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Florian Lipowitz, die deutsche Entdeckung der Tour de France

27. Juli 2025

Bei der Frankreich-Rundfahrt ist der deutsche Radprofi Florian Lipowitz endgültig ins Rampenlicht gefahren. Der 24-Jährige holt sich mit Rang drei einen Podiumsplatz in Paris. Vor sechs Jahren war er noch ein Biathlet.

Florian Lipowitz feiert auf dem Podium, nachdem er bei der Tour de France den Preis für das weiße Trikot gewonnen hat
Florian Lipowitz feiert auf dem Podium, nachdem er bei der Tour de France 2025 den Preis für das weiße Trikot gewonnen hatBild: Sarah Meyssonnier/REUTERS

Manchmal können Verletzungen auch Positives bewirken. Nachdem sich Florian Lipowitz 2019 beim Kite-Surfen einen Kreuzbandriss zugezogen hatte, war Radfahren der einzige Sport, den er in der Reha betreiben konnte. "Ich habe recht schnell gesehen, dass auch auf dem Rad Talent da ist. Dass ich gerade an langen Bergen mit weit älteren, erfahrenen Fahrern mithalten kann", erinnerte sich Lipowitz später in einem Interview des Internet-Portals "radsport-rennrad.de": "Die ersten Radmarathons bin ich nur aus Spaß gefahren. Im Laufe der Zeit wurde ich ehrgeizig." Und wechselte endgültig vom Biathlon zum Radsport.

Nur sechs Jahre später belegt der 24 Jahre alte Deutsche gleich bei seiner ersten Tour de France in der Gesamtwertung hinter dem Slowenen Tadej Pogacar und dem Dänen Jonas Vingegaard Rang drei und damit einen Podestplatz in Paris.

Gestörter im positiven Sinn

Geboren wurde Lipowitz im September 2000 in der Kleinstadt Laichingen auf der Schwäbischen Alb, wo er auch aufwuchs und immer noch lebt. "Wir sind eine Sport-Familie. Bewegung in der Natur gehörte schon immer zu meinem Alltag", sagte Lipowitz. Mit acht Jahren wurde er, wie sein älterer Bruder Philipp, Biathlet.

"Die Kombination aus dem Langlaufen - der Ausdauer, der Geschwindigkeit - und der Präzision beim Schießen hat mich sofort fasziniert", so der deutsche Radsport-Shooting-Star. Lipowitz wurde deutscher Schüler-Meister und wechselte mit seinem Bruder auf das österreichische Ski-Gymnasium Stams. Aus der Wintersport-Kaderschmiede, gingen Dutzende von Olympiasiegerinnen und -siegern sowie Weltmeisterinnen und Weltmeister hervor.

"Ich bin mit mir im Reinen"

"Er ist ein Gestörter im positivsten Sinn", erinnerte sich Nachwuchstrainer Florian Steirer im Gespräch mit der Zeitung "Münchner Merkur" an seinen ehemaligen Schützling Lipowitz. "So was Fokussiertes siehst du selten." Das bestätigt auch Rolf Aldag, sein sportlicher Leiter beim Rad-Team Red Bull-Bora-hansgrohe. Hinzu komme eine gute Portion Gelassenheit, sagt Aldag: "Vom Kopf her kommt Florian durch. Er ist nicht der Typ, der sich schlaflose Nächte macht."

Inzwischen ist Florian Lipowitz auch bei den jungen Autogrammjägern begehrtBild: Fotoreporter Sirotti Stefano/IMAGO

Auch nicht, wenn immer noch und immer wieder über Doping im Radsport gemutmaßt wird. "Ich mache alles regelkonform und will auch beruhigt ins Bett gehen können", sagte Lipowitz während der Tour de France. "Am Ende muss jeder Fahrer mit sich im Reinen sein. Ich bin es." Bei der Tour sei er bereits mehrfach kontrolliert worden, so der deutsche Radprofi. Außerdem müsse man ja immer seinen Aufenthaltsort mitteilen, um für Dopingkontrollen erreichbar zu sein. "Von mir aus könnten sie mir auch einen GPS-Tracker mitgeben, das wäre mir am liebsten."

Lipowitz liebt Bergetappen

Seinen Profivertrag beim einzigen deutschen Radteam der höchsten Rennklasse World Tour erhielt Lipowitz 2023. In seinem ersten Jahr dort fuhr er einige Achtungserfolge ein, doch erst 2024 startete er richtig durch.

Bei der Vuelta, der Spanien-Rundfahrt, war Lipowitz wichtigster Helfer seines Teamkapitäns Primoz Roglic. Der Slowene, als früherer Skispringer ebenfalls ein Ex-Wintersportler, feierte seinen vierten Vuelta-Gesamtsieg.

"Ich fahre das erste Mal mit ihm zusammen, und es ist richtig gut, ihn an meiner Seite zu haben", sagte Roglic über seinen jungen Teamgefährten aus Deutschland. Lipowitz wurde Siebter und belegte in der Wertung des besten Nachwuchsprofis den zweiten Platz.

Bei den schweren Bergetappen hielt er mit. "Das ist mein Terrain. Ich liebe die Berge. Je länger ein Pass ist, desto besser", sagt der deutsche Radprofi. In Sachen Ausdauer habe Lipowitz schon als Biathlet "alles in den Schatten gestellt", sagt sein ehemaliger Biathlon-Jugendtrainer Steirer. Bei einer Atemgasanalyse habe er die Leistungsdiagnostiker verblüfft und alle Rekorde gebrochen.

Stärker als Kapitän Roglic

"In ihm schlummert noch viel Potenzial", sagte Lipowitz‘ Teamchef Ralph Denk nach der Vuelta 2024. "Aber wir machen das Schritt für Schritt, haben null Eile."

Doch Lipowitz bestimmt das Tempo selbst - mit seinen Leistungen. Beim Mehrtagesrennen Critérium du Dauphiné im Südosten Frankreichs, der Generalprobe für die Tour die France, belegte der Deutsche den dritten Platz hinter den beiden Superstars Pogacar und Vingegaard, die seit 2020 den Tour-Sieg unter sich ausmachten.

Seit der 14. Etappe der diesjährigen Tour de France fährt Lipowitz im Weißen Trikot des besten Jungprofis Bild: Fotoreporter Sirotti Stefano/IMAGO

Dennoch startete Red Bull-Bora-hansgrohe mit Roglic als Kapitän und Lipowitz als Edelhelfer in die Frankreich-Rundfahrt. In deren Verlauf verschwamm die Rollenverteilung, weil sich Lipowitz als der Stärkere der beiden entpuppte.

Belohnt wurde er nun mit dem ersten Tour-Podestplatz seit 2006, als Andreas Klöden Zweiter wurde - und mit dem Weißen Trikot des besten Nachwuchsprofis. Aus Deutschland hatten bisher nur Dietrich Thurau (1977) und Jan Ullrich (1996, 1997, 1998) die Nachwuchswertung gewonnen. "Er ist wirklich stark gefahren", sagte Ex-Toursieger Ullrich bei Eurosport über Lipowitz' Tour-Premiere: "Er hat es verdient, auf Platz drei zu sein."

Dieser Artikel wurde am 27. Juli 2025 nach der letzten Etappe der Tour de France 2025 aktualisiert.

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