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Politik

Flüchtlingsabkommen: Drohungen werden ernster

16. März 2017

Die Türkei hat das Flüchtlingsabkommen mit der EU teilweise ausgesetzt. Derzeit würden keine Flüchtlinge von den griechischen Inseln zurückgenommen, so Außenminister Mevlüt Cavusoglu.

Türkei Mevlut Cavusoglu in Canakkale
Bild: picture-alliance/abaca/C. Ozdel

Ist es ein Ende auf Raten? Die Drohungen aus der Türkei, das Flüchtlingsabkommen mit der EU zu kündigen, werden offenbar ernster. Ein zentraler Punkt der vor einem Jahr geschlossenen Vereinbarung ist nach türkischen Angaben zurzeit nicht mehr in Kraft: die Rücknahme von Flüchtlingen. Das verkündete der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu in einem Interview des Fernsehsenders "24 TV" an.

Zugleich drohte er mit dem vollständigen Ende des Flüchtlingspakts. Seine Regierung könne das Abkommen jederzeit einseitig kündigen. "Von jetzt an können wir sagen: 'Wir setzen es nicht mehr um und es ist vorbei'." Man habe die EU-Seite noch nicht informiert, aber das habe man in der Hand. Cavusoglu warf der EU vor, die in Aussicht gestellte Visa-Freiheit für türkische Bürger nicht umzusetzen. "Visa-Freiheit ist ein Muss", sagte der Außenminister.

Keine Fortschritte

Das im März 2016 zwischen EU und Türkei vereinbarte Flüchtlingsabkommen sieht vor, dass die Regierung in Ankara alle auf den griechischen Inseln eintreffenden Flüchtlinge zurücknimmt. Für jeden so abgeschobenen Syrer soll die EU einen anderen Syrer, der in die Türkei geflohen ist, aufnehmen. Außerdem sagte die EU Milliarden-Zahlungen für die Versorgung der syrischen Flüchtlinge in der Türkei zu.

Flüchtlingslager Moria auf Lesbos: Rücknahmeabkommen nicht mehr in KraftBild: DW/U. von Schwerin

Der Regierung wurde auch in Aussicht gestellt, den Türken rascher Visa-Freiheit zu gewähren, doch gibt es in dieser Frage seit Monaten keine Fortschritte. Denn dazu müssen von der türkischen Seite bestimmte Kriterien erfüllt werden. Unter anderem fordert die EU die Reform der Terrorgesetze in der Türkei, was die Regierung in Ankara jedoch ablehnt.

Das Abkommen enthält auch eine Klausel, in der sich die Türkei verpflichtet, das Entstehen "neuer Migrationsrouten" über See oder Land zu unterbinden. Die Flüchtlingsbewegung über die Türkei Richtung Westeuropa kam seit der Umsetzung des Abkommens weitgehend zum Erliegen.

"Der Geist des Faschismus"

Die Beziehungen zwischen der Türkei und der EU sind äußerst angespannt. Auf die Absage von Wahlkampfauftritten türkischer Politiker in Deutschland und den Niederlanden reagierte Präsident Recep Tayyip Erdogan mit wüsten Beschimpfungen. Er warf den Regierungen in Berlin und Den Haag unter anderem "Nazi-Methoden" vor.

Und er legte am Mittwoch noch einmal nach: "Der Geist des Faschismus wütet auf den Straßen Europas." Die Behandlung von Nicht-Europäern in der EU verglich Erdogan mit dem Schicksal der Juden während des Zweiten Weltkriegs. Im Hinblick auf das Erstarken rechter Parteien auf dem Kontinent sagte der türkische Präsident, Europa drohe "in seinen eigenen Ängsten zu ertrinken". Türkenhass und Islamophobie würden steigen und die Europäer hätten sogar Angst vor Menschen, die bei ihnen Schutz suchten.

AR/hk (AFP/dpa/RTR)