Trauer in Finnland
8. November 2007Nach dem Schulmassaker mit neun Toten wird in Finnland am Donnerstag (8.11.2007) an allen öffentlichen Gebäuden auf Halbmast geflaggt. Bei dem Amoklauf in der Kleinstadt Tuusula hatte ein 18-jähriger Abiturient sechs Mitschüler, die Schulleiterin und die Krankenschwester der Schule während der Unterrichtszeit erschossen. Zunächst war von sieben getöteten Schülern und der Rektorin berichtet worden. Der Attentäter starb zehn Stunden nach der Bluttat in einem Krankenhaus in Helsinki an schweren Schussverletzungen, die er sich selbst beigebracht hatte.
Der junge Mann soll in einem Klassenzimmer das Feuer eröffnet und auch auf Polizisten geschossen haben. Auch zahlreiche andere Personen hätten bei dem mehrstündigen Drama in der Schule in Tuusula 60 Kilometer vor Helsinki Verletzungen erlitten.
Ministerpräsident kündigt Krisentreffren an
Der finnische Ministerpräsident Matti Vanhanen sprach von einer "extrem tragischen" Situation und kündigte ein Krisentreffen des Kabinetts an.
Die Polizei umstellte die Schule nach der Bluttat und richtete ein Krisenzentrum ein. Das Fernsehen zeigte Bilder von Schülern, die in Panik durch die Fenster flüchteten und dabei durch Glassplitter verletzt wurden. Vor dem Schulgelände warteten ängstliche Eltern auf Neuigkeiten von ihren Kindern. Das betroffene Gymnasium hat 500 Schüler, in Tuusula leben rund 30.000 Menschen,
"Er schoss von der Tür aus"
Ein Lehrer sagte, der Schütze sei systematisch vorgegangen und habe sich Klassenzimmer für Klassenzimmer vorgenommen. "Er klopfte an die Tür und schoss von der Tür aus", sagte Kim Kiuru, der sich aus dem Gebäude gerettet hatte. "Ich konnte es nicht glauben. Ein Schüler, den ich selbst unterrichtet habe, kommt auf mich zu, schreiend, mit einer Waffe in der Hand." Kiuru unterrichtete zu Beginn der Schießerei eine achte Klasse und sorgte dafür, dass seine Schüler durchs Fenster fliehen konnten.
Finnische Medien berichteten von einem 18-jährigen Täter, der schon mehrfach seine Bewunderung für die Diktatoren Hitler und Stalin ausgesprochen habe und ein Waffennarr gewesen sei. Der Täter stamme aus einer ganz normalen Familie, erklärte Polizeichef Matti Tohkanen auf einer Pressekonferenz. Er habe seit dem 19. Oktober eine Lizenz für eine Kleinkaliber-Pistole gehabt und sei zuvor nicht straffällig gewesen.
Amoklauf auf YouTube angekündigt
Den Berichten zufolge hat der Schütze den Amoklauf in einem Video auf YouTube angekündigt. Unter dem Titel "Jokela High School Massaker" seien das Bild eines Gebäudes und zwei Fotos eines jungen Mannes mit einer Schusswaffe zu sehen gewesen. Das Video wurde laut User-Profil von einem 18-jährigen Finnen eingestellt, darin wurde zu einer "Revolution gegen das System" aufgerufen. Zu sehen ist außerdem ein junger Mann, der ein T-Shirt trägt mit der Aufschrift "Die Menschheit wird überbewertet".
Der Vorfall ist der folgenschwerste in Finnland seit einem Bombenanschlag auf ein Einkaufszentrum in Helsinki im Jahr 2002. Bei der Explosion des Sprengsatzes kamen damals der Täter und sechs weitere Menschen ums Leben. Bislang gab es noch nie Berichte über eine Schießerei an einer finnischen Schule. Bei Gewalttaten kamen dort in der Regel Messer zum Einsatz: Seit 1999 kam es Medienberichten zufolge an Schulen zu vier Messerstechereien, bei denen aber niemand getötet wurde. (tos/rri)