Ein neues Gesetz in Japan erlaubt es einem Forscher, Mischwesen aus Mensch- und Tierzellen zu erschaffen und sie auf die Welt zu bringen. Langfristiges Ziel soll sein, Ersatzorgane für kranke Menschen zu produzieren.
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Es geht um Organe. Um Ersatzorgane, von denen es viel zu wenige gibt. Für Menschen, deren Bauchspeicheldrüse, Leber, Nieren nicht mehr funktionieren. Tiernieren funktionieren nicht, das Ding aus fremden Zellen würde nach einer Transplantation sofort abgestoßen.
Deswegen ist die Idee, der viele Forscher überall auf der Welt seit mehr als drei Jahrzehnten hinterherjagen, erst einmal smart.
Ein bisschen dies, ein bisschen das
Sie vermischen Embryonen zweier Arten. Und heraus kommt eine Chimäre. Ein Mischwesen. Bei so einer Chimäre vermischt sich das Erbgut jedoch nicht. Die Zellen beider Arten wachsen genetisch voneinander getrennt heran. Dadurch können beispielsweise die Chimären-Organe von der einen Art stammen, die Hülle aber von der anderen Art.
Ein Beispiel: Schon 1984 gelang es Forschern, eine Chimäre aus Ziege und Schaf zu erzeugen. Einige Organe dieser "Schiege" waren Schaforgane, andere Ziegenorgane. Auch äußerlich war das Tier eine Mischung aus Ziege und Schaf. Und sogar das Verhalten war mal so, mal so.
Im Verhalten, so erzählt Steen Willadsen, der Erzeuger der ersten "Schiege", glich das Tier eher einer Ziege, es bevorzugte aber die Gesellschaft von Schafen.
2010: erster Durchbruch
Solche Versuche gab es immer wieder. In den USA, Israel, China, Großbritannien und Japan. Dann, 2010, gelang es dem Japaner Hiromitsu Nakauchi ein Coup. Er ließ in Mäuseembryonen, denen das Gen für die Ausbildung der Bauchspeicheldrüse fehlte, eine Bauchspeicheldrüse aus Rattenstammzellen wachsen.
Die Mäuse, die ohne das Organ gestorben wären, überlebten dank der Ratten-Bauchspeicheldrüse.
2017 konnte Nakauchi in Rattenembryonen Maus-Bauspeicheldrüsen züchten. Diese setzte er Diabetes-kranken Mäusen ein und heilte sie. Das gleiche klappte auch mit Nieren.
Als nächstes der Mensch?
Und jetzt der nächste Schritt: Nakauchi möchte seine Versuche auch mit menschlichen Zellen durchführen. Bisher wurden zwar in einigen Ländern tierische Embryos mit menschlichen Zellen hergestellt, aber nie ausgetragen.
Das soll sich nun ändern. Dafür änderte die japanische Regierung die bisherige Regelung, die verbot, Chimären länger als bis zum 14. Tag der Embryonalentwicklung heranwachsen zu lassen.
Nakauchi plant jedoch erst einmal, Mäuse-Ratten- und Schweine-Embryos mit menschlichen Zellen möglichst lange heranwachsen zu lassen. Bis auf weiteres sei nicht geplant, die Chimären auch auszutragen. Nakauchis Ziel ist es, Chimären zu züchten, bei denen einzelne Organe ausschließlich aus menschlichen Zellen bestehen. Diese könnten als Ersatzorgan für kranke Menschen dienen, mit dem großen Vorteil nicht abgestoßen zu werden.
Weitergedacht: Doch was wäre wenn…?
All das klingt spannend und zum Wohle des Menschen. Doch die Forschung ist sehr umstritten. In Deutschland ist sie durch das Embryonenschutzgesetz verboten.
Auch weil die Chimären-Technik Grenzen verschwimmen lässt. Sie macht Mischwesen, auch Halb-und-Halb-Wesen möglich. Bei einer Schwein-Mensch-Chimäre - wo würde das Tier aufhören, wann der Mensch beginnen?
"Was, wenn die Chimäre sprechen würde, wenn sie denken würde?", fragte Genetiker Martin Bobrow von der Cambridge Universität schon im Jahr 2009. "Oder wenn es in einer menschlichen Art und Weise bewusst ist? Dann spielen wir in einer komplett anderen Liga."
Halb Jacke, halb Hose - hybride Tierarten
Eisbären und Grizzlybären kommen sich aufgrund des Klimawandels näher und zeugen Nachwuchs: die Pizzly-Bären. Aber es gibt noch viele andere Artenmischlinge. Wir zeigen die skurrilsten und überraschensten Beispiele.
Bild: picture-alliance/dpa/University of Alberta/Andrew E. Derocher
Pizzly-Bär
Das ist er: ein Mischling aus Grizzly-Bär und Eisbär, im Englischen polar bear - daher der Name Pizzly. Dieser Mischart sind Forscher und Jäger neuerdings mehrmals begegnet. Meistens ist die Mutter eine Eisbärin, der Vater ein Grizzly-Bär. Der Pizzly-Bär hat helles Fell, braune Füße und eine Art dunklen Ring um die Augen. Pizzly-Bären sind selbst auch fortpflanzungsfähig.
