1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Folterprozess in Frankfurt: Höchststrafe für Arzt aus Syrien

16. Juni 2025

Ein Orthopäde, der auch in Deutschland tätig war, folterte in seiner syrischen Heimat etliche Menschen - davon zeigte sich Hessens Oberlandesgericht überzeugt. Nun fiel das Urteil.

Syrischer Arzt Alaa M. (Bildmitte) im Oberlandesgericht Frankfurt am Main, neben ihm zwei Polizeibeamte sowie ein weiterer Mann
Verurteilt: Alaa M. (Bildmitte) im Oberlandesgericht Frankfurt am MainBild: Florian Wiegand/Eibner-Pressefoto/picture alliance

Wegen schwerer Verbrechen in seinem Heimatland Syrien hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main eine lebenslange Haftstrafe gegen den Arzt Alaa M. verhängt. Zugleich wurde die besondere Schwere seiner Schuld festgestellt, was eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren in der Praxis so gut wie ausschließt.

Der Vorsitzende Richter Christoph Koller schilderte in der Urteilsbegründung die Taten des Verurteilten, die er nach Überzeugung des OLG in den Jahren 2011 und 2012 in einem Militärkrankenhaus in der Stadt Homs beging. Alaa M. habe zu einer Gruppe Ärzte gehört, die als die "Beseitigungsgruppe" bekannt gewesen sei. Opfer waren inhaftierte Zivilisten, die der Opposition gegen den damaligen Machthaber Baschar al-Assad zugerechnet wurden. 

Sadistische Neigungen

Der Arzt habe sadistische Neigungen und diese bei der Folter seiner Opfer ausgelebt, sagte Koller. "Der Angeklagte genoss es vor allem, ihm minderwertig und unterlegen erscheinenden Menschen körperliche Schmerzen zu bereiten." Verurteilt wurde der heute 40-Jährige in insgesamt elf Fällen - zwei seiner Opfer starben.

Der Prozess gegen Alaa M. dauerte knapp dreieinhalb Jahre. Opfer hatten in den Verhandlungen schwerste Misshandlungen geschildert, unter anderem wurde von Schlägen, Tritten und dem Anzünden von Wunden und Körperteilen berichtet. Koller betonte, ohne die Bereitschaft und den Mut von Zeugen hätten die Taten nicht aufgeklärt werden können. Das Assad-Regime habe bis zu seinem Sturz versucht, Einfluss auf das Verfahren zu nehmen. Zeugen seien bedroht worden.

Tausende Menschen feiern in Homs den Sturz des Assad-Regimes (Dezember 2024)Bild: DW

Alaa M. lebt seit zehn Jahren in Deutschland und hatte in mehreren Kliniken als Orthopäde gearbeitet, zuletzt im nordhessischen Bad Wildungen. Im Sommer 2020 wurde der Familienvater festgenommen - Opfer hatten ihn in einer TV-Dokumentation über Homs wiedererkannt. Seitdem saß er in Untersuchungshaft. 

Prozess nach Weltrechtsprinzip

Dass sich der Mann vor einem deutschen Gericht verantworten musste, liegt am sogenannten Weltrechtsprinzip im Völkerstrafrecht. Bestimmte Straftaten, darunter Verbrechen gegen die Menschlichkeit, können auch dann in Deutschland verfolgt werden, wenn die Tat nicht hierzulande begangen wurde und keine Deutschen beteiligt waren.

Alaa M. selbst hatte sich in dem Prozess als nicht schuldig bezeichnet, er sei Opfer eines Komplotts. Seine Anwälte plädierten auf Freispruch. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

wa/pg (dpa, afp)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen

Mehr zum Thema

Weitere Beiträge anzeigen