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Politik

Flüchtlinge im Winterschlussverkauf

Friedel Taube Mitarbeit: Lisa Hänel
22. November 2018

Mit großflächigen Plakaten und finanziellen Anreizen will die Bundesregierung Flüchtlingen eine zügige Rückkehr in ihre Heimatländer schmackhaft machen. Doch die Aktion wird immer mehr zum PR-Desaster.

Plakatkampagne "Dein Land - Deine Zukunft. Jetzt!".
Bild: DW/V. Esipov

Es ist eine eher ungewöhnliche "Werbung", an der man derzeit am U-Bahnhof Rosenthaler Platz in Berlin vorbeifährt. Zwischen Reklame für Lieferdienste und Smartphones wirbt da das Bundesinnenministerium (BMI) in großen Lettern: "Dein Land. Deine Zukunft. Jetzt!". Und das in sieben Sprachen - Deutsch, Englisch, Französisch, Arabisch, Russisch, Paschtu und Farsi. Und zwar nicht nur in diesem einen U-Bahnhof, sondern in vielen Städten deutschlandweit. Das Ministerium will allerdings nichts verkaufen, sondern sogar Geld unter die Leute bringen.

Die Plakate sollen Flüchtlinge dazu animieren, freiwillig in ihr Land zurückzukehren. Vorzugsweise möglichst schnell, nämlich noch bis Ende dieses Jahres. Dafür bekommen die Rückkehrer bis zu 1200 Euro zusätzlich als unterstützendes Wohngeld - oder auch für andere Ausgaben im Heimatland. Die genaue Höhe hängt unter anderem vom Aufenthaltsstatus ab. Eine vierköpfige Familie kann auf bis zu 3000 Euro kommen.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will, dass mehr Flüchtlinge freiwillig in ihr Heimatland zurückkehrenBild: Reuters/M. Dalder

"StartHilfe Plus" nennt sich das Programm, das auf die bereits seit den 90er Jahren bestehenden Rückkehrer-Programme REAG (Reintegration and Emigration Programme for Asylum Seekers in Germany und GARP (Government Assisted Repatriation Programme) aufbaut. Die Rückkehr in bestimmte Bürgerkriegsländer wie Syrien, Libyen oder den Jemen wird nicht gefördert.

Heftige Kritik

Die Kritik an den ungewöhnlichen Plakaten ist allerdings hefig. "Die jüngste Kampagne des Bundesinnenministeriums hat den Charakter einer Winterschlussverkauf-Aktion und ist zynisch", so Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag. "Sie verfolgt offensichtlich das Ziel, eigene Versäumnisse zu kaschieren und noch kurz vor Jahresende die bislang sehr niedrigen Zahlen von Menschen, die bisher ausgereist sind, aufzupolieren."

Auch in sozialen Medien erntet das BMI scharfe Kritik für die Aktion. Bei Twitter greifen User das Innenministerium unter dem Hashtag #FreiwilligeRückkehr scharf an. Inzwischen hat die Behörde damit begonnen, öffentliche Antworten auf einige Tweets zu verfassen. 

Konkret waren es bislang in der Tat gerade einmal rund 300 Personen, die "Starthilfe Plus" in Anspruch genommen haben. Die Gesamtzahl der freiwilligen Rückkehrer lag Ende Oktober immerhin bei über 14.000. Am Jahresende dürften es aber weit weniger sein als 2017, als rund 29.000 Personen Rückkehr-Programme in Anspruch nahmen. Man darf vermuten, dass dies ein Grund für die Plakataktion ist, die sich das BMI laut Angaben gegenüber der DW rund 500.000 Euro kosten lässt.

"Ich fühle mich gekauft"

Doch was sagen dazu eigentlich die, an die es sich richtet? Fattah aus Afghanistan - der nur seinen Vornamen nennen will, weil er Angst hat, Ärger mit der Ausländerbehörde zu bekommen - macht im Gespräch mit der DW klar, dass er von der Aktion nicht viel hält. Für ihn fühle sich die Aktion so an, als sei er nie richtig angekommen in Deutschland - und dass man ihn wieder loswerden wolle. "Ich fühle mich wie gekauft", klagt er. Fattah lebt seit 2016 in Potsdam. In seiner Heimat war er stellvertretender Leiter einer Firma, hier in Deutschland kann er aber nicht mehr in seinem Beruf arbeiten. Bislang verdient er sein Geld als Aushilfe in einem Warenlager. Die Plakatkampagne macht ihn wütend: "Ich bin nicht wegen des Geldes nach Deutschland gekommen. In Afghanistan hatte ich einen guten Job und genug Geld. Ich musste Afghanistan verlassen, weil es nicht mehr sicher war."

Er kann sich eine Rückkehr zum jetzigen Zeitpunkt allerdings ohnehin nicht vorstellen, denn schon bald erwartet er mit seiner deutschen Partnerin zusammen ein Kind und will heiraten. Seine Motivation, für 1200 Euro das Land zu verlassen, dürfte deshalb verständlicherweise gering sein.

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