: dapd

Mario Monti hat die Richtung schon klar vorgegeben. Italien müsse ein verantwortliches Verhalten zeigen, sagte er jüngst, "und nicht die Zweifel und Vorurteile erwecken, dass Italien nicht seriös ist". Mit seriös ist Monti, ein 68-jähriger Ökonom aus Varese in Norditalien, sicher gut umschrieben. Dieses Attribut verleihen ihm fast alle, die schon einmal mit ihm zu tun hatten, auch Daniela Schwarzer von der Stiftung Wissenschaft und Politik gegenüber DW-WORLD.DE: "Er ist sachlich, dabei nicht unherzlich und gilt als total verlässlich, er bezeichnet sich selbst im Kopf als Deutscher." Und tatsächlich haben ihm einige politische Weggefährten den Spitznamen "italienischer Preuße" gegeben.

Monti als EU-Kommissar 2002Bild: dapd

Aber Monti ist vor allem auch Europäer. Er sieht die Gefahr, die von der Finanzkrise in Italien in Richtung Europa ausgeht, er hat seine internationale Kompetenz in neun Jahren als EU-Kommissar unter Beweis gestellt, zunächst zuständig für den Binnenmarkt, dann als oberster Wettbewerbshüter in der EU. Im nach ihm benannten viel beachteten Monti-Report beschreibt er 2010, wie die Binnenmärkte wieder anzukurbeln wären. "Er hat klare Vorstellungen, wie er die Probleme anpacken würde", sagt Daniela Schwarzer. Dass Monti seiner Linie treu bleibt, bekamen in seiner Zeit als Wettbewerbskommissar auch schon deutsche Regierungsvertreter und Konzerne zu spüren. So setzte er öffentlichen Garantien für Sparkassen und Landesbanken ein Ende, und mit der deutschen Automobilindustrie geriet er in Streit, um Handelsschranken zu überwinden.

Skandalfrei

Skandale wie die unter Silvio Berlusconi dürften unter Mario Monti nicht zu erwarten sein. "Diese Dinge haben schlimme wirtschaftliche Folgen gehabt", sagt er über Berlusconis Eskapaden, "weil sie die Köpfe der Regierenden, der Politiker und auch die von uns Italienern beschäftigt haben in all den abendlichen Talkshows, während die anderen Länder diese Zeit nutzten, sich um weniger schillernde Dinge zu kümmern wie: Was wird aus unserem Land in zehn oder 20 Jahren?"

Berlusconi musste auch auf Druck der EU abdankenBild: AP

Das Pikante daran: Berlusconi selbst war es, der Monti 1994 nach Brüssel empfohlen hatte. Aber auch die Regierung unter Berlusconi bekommt von Monti ihr Fett weg. Die fehlende Wachstumspolitik der vergangenen Jahre sei schuld an der aktuellen Situation.

"Italien atmet auf"

Ulla Burchardt, die Vorsitzende der deutsch-italienischen Parlamentariergruppe im Bundestag (SPD), bezeichnet Montis voraussichtliche Amtsübernahme als "tolle Sache für Europa". "Die Finanzmärkte sollten sich beruhigen, denn Monti könnte die italienischen Staatsfinanzen wieder in Ordnung bringen", sagt sie. Und auch in seinem Heimatland sei man froh: "Italien atmet auf, dass die Berlusconi-Zeit zu Ende ist", sagte Burchardt im Gespräch mit DW-WORLD.DE. "Das Volk hat Vertrauen zu ihm. Er handelt nicht in eigenem Interesse, steht nicht im Verdacht, korrumpierbar zu sein. Er handelt zum Wohl des Landes."

Wie genau es Mario Monti manchmal nimmt, wird aus einer kleinen Anekdote aus seiner Autobiographie deutlich: Es ging um die Auseinandersetzung der EU-Behörde mit dem US-Konzern General Electric, in deren Verlauf der damalige Unternehmenschef Jack Welch Monti das "Du" anbot. Doch der Italiener lehnte höflich ab. Er werde es annehmen, wenn die Fusionskontrolle beendet sei. Auch ein Anruf des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton bei Kommissionspräsident Mario Prodi brachte die Kommission nicht von ihrer Linie ab.

Autor: Tobias Oelmaier
Redaktion: Christian Walz / Anne Allmeling