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Gesellschaft

Aus für ukrainischen Oligarchen in Deutschland

17. September 2018

In der Ukraine steht Oleksandr Onyschtschenko auf der Fahndungsliste. Im deutschen Emsland schien der Oligarch Zuflucht zu finden. Er versprach dafür Investitionen und große Reitsportturniere. Doch der Plan platzte.

Frankreich Caen, Oleksandr Onyschtschenko
Der ukrainische Parlamentsabgeordnete und Multimillionär Onyschtschenko hat Millionen Euro für Reitsport ausgegebenBild: picture-alliance/dpa/R. Vennenbernd

Herzlake ist ein beschaulicher Ort. Eine Kirche, eine Museumseisenbahn - viel gibt es dort nicht zu besichtigen. Der wahre Schatz des Emslandes sind die Pferde. Auf Deutschlands besten Gestüten werden Top-Pferde für die Weltelite des Reitsports gezüchtet, auch in Herzlake. Das Gut Einhaus am Ortsrand gehört seit einigen Jahren dem ukrainischen Multimillionär und Parlamentsabgeordneten Oleksandr Onyschtschenko. Mehrere Millionen Euro ließ sich der Ukrainer das Gut mitsamt seinen Pferden kosten.

Pferde sind der wahre Schatz des Emslandes im Nordwesten DeutschlandsBild: DW/E. Theise

"Ein mondänes Reitergestüt", schwärmte Herzlakes Bürgermeister Hans Bösken. Im Herbst 2017 sprach die DW mit ihm über den wohl bekanntesten Bürger der Gemeinde. Kurz zuvor war bekannt geworden, dass Onyschtschenko nach langer Abwesenheit wieder in Herzlake auftauchte und dort einen Wohnsitz anmeldete. Auch ließ er sich als Geschäftsführer seiner Firma Gut Einhaus Liegenschafts GmbH eintragen, die das Gut verwaltet. Das zeigen der DW vorliegende Dokumente im Handelsregister.

Ein Neuanfang in Herzlake?  

Dabei ist der Ukrainer seit 2016 auf der Flucht vor der ukrainischen Justiz. Er hält sich seitdem vor allem in Spanien auf. In seinem Heimatland wird er weiter der Korruption und illegalen Bereicherung beschuldigt. Gegenüber Medien beteuert der Oligarch stets seine Unschuld. Er sieht sich als Opfer einer angeblichen Justizwillkür in der Ukraine, wo er politisch "in Ungnade gefallen" sei. Doch dass es im ukrainischen Gasgeschäft nicht immer mit rechten Dingen zugeht, daraus macht Onyschtschenko keinen Hehl. In seinem Buch, das im Januar 2018 in Deutschland erschien, spricht der Oligarch offen über die allgegenwärtige Korruption in Kiew - auch darüber, wie er selbst mit großen Summen Bargeld Abstimmungen im Parlament kaufte.

Oleksandr Onyschtschenko hat versprochen, internationale Reitturniere auf seinem Landgut in Herzlake zu organisierenBild: DW/E. Theise

Die schmutzigen Geschäfte und skrupellose Politik in der Ukraine, all das schien hier in Herzlake weit weg. In dem kleinen Ort, eine Autostunde von der nächsten Großstadt entfernt, präsentierte sich Onyschtschenko als Hoffnungsträger, der einen Neuanfang wagen will. Der Bürgermeister berichtete im Gespräch mit der DW, wie ihn der Ukrainer im Frühjahr 2017 auf seinem Landgut empfangen und versprochen hatte, dort internationale Reitturniere zu veranstalten. Im Gegenzug hat der Bürgermeister einen Brief an die Behörden geschrieben, in dem er sich für Onyschtschenko einsetzt. Der Bürgermeister zögerte nach eigenen Worten nicht lange. "Wenn es in den Zeitungen, den Radiosendern und im Fernsehen zu sehen und zu hören ist, dass in der Gemeinde Herzlake, die bundesweit - sagen wir mal so - nicht jeder kennt, so ein hochwertiges Reiterturnier stattfindet, wie es Herr Onyschtschenko plant, ist es eine enorme Aufwertung der Gemeinde", erklärte Hans Bösken.

