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Literatur

Für ein Europa der vielfältigen Identitäten

Sabine Peschel
10. Oktober 2018

Bei der Eröffnung der Frankfurter Buchmesse blicken die Redner auf Europa: EU-Außenbeauftragte Mogherini bestärkt die europäische Kultur als Teil jeder Identität. Georgien sei Teil Europas, betont das Gastland.

Frankfurter Buchmesse 2018 | Eröffnung
Schaulaufen auf dem roten Teppich der Frankfurter BuchmesseBild: picture-alliance/dpa/A. Arnold
EU-Außenbeauftragte Federica MogheriniBild: picture-alliance/dpa/A. Dedert

Dass die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini zur Eröffnung der Frankfurter Buchmesse kam, zeigt, welches Ansehen die Buchmesse genießt. Als Gastrednerin beschwor sie ein Europa "der vielen Identitäten". Jeder könne zugleich Deutscher, Italiener und Europäer sein, sagte sie beim offiziellen Eröffnungsfestakt. "Jedes Individuum hat eine vielschichtige und komplexe Identität. Das haben wir nach der Überwindung des Faschismus und Nazismus wiederentdeckt." Die europäische Kultur und die europäische Identität seien nicht eine Zutat 'on-top'. "Es gibt keinen Widerspruch zu den nationalen und lokalen Identitäten. Was unsere Länder, Städte und Dörfer groß gemacht hat, gehört auch zu uns allen."

Georgien blickt nach Westen

Das Gastland Georgien fühlt sich Europa zugehörig. "Europa hat die georgische Zivilisation geprägt", betonte Mamukha Bakhtadze, Ministerpräsident des Gastlands. Historisch sei Georgien immer eine kulturelle Schnittstelle von Asien und Europa gewesen, aber in diesem Dialog der Kulturen seien es die europäischen Traditionen gewesen, die den stärksten Einfluss hatten. "Wir sind ein modernes Land mit einer langen Geschichte und vielfältigen Kultur. Georgien war immer Teil Europas, und nur eine Zeitlang von ihm getrennt."

Die Beziehung zu Deutschland spielt dabei eine zentrale Rolle. Bakhtadze erinnert an den kürzlichen Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel in seinem Land. "Durch unsere gemeinsamen Werte und auch durch diesen Gastland-Auftritt werden die Beziehungen zwischen unseren Ländern in Zukunft noch enger werden."

Fließende Identitäten und absurde Grenzen

Nino Haratischwili lebt in Hamburg und schreibt auf DeutschBild: picture-alliance/dpa/A. Arnold

Die Schriftstellerin Nino Haratischwili freute sich: Seit sie in Deutschland sei, müsse sie sich zum ersten Mal nicht zwischen zwei Ländern und zwei Kulturen bewegen. "Hier sind sie zum ersten Mal vereint." Georgien ist ihre erste Heimat, aber seit fünfzehn Jahren lebt die Autorin und Theaterfrau in Deutschland, sie übersetzt Werke ihrer Kollegen - und vor allem schreibt sie selbst auf Deutsch. Immer wieder wird sie gefragt, wieso: "Ich schreibe auf Deutsch, weil ich es kann!", betont sie. Es scheint ihr die richtige Sprache, auch gerade, um über ihr Heimatland zu schreiben.

"Unsere Identitäten sind durch Grenzen geformt. Die Welt aber ist geradezu besessen von diesem Begriff. Wir teilen in Hier und Dort, in Richtig und Falsch. Ausgrenzung ist salonfähig geworden. Es scheint salonfähig geworden, darüber zu diskutieren, ob man Menschen in ihrem bittersten Überlebenskampf ertrinken lassen soll." Ihre Identität und vermutlich die unzähliger Anderer sei fließend geworden. Grenzen seien absurd geworden, diese Geschichten müsse man erzählen. "Denn gute Bücher können Empathie in uns wachrufen."

Aka Morchiladze: Georgien ist ein Land der Poesie

Aka Morchiladze spricht über Georgiens Dichter und SchriftstellerBild: picture-alliance/dpa/A. Dedert

Den größten Beifall bekam Aka Morchiladze als Gastredner. "Für uns bedeutet unsere Kultur unser Leben. Unsere Geschichte ist die Geschichte unseres Überlebens", sagt der bekannte Erzähler und Fernseh-Autor. In seinen Romanen "Der Filmvorführer" und "Reise nach Karabach" hat er sich mit den Umbrüchen der jüngsten georgischen Geschichte beschäftigt, das kleine Land am Fuß des Kaukasus als kulturellen Begegnungsraum und Konfliktzone ausgeleuchtet. Trotz seines Erfolgs sieht er sich als Prosaautor in der zweiten Reihe. "Georgien ist ein Land der Poesie. Die Dichter waren immer unsere Helden." Was einen georgischen Schriftsteller ausmacht, drückt er in einem schönen Paradoxon aus: "Ein georgischer Schriftsteller ist immer ein Mensch, der dort steht, wo niemand ist, aber gleichzeitig ist er da, wo sich alle versammeln."

Fünf Tage lang versammeln sich siebzig dieser Menschen auf der Frankfurter Buchmesse. Schätzungsweise 300.000 Besucher könnten ihnen zuhören.

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