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Politik

Flüchtlinge in Libyen: verkauft für 200 US-Dollar

Siham Ouchtou phi
21. April 2017

Immer wieder berichten Hilfsorganisationen von Folter und Sklaverei in Libyen. Der Fotograf Narciso Contreras hat ihr Leid mit eigenen Augen gesehen.

Sklavenhandel mit Migranten in Libyen
Bild: Narciso Contreras, courtesy by Fondation Carmignac

Sklaverei, Vergewaltigung, Folter. Immer wieder dringen Geschichten vom Leid afrikanischer Flüchtlinge aus Libyen an die Öffentlichkeit. Doch es gibt kaum Journalisten, die aus dem Land berichten, das seit Jahren in Krieg und Chaos versinkt. Als einer der ersten hat der mexikanische Fotograf Narciso Contreras das Leben afrikanischer Migranten in Libyen dokumentiert. Für seine Bilder über Sklaverei dort hat ihn die Carmignac-Stiftung ausgezeichnet.

Im Gespräch mit der DW bestätigt Contreras, dass Flüchtlinge in Libyen als Sklaven gehalten und mit Zwangsarbeit ausgebeutet werden. Er sagt, dass die libyschen Behörden - eigentlich auch für die Sicherheit von Migranten zuständig - oft selbst in den Sklavenhandel verwickelt seien. Er selbst habe zwei versklavte Flüchtlinge getroffen, die von libyschen Beamten zur Arbeit gezwungen wurden. Einer dieser Sklavenhalter sei der Direktor eines Flüchtlingszentrums in Sorman gewesen, etwa 60 Kilometer westlich der libyschen Hauptstadt Tripolis.

"Drehkreuz des Menschenhandels"

"Es ist wichtig, festzustellen, dass Libyen ein Drehkreuz des Menschenhandels geworden ist", sagt Contreras. Viele der Milizen, die im Bürgerkrieg kämpfen, seien auch als Menschenschmuggler zwischen Afrika und Europa als Sklavenhändler aktiv. Viele Migranten auf dem Weg nach Europa machen in Libyen Halt – oft kommen sie monate- oder gar jahrelang nicht weiter.

Eingepfercht und ausgebeutet: Flüchtlinge in LibyenBild: Narciso Contreras, courtesy by Fondation Carmignac

Internationale Hilfsorganisationen haben immer wieder auf das Leid dieser Flüchtlinge hingewiesen, die in Lagern in Libyen gestrandet sind. In einem Bericht der Internationalen Organisation für Migration (IOM) kommen Zeugen zu Wort, die von Sklavenmärkten erzählen, auf denen Flüchtlinge verkauft werden. Sie berichten von Geiselnahmen, Zwangsarbeit und sexueller Ausbeutung. Laut IOM gibt es in Libyen Sklavenmärkte, auf denen Menschen "für 200 bis 500 US-Dollar verkauft werden". Viele werden danach nicht nur zur Arbeit gezwungen, sondern auch sexuell ausgebeutet.

Als Geisel gehalten und ausgehungert

"Das ist das Ergebnis des anhaltenden Chaos' im Land", sagt Rachid Khechana, Direktor für Libyen-Studien am Maghreb-Forschungszentrum in Tunis. Es fehle eine Zentralregierung, die die Macht hat, solche Verbrechen zu verhindern. Menschenhändler müssten nicht damit rechnen, verfolgt und belangt zu werden.

Libyen-Experte Rachid KhechanaBild: privat

"Oft sind Stammesmitglieder aus dem Süden Libyens an der Versklavung von Migranten beteiligt", sagt Khechana. Die Flüchtlinge würden festgehalten, ihrer Wertsachen beraubt und mit nur einer täglichen Mahlzeit dem Hungertod nahegebracht. "Sie werden von ihren Wächtern misshandelt, geschlagen, beschimpft und sexuell missbraucht." Die Glücklicheren kämen gegen ein Lösegeld ihrer Familien frei. "Schafft die Familie es nicht, dieses zu überweisen, dann droht der Verkauf auf dem Sklavenmarkt oder gar der Tod", so Khechana.

Könnten Sanktionen helfen?

Laut der EU-Grenzschutzagentur Frontex wollten allein im ersten Quartal 2017 24.000 Flüchtlinge über Libyen als Transitland nach Europa gelangen. Auch die EU sieht sich angesichts der oft katastrophalen Zustände in den Lagern zunehmend unter Handlungsdruck. 90 Millionen Euro will sie für besseren Schutz von Migranten und die Steuerung der Migrationsströme in Libyen ausgeben. Dazu soll auch die Rückführung von 15.000 Flüchtlingen aus Libyen in ihre Heimatländer gehören.

Khechana schlägt vor, dass die EU zudem eine härtere Gangart gegenüber den rivalisierenden libyschen Regierungen einschlagen. "Diese Regierungen haben die Macht, die Milizen zu kontrollieren, die Migranten ausbeuten und misshandeln. Sie könnten dieses Phänomen also stoppen." Wenn sie das nicht täten, so Khechana, dann müsse die EU Sanktionen verhängen.

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