Kein Interesse an der Vergangenheit des Mäzens

Nicht nur der Bürgermeister war anscheinend von den Plänen des Ukrainers angetan. Probleme Onyschtschenkos mit dem Gesetz in der Ukraine und Fragen zur Herkunft seines Vermögens waren offenbar kein großes Thema in der Gemeinde. "Es ist nicht unsere Aufgabe, den Hintergrund eines Menschen zu durchleuchten", wird Böskens Kollegin und Ratsmitglied Silke Feldmann von der Neuen Osnabrücker Zeitung zitiert. Dafür aber versprach man sich in Herzlake bis zu 20.000 Besucher pro Reitturnier. "Ein enormer Werbeeffekt" für den Ort, schwärmte Bösken.

Die wirtschaftliche Bedeutung Onyschtschenkos für die Gemeinde schilderte Herzlakes Bürgermeister dann auch in seinem Schreiben an die Kreisverwaltung. Im DW-Interview sprach der Bürgermeister sogar von einer geplanten Einbürgerung Onyschtschenkos. Später dementierten er und Onyschtschenko das vehement. Der Ukrainer zog dafür sogar gegen die DW vor Gericht. Das Verfahren endete in einem Vergleich.

Die Kreisverwaltung teilte auf Anfrage mit, es gebe einen Antrag auf einen Aufenthaltstitel, ergänzt von einem Schreiben der Gemeinde Herzlake, in dem "auf die hohe wirtschaftliche Bedeutung der Pferdezucht und die positiven Effekte der Durchführung hochklassiger Reitsportveranstaltungen auf dem Gut Einhaus" verwiesen werde, so die Sprecherin des Kreises gegenüber der DW.

Kein Visum für Onyschtschenko

Bürgermeister Bösken zeigte sich im Herbst 2017 im Gespräch mit der DW noch sicher, dass sein Brief zugunsten Onyschtschenkos Früchte tragen werde. "Ich habe schon ein paar Mal nachgefragt - es ist auf einem sehr gutem Weg", sagte Bösken damals der DW. Doch dann, wenige Wochen später, der Schock: Onyschtschenkos Antrag für ein nationales Visum in Deutschland wurde bei der deutschen Botschaft in Madrid abgelehnt. Das bestätigte eine Sprecherin des Kreises Emsland auf DW-Anfrage. Der Kreis wäre für den Aufenthaltstitel und die Arbeitserlaubnis zuständig gewesen, wenn ein Visum erteilt worden wäre. "Für die Aufnahme der geplanten Tätigkeit auf dem Gestüt in Herzlake wäre es erforderlich gewesen, dass ein nationales Visum bei einer deutschen Auslandsvertretung bewilligt wird", so die Kreisverwaltung. Zu den Gründen für die Ablehnung gab es keinen Kommentar von deutschen Behörden.

Aus der Traum: kein Visum, keine Turniere

Nun steht nicht nur Onyschtschenko vor einem Scherbenhaufen, sondern auch seine Unterstützer in Herzlake. Zumal jetzt noch bekannt wurde: Auch aus den Träumen von Weltklasseturnieren wird nichts. Zwei hochkarätige Reitturniere waren bei der Deutschen Reiterlichen Vereinigung auf dem Gut Einhaus für 2018 angemeldet worden: ein 4-Sterne-Turnier im Mai, ein weiteres im August. Wie die DW nun von der Vereinigung erfuhr, wurden beide Turniere ohne Angabe von Gründen abgesagt. Die Anfragen der Deutschen Welle an die Gut Einhaus Liegenschafts GmbH von Onyschtschenko und an Bürgermeister Hans Bösken dazu blieben unbeantwortet.

Derweil wird es immer enger für Oleksandr Onyschtschenko: Ein Gericht in Spanien gab inzwischen grünes Licht für seine Auslieferung an die Ukraine. Der letzte Strohhalm für den Oligarchen ist nun wohl ein Asylantrag in Spanien, über den noch entschieden werden muss. Aus dem Reitsportmäzen würde ein Flüchtling.

Ukraine: Erfolgloser Kampf gegen Korruption

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