Flaute in Branche
30. April 2012Trotz der Energiewende verspüren die Hersteller von Windkraftanlagen und deren Zulieferer keinen wirtschaftlichen Aufwind. Selbst nach der Kürzung der Fördermittel für die Solarenergie rechnet die Windkraftbranche nicht mit einer Belebung ihrer Geschäfte. Der Ausbau der erneuerbaren Energiequellen ist offenkundig ins Stocken geraten. Ein renommierter Zulieferer wie Siag Schaaf mit Stammsitz in Dernbach musste bereits die Insolvenz beantragen. Neben Verlusten in den USA brachten auch Verzögerungen bei Projektgeschäften das Unternehmen in Schwierigkeiten.
Dabei hatte sich die Branche von der so Kehrtwende in der deutschen Energiepolitik einiges versprochen. Daraus macht auch Ralf Wittor, Geschäftsführer der Eickhoff Antriebstechnik GmbH in Bochum, keinen Hehl. Klar erhoffte man sich von der Energiewende und speziell vom Atomausstieg einen großen Schub für die Windkraft. Aber einen deutlichen Schub für unser Geschäft haben wir bislang noch nicht verspürt."
Nur auf dem Papier gute Aussichten
Bei Eickhoff werden pro Jahr rund 400 Getriebe für Windkraftanlagen hergestellt. Damit erwirtschaftet das Unternehmen mit über 300 Mitarbeitern am Stammsitz Bochum und einem Zweitwerk bei Dresden einen Umsatz von über 100 Millionen Euro. Nach einem Einbruch im vergangenen Jahr zeigt sich Geschäftsführer Wittor mit der momentanen Lage wieder zufrieden. Aber das sei, fügt er im gleichen Atemzug hinzu, in der Branche eigentlich eine besondere Situation. Denn er weiß von Unternehmen, die auch Getriebe für Windkraftanlagen herstellen, dass es denen alles andere als gut geht.
Dabei sehen die Aussichten für die Branche nicht schlecht aus. Allerdings nur auf dem Papier. Bis 2030 nämlich sollen rund 10.000 Windräder in der deutschen Nord- und Ostsee Strom in der Größenordnung von 25 Gigawatt erzeugen. Bisher stehen dort aber nur 27 Anlagen mit einer Leistung von 135 Megawatt. Dass ein Großteil des deutschen Stroms künftig auf hoher See, oder zumindest in Küstennähe, durch Windkraftanlagen erzeugt werden muss, das steht auch für Ralf Wittor außer Frage. "Im Offshorebereich ist es ja so, dass wir alle die Hoffnung haben, dass irgendwann unser gesamter Strom aus dem Meer kommt. Dazu muss aber eine Industrie entstehen, die das erst einmal überhaupt aufbauen kann. Und die Dimensionen, in denen man bei Offshore denkt, sind natürlich deutlich größer als das, was an Land gilt."
Es fehlen Investoren
Dabei geht es um milliardenschwere Investitionen in eine Industrie, die in Küstennähe hochseetaugliche Fundamente und leistungsstarke Kabel für die Stromübertragung fertigt. Geeignete Standorte, sagt Wittor, gebe es ausreichend. Was fehle, das sei der Wille, "Windkraft als Energieerzeuger so zu akzeptieren, dass Finanziers einsteigen, die das nötige Geld dazu geben."
Das Bochumer Unternehmen liefert die Getriebe für Windkraftanlagen fast alle an deutsche Kunden. Doch Eickhoff-Geschäftsführer Wittor weiß auch, dass diese deutschen Kunden ihre Produktion zu mehr als 75 Prozent exportieren. Der deutsche Markt macht für sie also nur noch ein Viertel aus.
Düstere Aussichten
Exportiert wird vornehmlich ins europäische Ausland und in die USA. Aber gerade der Markt in den USA bereitet der deutschen Windkraftbranche aufgrund der Konkurrenz von Billiganbietern aus China große Sorgen. Schon im nächsten Jahr sei zu befürchten, dass der amerikanische Markt komplett einbrechen werde. Davor, stellt Ralf Wittor nüchtern fest, habe die Branche mächtigen Respekt. "Das macht auch die Aussichten für das nächste Jahr relativ düster."
In der internationalen Windkraftbranche weht ein scharfer Wind, der den exportorientierten deutschen Herstellern heftig ins Gesicht bläst. Ganz abgesehen davon bleibt die Zahl geeigneter Standorte für Windkraftanlagen in der Bundesrepublik begrenzt. Erschwerend kommt hinzu, dass der notwendige Ausbau von Trassen für Hochspannungsgleichstromleitungen von der Küste in die südlichen Bundesländer weiter ein ungelöstes Problem darstellt. Auf dem langen Weg der Energiewende droht daher so manchem Unternehmen die Puste auszugehen.