Weil der Unterschied zwischen den Kandidaten bei den US-Zwischenwahlen äußerst knapp ist, haben die Behörden in Florida eine Neuauszählung der Stimmzettel angeordnet. Auch anderswo ist noch nicht alles entschieden.
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Vier Tage nach den Zwischenwahlen (Midterms) für den US-Kongress werden in Florida die ausgefüllten Stimmzettel noch einmal hervorgeholt. Denn die Wahlgesetze des US-Bundesstaats sehen eine maschinelle Neuauszählung vor, wenn die Kandidaten nur wenige tausend Stimmen auseinander liegen, und dies ist nun der Fall: Sowohl bei dem Rennen um einen Senatssitz des Staates als auch im Rennen um den Gouverneursposten unterschreitet der Unterschied zwischen den Kandidaten die gesetzliche Grenze von 0,5 Prozentpunkten.
Bei der Wahl für den Senat war der Vorsprung des Republikaners Rick Scott vor seinem demokratischen Rivalen bis Samstagnachmittag auf 0,15 Prozent zusammengeschmolzen. Sein Parteifreund Ron DeSantis lag bei der Gouverneurswahl inoffiziellen Ergebnissen zufolge nur noch 0,41 Prozent vor dem Demokraten Andrew Gillum.
Trump wirft Demokraten in Florida Wahlbetrug vor
Die Entwicklung in Florida sorgt für heftigen politischen Streit. Die Republikaner, allen voran US-Präsident Donald Trump, wähnen dahinter Betrugsversuche. Trump hatte sich in den vergangenen Tagen lautstark in die Diskussion eingemischt. Der Präsident warf einigen Wahlvertretern der Demokraten in Florida Wahlbetrug vor, ohne jedoch Beweise vorzulegen.
Kurz nach der Entscheidung für eine Neuauszählung in Florida, meldete sich Trump aus Frankreich zu Wort, wohin er zum 100. Jahreskrieg des Waffenstillstands im Ersten Weltkrieg gereist war. Auf Twitter schrieb er: "Sie versuchen, zwei wichtige Wahlen in Florida zu stehlen! Wir passen genau auf!"
Ungewissheit auch in Arizona, Mississippi und Georgia
Auch in anderen US-Bundesstaaten gibt es noch offene Rennen: In Arizona und Mississippi sind die Abstimmungen über die Senatssitze noch nicht entschieden; in Mississippi soll es Ende November eine Stichwahl geben.
Auch der aufsehenerregende Kampf um das Gouverneursamt in Georgia ist noch nicht endgültig geklärt. Dort war die Kandidatin der Demokraten, Stacey Abrams, angetreten, um die erste schwarze Gouverneurin eines US-Bundesstaates zu werden.
Zwar hatte sich der republikanische Kandidat in Georgia, Brian Kemp - sekundiert von Trump - zwar schon selbst zum Sieger erklärt. Offiziell ausgerufen ist das Ergebnis aber noch nicht. Derzeit liegt Kemp hauchdünn oberhalb der nötigen Schwelle von 50 Prozent der Stimmen. Ohne diese Mindestzahl ist eine Stichwahl in dem Bundesstaat vorgesehen. Darauf hofft die Demokratin Abrams.
Erinnerungen an die Präsidentschaftswahl 2000
Bei den Midterms am vergangenen Dienstag hatten die oppositionellen Demokraten das Repräsentantenhaus zurückerobert. Dagegen konnten die Republikaner von Präsident Trump ihre Mehrheit in der anderen Parlamentskammer, dem Senat, knapp verteidigen. Dort haben sie 51 der 100 Sitze auf jeden Fall sicher - und damit so viele Stimmen wie bisher.
Sollten in den noch offenen Senatsrennen die Kandidaten der Demokraten siegen, würde sich für die Republikaner in der Kammer nichts ändern. Allerdings hätten sie es dann lediglich geschafft, ihre hauchdünne Mehrheit im Senat mit Mühe zu halten, anstatt diese, wie erhofft, auszubauen.
Schon vor 18 Jahren hatte sich in Florida ein weltweit beachteter Wahlkrimi abgespielt. In Teilen des Bundesstaates mussten bei der Präsidentschaftswahl des Jahres 2000 die Stimmzettel per Hand neu ausgezählt werden. Das Oberste Gericht stoppte die Neuauszählung schließlich und der Präsidentschaftskandidat der Republikaner, George W. Bush, siegte mit nur 537 Stimmen Vorsprung vor dem Demokraten Al Gore.
cw/kle (afp, dpa, rtr)
US-Midterms: Gewinner und Verlierer
Bei den Kongresswahlen in den USA geht es nicht nur um Politpromis. Schlagzeilen machen auch Native Americans, Muslimas und Homosexuelle. Ein Überblick über außergewöhnliche Gewinner und Verlierer.
Bild: Reuters/E. Miller
Endlich: Native Americans im Kongress
Demokratin Deb Haaland hat es als eine der ersten Ureinwohner ins Repräsentantenhaus geschafft. Die 57-jährige Juristin gehört zu einer Rekordzahl von Native Americans, die sich bei den Wahlen um Ämter beworben hatten. In New Mexico hat sie sich gegen die Republikanerin Janice Arnold-Jones durchgesetzt.
