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Politik

Türkei: Prag soll Kurdenchef ausliefern

25. Februar 2018

Der Arm der Türkei ist lang. Dabei wird auch Interpol instrumentalisiert. Dieses Mal ließ Ankara im entfernten Tschechien einen Erzfeind festnehmen. Nun beginnt wohl das Gerangel um Auslieferung.

Salih Muslim Muhammad PYD
Saleh Muslim bei einer Veranstaltung in Paris im Jahr 2015Bild: Getty Images/AFP/A. Morlent

Der ehemalige Chef der syrischen Kurdenpartei PYD, Salih Muslim, ist auf Antrag der Türkei in Tschechien festgenommen worden. Der 67-Jährige mit syrischer Staatsbürgerschaft sei in der Nacht zu Sonntag in Prag auf der Grundlage eines Interpol-Haftbefehls in Gewahrsam genommen worden, teilte eine Polizeisprecherin in Prag mit. Das weitere Vorgehen richte sich nach den Gesetzen über die internationale Justizzusammenarbeit. Muslim hatte sich in Prag aufgehalten, um an einer Konferenz zur Krise in Syrien, der Situation im Nahen Osten und dem arabisch-israelischen Konflikt teilzunehmen. Muslim ist seit dem vergangenen Jahr nicht mehr Ko-Vorsitzender der PYD. Er ist aber weiterhin Vertreter für Außenbeziehungen der Bewegung für eine Demokratische Gesellschaft in Nordsyrien (TEV-DEM), der die PYD und andere Parteien angehören.

Tschechisches Gericht entscheidet über Haftbefehl

Muslim war laut der staatlichen türkischen Nachrichtenagentur Anadolu von der Türkei über Interpol mit einer sogenannten Red Notice zur Festnahme ausgeschrieben worden. Über eine solche Red Notice war im vergangenen Jahr der türkischstämmige Kölner Schriftsteller Dogan Akhanli vorübergehend in Spanien festgenommen worden.

Ein tschechisches Gericht müsse nun über einen Haftbefehl entscheiden. Die tschechischen Behörden hätten von der Türkei zudem Unterlagen zur Auslieferung Muslims angefordert, so die Polizei in Prag.

Die Türkei hatte Muslim vor zwei Wochen auf die Terroristenliste gesetzt. Dazu wurde eine Belohnung von knapp einer Million Dollar ausgeschrieben. In dem im Internet abrufbaren Verzeichnis ist Muslim in der roten Kategorie der meistgesuchten Terroristen wegen Mitgliedschaft in der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK aufgeführt. Ankara sieht in der PYD einen syrischen Ableger der PKK. 

Die Partei PYD ist die führende politische kurdische Kraft in Nordsyrien, und Muslim hat auch nach seinem Rücktritt als Ko-Vorsitzender im vergangenen Jahr weiterhin großen Einfluss. 

"Interpol wird von Türkei missbraucht"

Der stellvertretende Linken-Parteivorsitzende Tobias Pflüger verurteilte die Festnahme Muslims. "Offensichtlich hat das EU-Mitglied Tschechien Handlangerdienste für die Türkei geleistet", kritisierte er. Pflüger forderte die Bundesregierung auf, sich für die Freilassung des ehemaligen PYD-Chefs einzusetzen.

Die Vize-Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, Heike Hänsel, kritisierte, dass die türkische Führung den "Missbrauch der internationalen Polizeibehörde Interpol zur politischen Verfolgung ihrer Kritiker" ungehindert fortsetze. Es sei ein "Skandal", wenn Gegner des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in der EU weiterhin mit Hilfe von Interpol festgesetzt würden, obwohl dafür im Rechtsraum der EU "keine Grundlage" bestehe. Um glaubhaft zu bleiben, müsse sich die Bundesregierung jetzt auch "für den Ausschluss der Türkei aus Interpol einsetzen".

Die türkischen Behörden suchen Muslim bereits seit 2016 per Haftbefehl. Hintergrund ist ein Anschlag auf einen Militärkonvoi im Februar 2016 in Ankara, bei dem 29 Menschen ums Leben kamen. Die Türkei macht die PKK dafür verantwortlich. Zu der Tat bekannten sich die Freiheitsfalken Kurdistans (TAK), eine Abspaltung der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Saleh Muslim bestreitet jegliche Verwicklung in den Angriff. 

Türkei rückt im nordwest-syrischen Afrin trotz UN-Resolution weiter vor

Die Festnahme erfolgte, während die Türkei ihre Militäroperation und Offensive gegen die Kurdenmiliz YPG in der nordwest-syrischen Region Afrin weiter fortsetzt. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte teilte mit, dass das türkische Militär und verbündete Rebellen, unterstützt von Luftangriffen, weiter vorgerückt seien und mehrere Dörfer unter ihre Kontrolle gebracht hätten.

Die Türkei sieht ihre Offensive gegen die Kurdenmiliz YPG in Nordwestsyrien nicht von der vom UN-Sicherheitsrat geforderten Waffenruhe in Syrien betroffen. "Diese Entscheidung wird die von der Türkei durchgeführte Operation nicht beeinflussen", sagte Regierungssprecher Bekir Bozdag nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu. Ankara hatte die UN-Resolution zum Waffenstillstand in Syrien Samstagnacht zwar begrüßt, aber zugleich angekündigt, weiter gegen "terroristische Organisationen" zu kämpfen, die Syriens territoriale Integrität bedrohten.

Die am 20. Januar begonnene Offensive richtet sich gegen die mit den USA verbündete Kurdenmiliz YPG in Nordwestsyrien. Ankara betrachtet die YPG und die PYD als syrischen Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und damit als Terrororganisation. Die YPG ist somit der militärische Flügel der PYD.  

as/jj (dpa, afp, ape, rtre)

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