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Scorpions - der Film

Mikko Stübner-Lankuttis7. Februar 2015

1965 gründen vier Jugendliche eine Band, die als Scorpions die Rockwelt erobert. 2010 verkünden sie das Aus. Doch was dann Überraschendes geschieht, das zeigt ein nagelneuer und von der DW koproduzierter Kinofilm.

Forever and a day (Filmtitel)

"We are not going somewhere in the Altersheim", sagt Rudolf Schenker zu Beginn des Films "Forever And A Day" bei einer internationalen Pressekonferenz. Dann ergänzt er lachend: "We stay in music. Music is our life." Es ist Sommer 2011 und der Gitarrist der Scorpions 62 Jahre alt. Die Band steht vor einem Dilemma: Einerseits sollten Rock-Stars aufhören, bevor sie peinlich werden. Andererseits spricht der Gitarrist gerade über sein Lebenswerk. Profimusiker - das ist kein normaler Job. Und schon gar nicht, wenn man in der erfolgreichsten deutschen Rockband überhaupt spielt. Mehr als 100 Millionen Tonträger haben die Scorpions bis heute verkauft und sind fast durch alle Länder der Welt getourt.

Die Hardrocker aus Niedersachsen wollen sich also nach 50 Jahren mit Würde von ihren Fans verabschieden. Dafür haben sie ihr 17. Studioalbum "Sting in the Tail" aufgenommen und 2010 eine dreijährige "Farewell-Tour" geplant. Auf Initiative der DW werden sie dabei von einem Kamerateam begleitet. Es folgt den Scorpions bei verschiedenen Auftritten rund um die Welt: nach Thailand, den Libanon, Russland, Frankreich, in die USA und schließlich zum Finale nach München. Regisseurin Katja von Garnier (unter anderem "Bandits" und "Abgeschminkt") hat sich bei der Dramaturgie für einen nüchternen Countdown mithilfe von Schrifttafeln entschieden: Sie informieren den Zuschauer darüber, wie viele Monate jeweils noch bis zum letzten Konzert verbleiben.

1985 bei einem Konzert im englischen KnebworthBild: picture-alliance/Hanne Jordan

In Parallelmontagen werden historische Aufnahmen gezeigt, die teilweise aus Privatarchiven der Scorpions stammen. Dazu erzählen die Musiker und Wegbegleiter die Band-Geschichte. Meistens sprechen die Dienstältesten: Neben Rudolf Schenker sind das Klaus Meine - seit 1969 Scorpions-Sänger - und Matthias Jabs, der seit 1978 bei den norddeutschen Hardrockern Gitarre spielt. Die beiden anderen sind relative Frischlinge: Schlagzeuger James Kottak ist seit 1996 und Bassist Paweł Mąciwoda sogar erst seit 2003 mit dabei.

Skandalfreie Lebensweise

Die Karriere der Scorpions ist weniger skandalträchtig, als man es bei einer Hardrock-Band erwarten würde. Vielleicht liegt es daran, dass die Scorpions eben aus Hannover und nicht aus Los Angeles stammen. Die Band wirkt sehr viel bodenständiger als vergleichbare Acts wie Guns N' Roses oder Mötley Crüe. Während sich die US-amerikanischen Kollegen an ihren aufgeblasenen Egos nahezu in die Bedeutungslosigkeit zerrieben haben, locken die Deutschen eben noch immer junge Menschen auf ihre Konzerte.

"We are not going somewhere in the Altersheim", sagt Rudolf Schenker. But in the Kino!Bild: Rainer Dröse

Bei den Scorpions geht es heute weniger um Sex & Drugs, dafür aber immer um Rock 'n' Roll. "Forever And A Day" erzählt, wie viel Arbeit, Verstand und Durchhaltevermögen hinter der einzigartigen Karriere steckt. Von ihren Anfängen in der niedersächsischen Provinz der 1960er Jahre als Teil der langhaarigen Gegenkultur. Von ihrem Traum, international zu touren und daher englisch zu singen. Von Klaus Meines Stimmproblemen, die beinahe zum vorzeitigen Ausstieg geführt hätten. Von dem Wagnis, Ende der 80er Jahre hinter dem Eisernen Vorhang in der damaligen Sowjetunion zu spielen.

Die Scorpions sind sich treu geblieben

Falsche Entscheidungen

Trotzdem ist die Karriere der Scorpions auch sehr ambivalent verlaufen. Während sich einzelne Alben millionenfach verkauft haben, haben sie auch genug falsche Entscheidungen getroffen. Sie sprechen sehr offen darüber, dass der Dance-Remix des ansonsten sehr erfolgreichen deutsch-türkischen Musikproduzenten Mousse T. bei den Rock-Fans schlecht ankam.

Auch die Absage an Andy Warhol, ein Cover zu gestalten - weil er sehr viel Geld dafür haben wollte - bewerten sie heute als Fehler.

Auch wenn die Scorpions im Ausland seit Jahrzehnten frenetisch gefeiert werden: In Deutschland hat man ihr Image und ihre Art, Musik zu machen, lange belächelt. Die Outfits zu schrill, die Balladen zu kitschig, der Sound zu sehr 80er Jahre - so einige gängige Vorurteile. Erst seit wenigen Jahren bekommen sie hierzulande Anerkennung für ihr musikalisches Schaffen. Der Film trägt seinen Teil dazu bei, denn auch Nicht-Fans erleben bei den Bildern viele Gänsehaut-Momente.

Vertrauen zwischen Band und Filmemachern

Man merkt als Zuschauer, dass die Bandmitglieder viel über einzelne Karriereschritte diskutiert und sie zu Ende gedacht haben. Um dann nach außen hin immer geschlossen aufzutreten. Es gibt keine öffentlich ausgetragenen Schlammschlachten. Als Medienprofis lassen die Scorpions auch nur selten tiefe Emotionen erkennen. Doch der Film kommt ihnen so nah, wie man ihnen überhaupt kommen kann. In Moskau spürt man das gewachsene Vertrauen zwischen Band und Filmcrew besonders gut: Klaus Meine ist sich nicht zu schade dafür, vor der Kamera durch den Gorki Park zu laufen und dabei "Wind of Change" zu pfeifen. Genau hier hat er sich vor 27 Jahren die Inspiration für seine weltberühmte Hymne geholt. Mehr geht eigentlich nicht. Während die Scorpions also zum letzten Mal an wichtigen Orten ihrer Karriere spielen, passiert etwas mit ihnen: Sie haben doch noch nicht genug. Auch wenn ihre Schulfreunde bald in Rente gehen - Meine, Schenker, Jabs, Kottak und Mąciwoda wollen weiter machen. Und so spielen die Scorpions 2015 ihre nächste große Tournee, im März erscheint das nächste Album: "Return to Forever". Im März kommt der Film in die deutschen Kinos. Wer "Forever And A Day" gesehen hat, versteht, warum sie immer weiter machen müssen.

Regisseurin Katja von Garnier (2.v.l.) mit Crew und BandBild: Tempest Film
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