Florida senkt Schwelle für Todesstrafe ab
21. April 2023Der US-Bundesstaat Florida hat die Verhängung der Todesstrafe deutlich erleichtert. Laut einem neuen Gesetz ist im Strafverfahren dazu keine einstimmige Empfehlung der zwölf Geschworenen mehr nötig. Floridas republikanischer Gouverneur Ron DeSantis unterzeichnete die Vorlage, wonach künftig bereits acht Stimmen genügen. Dies sei in Gegenwart von Hinterbliebenen der Opfer des Massenmordes an der Marjory-Stoneman-Douglas-Schule in Parkland geschehen, berichtet die Zeitung "Miami Herald".
2018 hatte ein junger Mann dort 17 Menschen erschossen. Ein Geschworenengericht sprach den Täter anschließend schuldig. Allerdings votierten nur neun Geschworene für seine Hinrichtung, weshalb er zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. "Ein einziger Geschworener sollte nicht in der Lage sein, ein Todesurteil zu verhindern", sagte DeSantis.
"Lindert kein Leid - stärkt die Gewalt"
Der Direktor der römisch-katholischen Bischofskonferenz von Florida, Michael Sheedy, zeigte sich in einer ersten Reaktion "schockiert". Die Todesstrafe lindere kein Leid, erklärte er. Sie stärke aber "Gewalt und Rachsucht."
DeSantis' Vorstoß fällt zusammen mit wachsender Kritik an der Todesstrafe. Die Hinrichtungszahlen in den Vereinigten Staaten sinken seit einem Höhepunkt im Jahr 1999 mit 98 Exekutionen. Dem Todesstrafen-Informationszentrum in Washington zufolge wurden 2022 im ganzen Land 18 Menschen aufgrund eines Gerichtsurteils getötet.
Rekordzahl an Justizirrtümern
In keinem Bundesstaat seien so viele Todesurteile gegen Unschuldige bekannt geworden wie in Florida, berichtete das Zentrum. Seit den 1970er Jahren seien landesweit 191 Todesurteile wegen erwiesener Unschuld der Verurteilten aufgehoben worden, davon 30 allein in Florida.
27 der 50 US-Staaten lassen die Todesstrafe bei besonders schweren Verbrechen zu, obschon sie in einigen davon nicht mehr vollstreckt wird. In fast allen müssen sich die Geschworenen einstimmig dafür aussprechen. Lediglich in Alabama genügen zehn Ja-Stimmen. In Indiana und Missouri entscheidet der Richter, wenn die Geschworenen nicht einer Meinung sind.
Gesetzesänderungen in Serie
Beobachter werten den jüngsten Vorstoß als Versuch DeSantis', sich als möglicher Präsidentschaftsbewerber mit Blick auf die Wahl im kommenden Jahr zu positionieren - der 44-Jährige gilt als wichtigster parteiinterner Rivale von Ex-Präsident Donald Trump. Sie verweisen dabei auf weitere Gesetzesänderungen in Florida in jüngster Zeit: Erst am Mittwoch hatte der Bildungsrat des Bundesstaates das Verbot von Unterricht über sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität auf alle Schulklassen ausgeweitet. Vor einer Woche waren Abtreibungen ab der sechsten Schwangerschaftswoche verboten worden.
jj/djo (dpa, afp, epd)