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Frühere Kriegsfeinde räumen Minen in Bosnien

Mehmed Smajic 31. August 2016

Bosnien-Herzegowina gilt als eines der am stärksten mit Landminen verseuchten Länder der Welt. Oft sind ehemalige Soldaten als Minenräumer im Einsatz. Mehmed Smajic hat einige von ihnen besucht.

Slavisa Pejanovic und Sabahudin Barakovic, Minenräumer in Bosnien (Foto: DW)
Vor über 20 Jahren Feinde, heute Freunde: Slavisa Pejanovic (l.) und Sabahudin BarakovicBild: DW/M. Smajic

Sabahudin Barakovic entfernt Minen, die er im Krieg als Soldat der bosnische Armee zum Teil selbst gelegt hat. Soldaten aus der serbischen Armee waren damals seine Feinde. Heute arbeitet er mit einigen von ihnen zusammen. "In diesem Beruf sind wir alle gleich. Wenn ein Unglück geschieht, weinen Serben um Muslime und genauso auch andersherum. Wir essen, trinken und schlafen zusammen", sagt Sabahudin Barakovic im Gespräch mit der DW im Naturpark Vis-Sijedi Krs in Bosnien. Nur wenige Meter weiter lauern Minenfelder. Im Bosnien-Krieg (1992-1995) setzten alle Kriegsparteien Tretminen ein.

Der Serbe Slavisa Pejanovic kämpfte damals in der serbischen Armee - und war somit der Feind von Sabahudin Barakovic. Heute sieht er sich und seine Kollegen - unabhängig von deren ethnischer Zugehörigkeit - als Verbündete: "Wir Minenräumer haben einen besonderen Zusammenhalt, wir sind wie eine Familie."

Minen töten schließlich jeden, betont er: "Sie fragen nicht nach Alter und Religion. Deswegen möchten wir durch die Beseitigung der Minen auch jeden schützen, unabhängig von der Staats- und Religionszugehörigkeit"', sagt der Serbe Slavisa Pejanovic.

Die meisten Minen sind auf einer 1100 Kilometer langen und bis zu vier Kilometer breiten Fläche verteilt, die heute die beiden Teile des Staates Bosnien-Herzegowina trennt: die Föderation Bosnien und Herzegowina einerseits und die serbische Teilrepublik "Republik Srpska" andererseits.

Mutige Minenräumer in Bosnien

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Minenfelder unter Wasser nach Überschwemmungen

Diese Fläche wird von dem Verein ''NN Ivsa'' bearbeitet, den Sabahudin Barakovic leitet. 90 Prozent der finanziellen Mittel dafür werden von Deutschland zur Verfügung gestellt, die restlichen 10 Prozent von der Stadt Gracanica.

"Wir haben erkannt, dass das Minenräumen hier sehr wichtig ist, da davon eine große Gefahr für unsere Bürger ausgeht'', sagt Nusret Helic, Bürgermeister von Gracanica. Er bedankt sich im Namen der 45.000 Einwohner für die Hilfe Deutschlands.

In Bosnien-Herzegowina fördert Deutschland bereits seit 1997 die Minen- und Kampfmittelräumung. Doch trotz der ausländischen Hilfe gibt es in Bosnien-Herzegowina noch eine Fläche von mehr als tausend Quadratkilometern, auf der Minen vermutet werden. Vor zwei Jahren wurde das Ausmaß des Problems in der Balkanregion besonders deutlich, als nach verheerenden Überschwemmungen Minenfelder in Kroatien, Serbien und Bosnien-Herzegowina unter Wasser standen.

''Am schwierigsten war es im Irak''

Erfahrene Minenräumer wie Sabahudin Barakovic sind deshalb besonders gefragt. Er hat im Laufe seines Berufslebens schon in Kuba, Afghanistan und dem Irak Minen entschärft. Im Irak sei es am schwierigsten gewesen - bei Temperaturen von bis zu 50 Grad. Er kehrte nach Bosnien zurück, weil die Lage im Irak zu gefährlich geworden war - vor allem durch die Terrorgruppe "Islamischer Staat".

Dort hat auch der heute 65-jährige Mehemed Hasanovic aus Zvornik mit Sabahudin Barakovic zusammengearbeitet. Er ist seit 19 Jahren Minenräumer und plant, in einigen Monaten in Rente zu gehen. ''Ich weiß, wie gefährlich diese Arbeit ist, ich habe drei Kollegen verloren", erinnert er sich. "Ich habe sie mit eigenen Händen von den Minenfeldern geholt und sie ins Krankenhaus gefahren. Sie haben es aber nicht geschafft.'' In Bosnien sind seit dem Ende des Krieges mindestens 47 Minenräumer bei ihrer Arbeit ums Leben gekommen, 70 weitere wurden schwer verletzt.

Weniger Lohn als ein Fliesenleger

Auch Ivo Prgic, ein kroatische Kollege von Hasanovic und Barakovic, ist sich der Gefahren bewusst. Doch er sagt, er habe keine Angst. Während seiner Arbeit explodieren oft Minen - allein an einem Tag sei das viermal passiert. Am Glas der Maschine, mit der er arbeitet, sind die Splitter dieser Minen noch genau zu erkennen.

"Für junge Leute ist der Beruf des Minenräumers unattraktiv, sie empfinden ihn als zu gefährlich und zu anstrengend", sagt Mehemed Hasanovic.

Trotz der ständigen Gefahr ist die Bezahlung schlecht: Für die Räumung einer Fläche von einem Quadratmeter gebe es zwischen 50 Cent und zwei Euro. "Dagegen bekommen beispielsweise Fliesenleger für die gleiche Fläche vier Euro. Das ist wirklich traurig", sagt Sabahudin Barakovic.

Seit dem Krieg in Bosnien sind mehr als 1670 Minen explodiert - und haben mehr als 600 Menschen getötet, darunter über 240 Kinder. Mehr als 15 Prozent der Einwohner des kleinen Balkanlandes wohnen und arbeiten auch heute noch in unmittelbarer Nähe von Minenfeldern. Beim bisherigen Tempo wird es voraussichtlich noch mehr als 40 Jahre dauern, bis das Land vollständig von Minen befreit ist.

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