Bild: picture-alliance/dpa/University of Alberta/Andrew E. Derocher
Zoo-Pizzly
Aus Zoos wissen Forscher schon länger, dass sich Eisbären und Braunbären miteinander paaren können. Im Osnabrücker Zoo leben zwei Pizzlys: Tips und Taps. In freier Natur könnte diese Genvermischung allerdings zum Problem für die eh bedrohten Eisbären werden, fürchten Forscher. Hybride Tierart heißt es, wenn sich zwei Arten paaren und dabei eine lebensfähige Mischform herauskommt.
Bild: Zoo Osnabrück/Thorsten Vaupel
Maultier und Maulesel
Das vielleicht bekannteste Hybridtier ist das Maultier - eine Kreuzung aus Eselshengst und Pferdestute. Ist die Mutter der Esel, spricht man vom Maulesel. Die Tiere sind selbst nicht fortpflanzungsfähig, aber beliebte Lasttiere, da sie größere Ausdauer haben als Pferde, aber weniger störrisch sind als Esel.
Diese Mischung aus Zebra und Esel - Zesel oder auch Zebresel genannt - kam im Jahr 2013 im Zoo von Florenz zur Welt. Sein Name ist Ippo. Esel-Zebra-Mischlinge kommen auch vereinzelt in freier Natur vor, etwa in Äthiopien. Es gibt auch Mischungen aus Zebras und Pferden, Zorse genannt - vom englischen Wort "horse" für "Pferd". Zesel und Zorsen sind meist unfruchtbar.
Bild: Getty Images/Afp/Tiziana Fabi
Teichfrosch
Was weniger bekannt ist: Auch der deutsche Teichfrosch ist ein Hybrid! Er entstand einst aus dem Seefrosch und dem Kleinen Wasserfrosch. Der Teichfrosch ist kleiner als der Seefrosch (10 bis 16 Zentimeter), aber größer als der Wasserfrosch (etwa 5 Zentimeter). Sein Quaken ähnelt den Lauten beider Arten, liegt also stimmlich dazwischen. Er vermehrt sich munter in deutschen Gartenteichen.
Bild: picture-alliance/dpa/R. Wittek
Wolphin
Nein, mit Wölfen hat der Wolphin nichts zu tun. Er ist eine Kreuzung aus Wal (whale) und Delfin (dolphin). Dieser hier heißt Kekaimalu und besteht zur Hälfte aus Kleinem Schwertwal und zur anderen Hälfte aus Großem Tümmler. Er - oder vielmehr sie - brachte im Sea Life Park auf Hawaii ein Baby zur Welt.
Bild: picture-alliance/newscom
Cama
In Dubai kam Ende der 1990er Jahre das wahrscheinlich erste Cama zur Welt - eine Mischung aus Kamel und Lama. Es entstand über künstliche Besamung. Weitere Camas folgten später. Das Ziel des Züchters: eine Tierart, die mehr Wolle erzeugt als das Lama und so groß und so stark ist wie ein Kamel.
Bild: picture-alliance/dpa/Balkis Press/Abaca
Schiege
Eine Kreuzung aus Schaf und Ziege scheint nicht überraschend - aber das täuscht. Die beiden Arten sind genetisch nämlich sehr weit auseinander. Wenn sich auf einer Weide Ziegen und Schafe paaren, wird der Nachwuchs meist tot geboren. Es gibt aber Ausnahmen: Diese schwarze Schiege kam im irischen Ballymore gesund zur Welt. Weitere Beispiele gab es in Deutschland, den USA und den Niederlanden.
Bild: picture-alliance/dpa/P. Murphy
Liger
Mischlinge aus Löwen und Tigern kommen nicht in freier Wildbahn vor, es gibt sie lediglich in Zoos. Wie dieses Exemplar namens Zita im Zoo im russischen Novosibirsk. Mitte 2015 bekam sie zwei Junge. Vater der Kleinen ist ein Löwe, denn männliche Liger sind unfruchtbar. Die Großkatzenhybride werden bis zu 3,5 Meter groß und mit über 350 Kilogramm manchmal sogar schwerer als ihre beiden Elternarten.
Bild: picture-alliance/dpa/Y. Kurskov
Noch ohne Namen
Das ist die Kreuzung aus einer Stockente und einer Laufente. Mischlinge aus Stockenten und anderen Entenarten gibt es zum Bedauern der Artenschützer in freier Natur viele. Stockenten paaren sich weltweit mit Weibchen anderer Entenarten - oft gegen deren Willen. Die Gene der anderen Art werden so immer mehr "verdünnt". Viele Entenarten sind dadurch inzwischen vom Aussterben bedroht.