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First Lady mit Kopftuch

29. August 2007

Darf eine türkische First Lady das islamische Kopftuch tragen? Hayrünnisa Gül, die nun an der Seite von Abdullah Gül in den Präsidentenpalast im Ankaraner Stadtteil Cankaya einzieht, spaltet die Nation.

Gül und seine Frau Hayrünnisa (Quelle: AP)
Gül und seine Frau HayrünnisaBild: AP

Hayrünnisa Gül, die Frau des frisch gewählten Präsidenten Abdullah Gül, will sich nicht von den bunten Seidentüchern trennen, die ihren Kopf in der Öffentlichkeit stets bedecken.

Für die säkularen und laizistischen Kräfte der Türkei ist eine First Lady mit Kopftuch eine Schreckensvorstellung. Das Satiremagazin "Leman'" porträtierte Frau Gül unlängst als lächelndes Playmate-Bunny mit weißen Hasenohren über dem Kopftuch. Eine Frauenorganisation forderte Frau Gül auf, eine Perücke über ihr Kopftuch zu ziehen. Doch Hayrünnisa Gül dürfte selbstbewusst genug sein, die Kritik wegzustecken und ihren eigenen Stil zu finden. "Das Kopftuch verhüllt meinen Kopf, nicht mein Gehirn'" sagt sie.

Streitkräfte fühlen sich provoziert

"Das ist ihre persönliche Vorliebe", bemüht sich Abdullah Gül zu beschwichtigen. Schließlich gehe es nicht um seine Frau, sondern um den Präsidenten. Aber mit einem Amtsantritt Güls wird die Kopftuchdebatte erst richtig losgehen. Schon am Donnerstag (30.8.) steht die Probe aufs Exempel bevor: Der neu gewählte Präsident wird zu einer wichtigen Militärzeremonie erwartet, bei der Kopftücher nicht erlaubt sind. Die Streitkräfte, die sich als Verteidiger des laizistischen Erbe Atatürks sehen, haben bereits klar gemacht, dass sie auch für den Präsidenten keine Ausnahme machen wollen.

Dass Frau Gül ihr Kopftuch ablegen wird, gilt als ausgeschlossen, obwohl das Tragen eines Kopftuchs in Behörden und Schulen strikt verboten ist. Und der scheidende Staatspräsident Ahmet Necdet Sezer hatte Kopftücher ganz aus seinem Amtssitz verbannt, weshalb Hayrünnisa Gül ihr künftiges Heim in den vergangenen Jahren noch nicht einmal bei Staatsempfängen oder anderen offiziellen Terminen betreten konnte.

Posen mit Kopftuch in Davos

Hayrünnisa Gül trägt die "Hijab" als religiöses Zeichen schon seit Kindeszeiten. Heute ist es für die 42-Jährige eine Frage der Entscheidungsfreiheit. Als ihr 1998 wegen ihrer Kopfbedeckung die Einschreibung an der Universität Ankara verwehrt wurde, klagte sie beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen das Kopftuchverbot. Sie zog die Klage allerdings kurz darauf zurück mit der Begründung, dass sie nicht den Staat verklagen wolle, dessen Außenminister ihr Ehemann sei. "Aber ich glaube nach wie vor an die Richtigkeit meines Anliegens", sagte sie damals.

Schlagzeilen machte Frau Gül wegen ihres Kopftuchs vor vier Jahren, als sie zusammen mit Erdogans Gattin Emine, die wie sie Kopftuch trägt, im noblen Schweizer Konferenzort Davos für die Fotografen posierte. Der Auftritt der beiden modernen Frauen mit ihren pelzgefütterten Mänteln, modischen Sonnenbrillen und seidenen Kopftüchern war ein Novum: Bis dahin waren Kopftuchträgerinnen immer nur als graue Mäuschen aufgetreten - Hayrünnisa Gül und Emine Erdogan standen dagegen für ein neues Selbstbewusstsein der fromm-konservativen Gesellschaftsschicht in der Türkei.

Neues Outfit im Präsidentenpalast?

Ihren Mann lernte Hayrünnisa Gül 1979 als 14-Jährige bei einer Hochzeitsfeier in Kayseri kennen. Abdullah Gül war damals doppelt so alt wie sie. Sie brach ihre Schulausbildung ab und ging mit ihrem Mann für acht Jahre nach Saudi-Arabien, wo Abdullah Gül bei der Islamischen Entwicklungsbank arbeitete. Das Paar hat drei Kinder. Als die Güls 1991 in die Türkei zurückkehrten, versuchte sie Zeitungsberichten zufolge, ihren Mann vom Einstieg in die Politik abzuhalten.

Vergeblich. Abdullah Gül errang im selben Jahr sein erstes Parlamentsmandat. Fünf Jahre später war er Regierungssprecher, zehn Jahre später gründete Gül zusammen mit Recep Tayyip Erdogan die Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP). Im Jahr 2002 wurde er für einige Monate Ministerpräsident, dann Außenminister. Jetzt ist er Präsident.

Nun fragt sich das ganze Land, auf welche Weise Hayrünnisa Gül ihr Selbstbewusstsein im Präsidentenpalast zum Ausdruck bringen wird. Presseberichten zufolge hat sie den in Wien lebenden Modemacher Atil Kutoglu gebeten, ihr ein angemessenes Outfit mit einem "modernisierten" Kopftuch zu schneidern. (stl)

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