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Forscher: Der Welt droht eine Heißzeit

Katharina Wecker
6. August 2018

Selbst wenn das Pariser Abkommen erfolgreich umgesetzt würde, könnte sich die Erde wegen eines Domino-Effekts um vier bis fünf Grad erwärmen, warnen Wissenschaftler. Teile der Welt wären dann unbewohnbar.

Spanien Ausgetrockneter Grund eines Stausees in Alcora
Bild: picture-alliance/AP Photo/F. Bustamante

Droht eine Heißzeit?

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Eine gemeinsame Studie von internationalen Klimawissenschaftlern aus Deutschland, Schweden, Dänemark und Australien zeichnet eine düstere Zukunft: Selbst wenn die Ziele des Pariser Klimaabkommens erreicht und die globale Erwärmung auf anderthalb bis zwei Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit beschränkt würden, könnte unser Klimasystem kippen. Mit steigenden Durchschnittstemperaturen erhöht sich das Risiko, dass eine Reihe von Prozessen in Gang gesetzt werden, die die Erde weiter aufheizen, warnen die Forscher. 

"Unsere Studie legt nahe, dass eine von Menschen verursachte globale Erwärmung von zwei Grad Celsius weitere Erdsystemprozesse, auch 'Feedback' genannt, auslösen könnte, die zu einer weiteren Erwärmung führen", sagt Will Steffen, Erstautor der Studie und Klimaforscher an der Australian National University sowie dem schwedischen Forschungsinstitut Stockholm Resilience Centre.

Die globale Durchschnittstemperatur würde sich in diesem Fall auf lange Sicht zwischen vier bis fünf Grad über dem Durchschnitt der vorindustriellen Zeit einpendeln. Meeresspiegel würden um 10 bis 60 Meter steigen. Zahlreiche Inseln und Küstenstädte wie Venedig, New York, Tokio und Sydney würden überschwemmt, Teile der Erde unbewohnbar werden. Wissenschaftler nennen dieses Szenario "Heißzeit".

Starkregen und Überschwemmungen wie hier in Tansania werden häufiger und heftiger in einer wärmeren WeltBild: DW/S. Khamis

Klimaprozesse wie Dominosteine 

Die sogenannten Feedbackprozesse und Kippelemente, bei denen es zu abrupten Veränderungen im Klimasystem kommt, sind bereits bekannt. Dazu zählen zum Beispiel Wälder und Permafrost-Böden, die sich von "Freunden", die CO2 und andere Treibhausgase speichern, in "Feinde" verwandeln. Sie pusten die in ihnen gespeicherten Emissionen unkontrollierbar in die Atmosphäre.

In früheren Studien wurden immer nur einzelne Feedbackprozesse und Kippelemente untersucht, aber nie ob und wie sich die Prozesse gegenseitig beeinflussen könnten. Für die Studie, die im Journal Proceedings of the National Academy of  Sciences (PNAS) veröffentlicht wurde, hat das internationale Forscherteam das komplette Klimasystem einer zwei-Grad wärmeren Welt in verschiedenen Modellen analysiert. Dabei haben sie Wechselwirkungen und Kettenreaktionen unter anderem zwischen schmelzenden Gletschern, auftauendem Permafrost, Bakterien in den Weltmeeren und geschwächten Kohlenstoffsenken entdeckt. 

Die einzelnen Feedbackprozesse können potentiell wie Dominosteine reagieren, erklärt Johan Rockström, Direktor des Stockholm Resilience Centre, der an der Studie mitgearbeitet hat. "Wenn ein Element kippt, könnte ein weiteres kippen. Es wäre sehr schwierig oder unmöglich das Umfallen der kompletten Dominoreihe zu verhindern." Die Erde würde sich dann immer schneller aufwärmen – selbst wenn die Menschheit keine Treibhausgase mehr produzieren würde.

Mehr als nur CO2-Emissionen verringern

Mit dem Pariser Klimaabkommen haben sich 197 Nationen auf ein Zwei-Grad-Ziel geeinigt. Doch es ist nicht klar, ob dies ausreicht, die Menschheit vor einer Klimakatastrophe zu bewahren,  warnt Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und Mitautor der Studie. "Wir wissen noch nicht, ob das Klimasystem bei zwei Grad sicher 'geparkt' werden kann." Weitere Studien seien nötig, um diese Frage zu klären. Momentan liegt die globale Durchschnittstemperatur bei einem Grad über dem vorindustriellen Niveau.

Jonathan Donges, einer seiner Kollegen, die ebenfalls an der Studie gearbeitet haben, unterstreicht das: "Die komplette Umsetzung des Pariser Abkommens, begleitet von einer rapiden Dekarbonisierung durch sozioökonomischen Wandel würde die Gefahr eines selbstverstärkenden Klimawandels nur verringern." Deshalb, sagt Donges, müsste sich die Weltgemeinschaft noch ambitioniertere Ziele setzen. Das sei "die beste bekannte Strategie um die Gefahren eines selbstverstärkenden Feedbacks im System der Erde zu minimieren".

Es müsse mehr getan werden, als nur die Emissionen zu verringern. Man müsse gleichzeitig das Ökosystem im Gesamten schützen, mehr natürliche Kohlenstoffsenken anlegen, Waldrodungen stoppen, weniger konsumieren, Bevölkerungswachstum kontrollieren, in Technologien investieren, die CO2 aus der Atmosphäre ziehen, und so weiter. 

Trotz der apokalyptischen Ergebnisse der Studie möchte Mitautorin Katherine Richardson keine Weltuntergangsstimmung aufkommen lassen. "Unsere Studie enthält eine unglaublich positive Nachricht. Denn wir verstehen immer besser, welche Rolle wir im Erdsystem spielen und können dementsprechend handeln", sagt Richardson von der Universität Kopenhagen gegenüber DW. "Wir wären nur verloren, wenn wir nicht anerkennen würden, dass wir momentan nicht genug machen."

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