Flugzeughersteller mögen hohe Ölpreise
9. Juli 2012Farnborough ist nicht Le Bourget, aber zusammen mit der ILA Berlin Air Show im September ist die Messe in der britischen Grafschaft Hampshire dieses Jahr der wichtigste Treffpunkt der Luftfahrtbranche. Airbus und Boeing beherrschen den Markt. Ihren Kunden geht es nicht gut.
Die Hersteller fahren optimistisch nach Farnborough, die Kunden, die Luftfahrtgesellschaften, eher nicht. Die Branche kämpft mit hohen Ölpreisen, leidet unter Wachstumsschwäche in beinahe der ganzen Welt, die sich in Südeuropa schon zur Rezession ausgewachsen hat. Die Flugzeughersteller sind davon noch nicht betroffen. "Sowohl Boeing als auch Airbus stehen dieses Jahr sogar noch besser da als vor zwei Jahren", sagt Markus Turnwald, Luftfahrtspezialist der DZ Bank.
Spritsparende Modelle
Dass es dem Anbieter gut gehen kann, wenn die Kunden leiden, klingt zunächst schräg. Der scheinbare Widerspruch erklärt sich damit, dass die Fluggesellschaften in neues, sparsameres Gerät investieren müssen, wenn sie im Konkurrenzkampf bestehen wollen. Airbus habe mit dem Modell A320 neo (Bild oben) "einen Riesenerfolg erzielt", so Turnwald. Es verbrauche bis zu 20 Prozent weniger Kerosin. Wer das Flugzeug hat, fliegt zu niedrigeren Kosten, hat also einen Wettbewerbsvorteil, den andere aufholen müssen. "Das ist wie ein Todeskreislauf für Airlines, die dann wirklich investieren müssen", sagt Turnwald. "Und das hilft natürlich Airbus."
In den aktuellen Produktionszahlen lässt sich das allerdings nicht nachvollziehen. Airbus ist im ersten Halbjahr bei den Auslieferungen hinter den Rivalen Boeing zurückgefallen. Von Januar bis Juni landeten 279 Airbus-Flugzeuge bei den Kunden. Der amerikanische Flugzeugbauer Boeing kam auf acht mehr, auf 287 Maschinen. Doch könnte Farnborough wieder mit Vorteilen für Airbus ausgehen. Denn der A320 neo könnte Airbus dann wieder bei den Bestellungen vorne liegen lassen.
Stefan Schöppner, Luftfahrtanalyst der Commerzbank, schwärmt geradezu von dem Schachzug, der der Airbus-Mutter EADS mit dem A320 neo gelungen sei: Das Flugzeug wirke neu, habe aber eigentlich nur neue Triebwerke, die sich Airbus habe zuliefern lassen. "Das heißt, EADS kann den Kunden ein neues Flugzeug bieten, ohne große eigene Entwicklungsaufwendungen und die damit verbundenen Risiken tragen zu müssen."
Airbus-Werk in den USA
Gegen den A320 neo schickt Boeing die 737 MAX ins Rennen, ebenfalls mit spritsparenden Triebwerken ausgestattet. Airbus wiederum hat entschieden, Boeing auf die Pelle zu rücken und ein eigenes Werk in Amerika zu bauen. Im Bundesstaat Alabama sollen mehrere Varianten der A320-Serie gefertigt werden - um näher bei den amerikanischen Kunden zu sein und um Kosten in Dollar zu haben, wenn die Einnahmen auch in Dollar anfallen: Währungssicherung also.
Andere Anbieter zählen kaum auf dem Markt. Die kanadische Bombardier will von 2014 an mit ihrer C-Serie zumindest für kleine Konkurrenz bei größeren Flugzeugen sorgen. Der brasilianische Produzent Embraer wachse zwar stark, sagen Experten, dies aber vor allem im unteren Flugzeugbereich von weniger als 100 Sitzen, den Airbus und Boeing nahezu aufgegeben haben.
Kaum Konkurrenz
Russland hatte viel Hoffung auf seinen "Superjet" gesetzt, bevor der kürzlich abstürzte. "Da gab es einen richtigen Rückschritt für die russische Luftfahrtindustrie", sagte Turnwald. Die Chinesen sei zwar in Lauerstellung. "Aber ich glaube, für die nächsten fünf bis zehn, 15 Jahre muss man sich über das Duopol Airbus-Boeing wenig Gedanken machen."
Airbus und Boeing werden also marktbeherrschend bleiben. In ihrem Schatten blühen Zulieferer wie die MTU, die sich vor allem bei Triebwerken profilieren können. Mit denen gibt es dann auch immer wieder mal Krach, wenn Triebwerksschwierigkeiten zu Problem führen. Aktuell gibt es sie bei der Dauerbaustelle des Militärtransportflugzeugs A400M. Wie voriges Jahr in Le Bourget sagte Airbus die prestigeträchtigen Show-Flüge mit diesem Flugzeug auch dieses Mal ab: Triebwerksprobleme. Der A400M werde nach Farnborough geflogen, anschließend aber am Boden bleiben.