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Politik

Flaggen-Verbrennung: strafbar oder nicht?

Leonie von Hammerstein
11. Dezember 2017

Demonstranten haben am Wochenende in Berlin als Reaktion auf Trumps Jerusalem-Entscheidung israelische Flaggen verbrannt. Die Bundeskanzlerin droht mit dem Rechtsstaat. Doch was kann der eigentlich tun?

Symbolbild brennende Israel-Fahne
Bild: picture alliance/AP Photo/P. Karadjias

Auf Demonstrationen gelten besondere Regeln. So darf man sich nicht vermummen oder verkleiden, um seine Identität zu verschleiern. Gewalt oder Gewaltandrohung auf einer Demonstration fällt meist unter den Tatbestand des Landfriedensbruchs. Aber auch - und vielleicht gerade - hier gilt die Meinungsfreiheit. 

Über die Grenzen der Meinungsfreiheit ist einmal mehr eine Debatte entbrannt, nachdem am Wochenende Demonstranten in Berlin israelische Flaggen verbrannt hatten - aus Protest gegen die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen. Die Aktionen am Freitagabend vor der US-Botschaft und am Sonntag bei einem Protestzug mit rund 2500 Teilnehmern von Neukölln nach Kreuzberg wurden von vielen Seiten scharf verurteilt.

Regierungssprecher Steffen Seibert machte am Montag deutlich, dass die Meinungs- und Demonstrationsfreiheit "kein Freibrief für antisemitische Entgleisungen, für Hetze und für Gewalt" sei. Und auch Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte: "Wir wenden uns gegen alle Formen von Antisemitismus und Fremdenhass. Der Staat muss mit allen Mitteln des Rechtsstaats dagegen einschreiten." Aber welche Mittel stellt der Rechtsstaat überhaupt zur Verfügung?

Strafrechtlich irrelevant

Strafrechtlich gegen die Verbrennung der israelischen Fahnen vorzugehen, ist kaum möglich. Paragraf 104 des Strafgesetzbuches sieht zwar eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren für den vor, der eine "auf Grund von Rechtsvorschriften oder nach anerkanntem Brauch öffentlich gezeigte Flagge eines ausländischen Staates" zerstört oder beschädigt. Allerdings bedeutet dies: Die Aktion ist nur dann strafbar, wenn die konkrete Flagge zum Beispiel an einem Botschaftsgebäude angebracht war. An diesem Wochenende handelte es sich jedoch um Fahnen, die von den Demonstranten selbst mitgebracht und teilweise sogar selbst gemalt worden waren. "Da liegt keine Straftat vor", sagte Thomas Neuendorf, ein Sprecher der Berliner Polizei, der Deutschen Welle.

Allerdings hat die Polizei die Möglichkeit, für eine Demonstration Auflagen zu erteilen. So kann sie etwa untersagen, dass Gegenstände wie Puppen oder Fahnen verbrannt werden. Der Verstoß dagegen kann als Ordnungswidrigkeit geahndet und mit einem Bußgeld belegt werden.

Genau das war bei der Demonstration am Sonntag in Berlin der Fall: Gegen die zehn Menschen, die während der Proteste festgenommen wurden, wird wegen der Flaggen-Verbrennung also nicht strafrechtlich ermittelt, sondern wegen einer Ordnungswidrigkeit.

Was fällt unter Volksverhetzung?

Außer mit der Verbrennung von Fahnen hatten die Demonstranten auch mit Rufen wie "Kindermörder Israel" und "Frauenmörder Israel" für Empörung gesorgt. Der Berliner Bürgermeister Michael Müller hatte daraufhin angekündigt, die Polizei werde "klar jede Straftat verfolgen und
Demonstrationen, von denen Straftaten ausgehen, auflösen".

Doch auch dieses Versprechen dürfte im Einklang mit dem Rechtsstaat schwer umzusetzen sein: Laut Neuendorf stellen die Rufe nämlich keine Volksverhetzung dar, wie sie der Paragraf 130 im Strafgesetzbuch verbietet. Sie sind "gedeckt vom Recht auf freie Meinungsäußerung", so der Polizei-Sprecher.

Volksverhetzung liegt nämlich nur dann vor, wenn zum Hass gegen eine bestimmte Gruppe aufgerufen wird, die Teil der deutschen Bevölkerung ist. Um solch einen Fall könnte es sich laut Neuendorf zum Beispiel handeln, wenn ein Jude, der eine Kippa trägt, wegen seiner Religion angegriffen und beschimpft wird. Wenn sich das Verbrennen der Flagge oder diffamierende Rufe jedoch nur gegen den Staat Israel richten und nicht gegen "die Juden" in Deutschland, dann ist auch dies von der Meinungsfreiheit gedeckt.

Dieser Galgen auf einer Pegida-Kundgebung 2015 in Dresden fällt laut Staatsanwaltschaft unter die KunstfreiheitBild: picture-alliance/AP Photo/M. Schreiber

Meinungsfreiheit weit gefasst

So klar ist die Grenze, an der die Meinungsfreiheit aufhört und die Aufforderung zu Gewalt oder öffentliche Gefährdung anfängt, nicht immer. 2015 landete ein Fall bei der Staatsanwaltschaft Dresden, in dem ein Mann auf einer Kundgebung der islam- und ausländerfeindlichen Pegida-Bewegung ein selbst fabriziertes Galgenmodellin die Höhe gehalten hatte. Der Aufschrift nach waren diese reserviert für "Angela 'Mutti' Merkel" und "Siegmar (sic) 'das Pack' Gabriel".

Die Staatsanwaltschaft stellte ihre Ermittlungen gegen den Mann jedoch ein. Ihre Entscheidung begründete sie damit, dass die Miniatur-Galgen weder eine "öffentliche Aufforderung zu Straftaten" noch eine "Störung des öffentlichen Friedens durch die Androhung von Straftaten" darstellen würden. Stattdessen fielen die Schilder unter die Kunstfreiheit.

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