Bild: Reuters/B. Snyder
Schlagkräftige Kämpferin
Demokratin Sharice Davids wird ebenfalls als Native American im Repräsentantenhaus sitzen: Die Aktivistin und Anwältin hat in Kansas gewonnen. Die 38-Jährige lebt offen lesbisch in dem traditionell konservativen Bundesstaat. Sie war einst Mixed-Martial-Arts-Kämpferin.
Bild: picture-alliance/dpa/Kansas City Star/J. Sleezer
Das Küken
Sie ist die jüngste US-Kongressabgeordnete aller Zeiten: Mit 29 Jahren zieht Alexandria Ocasio-Cortez für die Demokraten für zwei Jahre ins Repräsentantenhaus. Sie gewann einen traditionell demokratischen Wahlkreis in New York City und ist eine von vielen Frauen, die gewählt wurden: Mindestens 28 Frauen ziehen neu in den Kongress ein, mehr als jemals zuvor.
Bild: Reuters/A. Kelly
Politikerin mit palästinensischen Wurzeln
Die Demokratin Rashida Tlaib ist eine von zwei muslimischen Politikerinnen, die erstmals einen Sitz im Repräsentantenhaus bekommen haben. Mit mehr als 88 Prozent gewann die 42-Jährige, die palästinensische Wurzeln hat, den Wahlbezirk in Michigan eindeutig. Ihr Sieg stand aber schon vor den Wahlen fest: In Michigan gab es keinen republikanischen Kandidaten.
Bild: Reuters/R. Cook
Flüchtling, Muslima, Abgeordnete
Die Demokratin Ilhan Omar ist die zweite Muslima, die nun im Repräsentantenhaus sitzt. Die 36-Jährige gewann in Minnesota. Omar stammt ursprünglich aus Somalia. Ihre Familie floh vor dem dortigen Bürgerkrieg, als sie acht Jahre alt war.
Bild: Reuters/E. Miller
Der erste schwule Gouverneur
Eine Premiere konnte Demokrat Jared Polis hinlegen: Er setzte sich in Colorado gegen den republikanischen Amtsinhaber Walker Stapleton durch. Polis wird damit der erste offen-schwule Gouverneur in der Geschichte der Vereinigten Staaten.
Bild: Reuters/E. Semon
Republikaner gegen Trump
Er kandidierte 2012 gegen Barack Obama als Präsidentschaftskandidat: Mitt Romney konnte damals nicht ins Weiße Haus einziehen, aber der 71-Jährige hat es nun für Utah in den Senat geschafft. Der Republikaner ist ein vehementer Kritiker von US-Präsident Donald Trump.
Bild: Getty Images/G. Frey
Der alternde linke Held
Zum Präsidentschaftskandidaten reichte es vor zwei Jahren nicht, aber seinen Sitz im Senat konnte Bernie Sanders diesmal verteidigen. Der 77-Jährige gewann erneut in Vermont. Obgleich er 2016 versuchte, demokratischer Präsidentschaftskandidat zu werden, sitzt er seit 1990 als Parteiloser im Kongress. Er bleibt Vorbild für Linke, die eine charismatische Führungspersönlichkeit suchen.
Bild: picture-alliance/AP/C. Krupa
Knapp vorbei: Der neue Liebling der Linken
Ein knappes Rennen gab es in Texas um den Senatsplatz, obwohl der Staat als Hochburg der Konservativen gilt: Demokrat Beto O‘Rourke (im Bild) verlor nur knapp gegen Republikaner Ted Cruz. Doch Beobachter glauben, dass Amerika noch viel von O’Rourke hören wird: Manche handeln ihn gar als neuen Obama.
Bild: Getty Images/C. Somodevilla
Kampfpilotin verpasst Kongress
Prognosen versprachen der Demokratin Amy McGrath aus Kentucky gute Chancen: Doch ins Repräsentantenhaus schaffte sie es trotzdem nicht. Die ehemalige Kampfpilotin verlor knapp gegen Republikaner Andy Barr.
Bild: Reuters/J. Sommers
Schwarze Gouverneurin? Noch nicht
Demokratin Stacey Abrams wollte die erste schwarze Gouverneurin in der Geschichte der USA werden. Sie war sogar die erste Afro-Amerikanerin überhaupt, die Demokraten und Republikaner für den Posten aufstellten. Letztendlich reichte es aber nicht: Sie verlor im Südstaat Georgia gegen Republikaner Brian Kemp.
Bild: Reuters/L. Bryant
Kein Obama-Bonus
Auch Demokrat Andrew Gillum wollte diese Premiere für einen Afro-Amerikaner feiern: als Gouverneur von Florida. Doch ganz knapp verlor er gegen Republikaner Ron DeSantis. Der ehemalige US-Präsident Barack Obama hatte sich persönlich für Gillum stark gemacht.
Bild: Reuters/C. Hackley
Keine Chance für Transgender-Gouverneurin
Die Demokratin Christine Hallquist wäre fast die erste Transgender-Gouverneurin geworden. Doch Hallquist unterlag in Vermont dem Republikaner Phil Scott, der mit mehr als 55 Prozent gewann - auch wenn der Bundesstaat als traditionell liberal und progressiv gilt.