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"Europa vor einer Generationenaufgabe"

23. August 2015

Die Flüchtlingskrise ist auch eine Krise des europäischen Asylsystems. In Berlin wächst die Ungeduld, doch Brüssel ringt noch um den richtigen Kurs. Das dauert selbst dem Kommissionschef zu lange.

Mazedonien Flüchtlingsansturm in Gevgelija
Bild: DW/N. Rujevic

"Wir brauchen einen starken europäischen Ansatz. Und zwar jetzt", sagt der Präsident der EU-Kommission, Jean-Claude Juncker. Kein EU-Mitgliedstaat könne Migration allein regeln. Europa habe die höchsten Asyl-Standards der Welt. "Das ist in unseren Gesetzen und Verträgen festgeschrieben. Ich mache mir allerdings Sorgen, dass das immer weniger in unseren Herzen verankert ist!" Hasstiraden und unbesonnene Äußerungen brächten die Reisefreiheit im Schengen-Raum in Gefahr, klagte Juncker in der "Welt am Sonntag".

Der Kommissionschef drängt: Jean Claude JunckerBild: Imago

Vizekanzler Sigmar Gabriel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier legen in Sachen einheitliche Asylpolitik in der EU schon mal vor. Europa stehe vor einer "Generationenaufgabe", doch die "bisherige Reaktion entspricht nicht dem Anspruch, den Europa an sich selbst haben muss", schreiben die beiden Sozialdemokraten in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

"Aufnahmequoten für alle Mitglieder"

Nötig sei eine faire Verteilung von Flüchtlingen. "Eine Lage, in der - wie heute - nur einige wenige Mitgliedsstaaten die ganze Verantwortung tragen, ist genauso wenig tragbar wie ein System, das Lasten einseitig auf die Länder verteilt, die zufällig die Außengrenze der EU bilden." Gabriel und Steinmeier formulieren einen Zehn-Punkte-Plan für den Umgang mit der Flüchtlingskrise. So brauche es verbindliche und objektiv nachvollziehbare Kriterien für die Aufnahmequoten aller Mitgliedstaaten entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit.

Weisen einen Weg: Vizekanzler und SPD-Chef Gabriel (vorne) sowie Außenminister SteinmeierBild: picture-alliance/dpa

Tatsächlich ist die Lastenteilung in der Flüchtlingskrise unter den 28 Mitgliedstaaten umstritten. So gelang es ihnen bisher nicht, sich auf freiwilliger Basis auf die Verteilung von 60.000 Flüchtlingen in den kommenden zwei Jahren zu verständigen. Schon seit längerem ist für Mitte November ein Sondertreffen der EU-Staats- und Regierungschefs zu Migrationsfragen geplant.

"Sind nicht untätig"

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller hatte sich am Samstag heftig über die "unerträgliche Zögerlichkeit der EU" beklagt. Er verlangte von Brüssel erneut ein Sofortprogramm über zehn Milliarden Euro, um unter anderem Notaufnahmezentren in EU-Staaten mit EU-Außengrenzen einzurichten. Die EU-Kommission wies den Vorwurf der Untätigkeit zurück. Müllers Vorschlag sei schon vor einigen Wochen in Brüssel diskutiert worden. Es gebe technische und rechtliche Fragen, Details lägen bislang nicht vor. Die EU und ihre Mitgliedstaaten hätten bereits rund 3,7 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, um den Opfer des Bürgerkriegs in Syrien zu helfen.

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller: "Unerträgliche Zögerlichkeit der EU"Bild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

Die Behörde habe schon im Mai eine Migrationsagenda vorlegt, sagte eine Kommissionssprecherin der Deutschen-Presse Agentur. "Wir können nur Erfolg haben, wenn wir miteinander arbeiten, nicht gegeneinander." Kommissionsvizechef Frans Timmermans und der für Flüchtlinge verantwortliche Kommissar Dimitris Avramopoulos werden in einer Woche nach Calais reisen, wo Flüchtlinge immer wieder versuchen, in den nach Großbritannien führenden Kanaltunnel einzudringen.

Aus Sicht der Bundesregierung ist es Aufgabe der EU-Kommission, für einheitliche Standards im Umgang mit Flüchtlingen zu sorgen. "Wir haben in Deutschland vernünftige, humanitäre Standards von Unterbringung, medizinischer Betreuung, Taschengeld und anderem. Viele andere EU-Länder haben zu geringe Standards. Menschenwürdige Unterkünfte müssen in allen EU-Ländern zur Verfügung stehen, nicht nur in Deutschland", sagte Entwicklungsminister Müller. Auch in dem Positionspapier von Gabriel und Steinmeier werden europaweite menschenwürdige Zustände bei der Aufnahme von Flüchtlingen gefordert. Flüchtlinge, die in einem Mitgliedsland Asyl erhalten hätten, müssten ihren Status in der gesamten EU behalten. Menschen ohne Asylanspruch müssten hingegen in ihre Heimat zurückkehren.

rb/hf (afp, dpa, kna, rtr)

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