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Politik

Flüchtlingshelfer: Merkel soll Lager evakuieren

Fabian von der Mark
1. Oktober 2019

Von einer "Horrorsituation" für Kinder sprechen Flüchtlingsorganisationen. Deutschland und andere EU-Staaten müssten in Griechenland schnell handeln.

Lesbos Flüchtlingslager Moria Kinder
Bild: AFP/A. Messinis

Bei einem Gipfeltreffen im Kanzleramt haben mehrere Organisationen die Bundesregierung aufgefordert, Flüchtlinge aus Griechenland aufzunehmen. Günter Burkhardt von Pro Asyl sagte der DW vor dem Treffen: "Die reichen nordeuropäischen Staaten müssen jetzt in Griechenland evakuieren." Vor allem die Bitte, minderjährige Flüchtlinge aus den Lagern "herauszuholen" hat Burkhardt im Kanzleramt vortragen. Die Reaktion der Bundesregierung ist offen - der Flüchtlingsgipfel war nicht öffentlich. 

Nach Erkenntnissen von Pro Asyl und anderen Hilfsorganisationen leben aktuell mindestens 4100 geflüchtete Kinder ohne Begleitung in Griechenland und die Zahl steige an. Ulrike Schwarz vom Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (BumF), die auch beim Flüchtlingsgipfel war, fordert, dass Deutschland die Minderjährigen aus der "Horrorsituation" herausholt, die allem widerspreche "was Kindern und Jugendlichen passieren darf."

Unterversorgung, Ausbeutung, Missbrauch

Für die über 4000 Minderjährigen gibt es in Griechenland laut BumF nur etwa 1000 geeignete Plätze. Die übrigen Kinder und Jugendlichen würden "unter katastrophalen Bedingungen" auf der Straße, in Gefängnissen oder in sogenannten Hotspots auf den griechischen Inseln leben, berichten BumF und andere Organisationen. Die jungen Flüchtlinge seien "hoch gefährdet", Opfer von Ausbeutung und sexueller Gewalt zu werden. Ulrike Schwarz fordert im Gespräch mit der DW Evakuierungen nach Deutschland - etwa im Rahmen des Familiennachzugs.

Horst Seehofer und Angela Merkel beim Flüchtlingsgipfel in BerlinBild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Günter Burkhardt von Pro Asyl bestätigt, dass die Angehörigen der minderjährigen Flüchtlinge häufig in Deutschland leben. Deutschland habe aber in den ersten fünf Monaten des Jahres dreiviertel aller Familienzusammenführungen abgelehnt. Flüchtlinge die nach Deutschland "wollen, können, dürfen" säßen auf Inseln fest und hätten teilweise "keinen Zugang zu einem Rechtsstaat". Burkhardt, der letzte Woche das Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos besucht hat, spricht von "nackter Verzweiflung".

Deutschland setzt auf EU-Türkei Abkommen

Auch die Bundesregierung hat sich zuletzt besorgt über die Lage in Griechenland gezeigt, wo in den vergangenen Monaten wieder mehr Flüchtlinge aus der Türkei angekommen sind. Deutschland setzt aber auf Rückführungen in die Türkei, wie es das EU-Türkei-Abkommen vorsieht. Mitte der Woche reist Bundesinnenminister Horst Seehofer nach Griechenland und in die Türkei, um auf die Einhaltung des Abkommens zu dringen. 

Migrationsforscher Gerald Knaus sagte der DW, auf den griechischen Inseln müsse schneller entschieden werden, ob Flüchtlinge aufs EU-Festland oder zurück in die Türkei gebracht würden. Wenn Menschen monatelang in überfüllten Lagern wie Moria lebten, seien weitere Tragödien wie zuletzt "vorhersehbar" und auch das EU-Türkei-Abkommen sei in Gefahr.

Günter Burkhardt ist dagegen, Flüchtlinge von den griechischen Inseln "im Hauruckverfahren" in die Türkei zu bringen - zumal viele dort keinen Schutz bekommen würden. Auf Lesbos und anderen Inseln der Ägäis harren zurzeit rund 30.000 Menschen aus. Burkhardt findet es gut, dass sich die Bundeskanzlerin die "Anliegen der Zivilgesellschaft" angehört hat. Jetzt brauche es den "politischen Willen", vor allem die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge schnell in Deutschland aufzunehmen - die deutsche Gesellschaft sei dazu bereit, glaubt Burkhardt.

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