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Hohe Erwartungen, große Sorgen

Rolf Wenkel
4. Juli 2017

Wie sehen die Erwartungen der deutschen Unternehmen im Ausland aus? Der DIHK hat sich bei 4000 im Ausland tätigen Firmen erkundigt. Fazit: Sorgen und Zuversicht halten sich in etwa die Waage.

Containerhafen von Schanghai
Bild: picture-alliance/dpa/dpaweb/A. Tu

Deutsche Unternehmer im Ausland rechnen mit einer anziehenden  Konjunktur, sorgen sich aber auch über die wachsende Zahl von Handelsbarrieren im internationalen Geschäft. Einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) unter rund 4000 im Ausland tätigen Unternehmen ist nahezu jedes vierte besorgt darüber, dass Märkte abgeschottet und einheimische Unternehmen bevorzugt werden. "Die Zunahme von Handelshemmnissen und protektionistische Tendenzen wie die "America First"-Strategie der US-Regierung sorgen für mehr Unsicherheit", heißt es in der Umfrage. 

Die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen stellen danach erstmals seit Herbst 2015 wieder das größte Risiko dar. Mittlerweile seien 48 Prozent verunsichert. Trotz der Risiken überwiege aber die Zuversicht. "Die Aussichten für die Weltwirtschaft sind so positiv wie lange nicht. Mehr als ein Drittel der deutschen Unternehmen im Ausland erwartet eine weitere Verbesserung der Konjunktur vor Ort. Nur 16 Prozent rechnen mit schlechteren Zeiten", sagt DIHK-Außenhandelschef Volker Treier. Der DIHK erwartet 2017 ein Wachstum der Weltwirtschaft in Höhe von 3,6 Prozent. Damit belebt sich die Konjunktur wieder etwas im Vergleich zum letzten Jahr, in dem ein Wachstum von 3,1 Prozent registriert worden ist. 

Rückschläge ausgeglichen

Die gute Entwicklung umfasse fast alle Weltregionen. In der Eurozone und auch in Südostasien gingen die konjunkturellen Erwartungen der Unternehmen steil nach oben. Konsum und inzwischen auch Investitionen trieben das Wachstum weltweit - zum Beispiel in den USA, einem der wichtigsten deutschen Handelspartner. Rückschläge auf anderen Märkten - wie etwa in der Türkei, im Nahen und Mittleren Osten oder das noch immer stagnierende Brasilien - könnten damit derzeit kompensiert werden. 

Der Ausstieg des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union - und damit dem gemeinsamen Binnenmarkt - sorgt jedoch voraussichtlich für zahlreiche Einschränkungen der Geschäftstätigkeit. Zahlreiche Konflikte - in der Ukraine, im Nahen Osten und in Afrika - erhöhen die Unsicherheit über geeignete Rahmenbedingungen im internationalen Geschäft. "In Bezug auf Handelsthemen ist es in der internationalen Zusammenarbeit von Industrieländern untereinander und mit Schwellenländern, zum Beispiel im Rahmen von G7 beziehungsweise G20 Treffen, schwieriger geworden, mit einer Stimme zu sprechen", heißt es in der Studie.

Sorgen um Schulden und Investitionen

Die Unsicherheit bei den international agierenden deutschen Unternehmen ist groß. Jedes zweite sieht in den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen ein Risiko für seine Geschäfte in den kommenden zwölf Monaten - so viele wie noch nie. Der Brexit, handelspolitische Aussagen der US-Regierung und der in vielen Regionen der Welt vormarschierende Protektionismus sind dafür die Hauptursache. Auch die Schuldenlast vieler Länder bereitet den Unternehmen Sorgen - bleiben die Investitionen aus, ist besonders die deutsche Wirtschaft betroffen.

"Diese Warnsignale sollten nicht überhört werden. Gerade jetzt gilt es, die Wirtschaft weltweit auf feste Füße zu stellen", sagt Volker Treier. Die G20-Länder sollten bei ihrem Gipfel in Hamburg ein deutliches Zeichen für freien Welthandel und für fairen Wettbewerb setzen. "Klare Signale für eine vertiefte internationale Zusammenarbeit sind derzeit dringend nötig. Denn die wirtschaftliche Entwicklung ist kein Selbstläufer."

Hofft auf ein Signal der G20 gegen Protektionismus: DIHK-Außenhandelschef Volker TreierBild: DW/B.Riegert

Hoffen auf Japan

Angesichts der handelspolitischen Konflikte mit den USA hofft der DIHK auf das sich abzeichnende Freihandelsabkommen der EU mit Japan. Schon rein wirtschaftlich wäre eine solche Vereinbarung zwischen Europa und der weltweit drittstärksten Wirtschaftsmacht ein wichtiger Schritt, sagt Treier. "Aber die symbolische Kraft wäre noch stärker", ergänzt er. "Dieses Thema ist daher für die deutsche Wirtschaft aufgrund seiner Ausstrahlungskraft auf die Handelspolitik weltweit von elementarer Bedeutung." Es wäre ein Zeichen gegen Importbeschränkungen, wie sie die USA angekündigt haben, und gegen den wachsenden Protektionismus in der Welt.

Wenn der bevorstehende G20-Gipfel in Hamburg in Uneinigkeit auseinander ginge, würde das nach Treiers Worten die bestehenden Unsicherheiten in der Wirtschaft unterstreichen und womöglich noch verstärken. Aber die Unternehmen spürten bereits jetzt wachsende Handelsschranken in der Welt. "Der Gipfel wäre dann die Bestätigung der Realität", sagte er mit Blick auf einen Konflikt über die Handelspolitik.

Das Risiko des Fachkräftemangels verharrt der DIHK-Umfrage zufolge auf hohem Niveau. Es bleibe für die Unternehmen weiterhin schwierig, geeignetes Personal zu finden. Das Problem von Handelsbarrieren und der Bevorzugung einheimischer Unternehmen steigt laut Umfrage von 16 auf 23 Prozent.

 

 

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