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Frankreich beansprucht weiter Macht in Afrika

Kerstin Winter 10. November 2004

Die jüngsten Unruhen in der Republik Elfenbeinküste sind auch eine Reaktion auf das Bestreben Frankreichs, seinen Einfluss in Afrika zu sichern. Auch andere Länder beginnen sich gegen die frühere Kolonialmacht zu wehren.

Demonstranten an der Elfenbeinküste protestieren gegen die frühere KolonialmachtBild: AP

Die Beziehungen zu afrikanischen Ländern haben seit jeher einen hohen Stellenwert in der französischen Außenpolitik. Der ehemalige Präsident François Mitterrand sagte nach seinem Amtsantritt einmal: "Der Dritten Welt helfen heißt, uns selbst zu helfen, um die Krise zu überwinden". Auch der jetzige Präsident Jacques Chirac wahrt die politischen, wirtschaftlichen und militärischen Interessen in Afrika. So lange es der Wirtschaft hilft, wird sich die französische Politik in Afrika vermutlich auch nicht ändern, sagen Kritiker.

Geschäfte mit der Hälfte Afrikas

Diese Politik ist nach wie vor von der kolonialen Vergangenheit geprägt. Das Interesse Frankreichs richtet sich vor allem auf die Beziehungen zu den afrikanischen Ländern südlich der Sahara. Für über 30 Staaten, darunter 17 unter ehemaliger französischer Kolonialherrschaft, ist ein spezielles Ministerium für Zusammenarbeit zuständig (Ministère de la coopération). Der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Interessen liegt hierbei im Südwesten Afrikas - Angola, Kongo (Brazaville) und Gabun. Dort fördert Frankreich vorwiegend Öl.

Aber auch die Zentralafrikanische Republik und die Demokratische Republik Kongo spielen bei der Ressourcenausbeutung von Diamanten, Holz und Coltan - einem wichtigen Grundstoff bei der Mobiltelefonherstellung - eine große Rolle. "Der Tschad kann als Hinterhof Frankreichs in Afrika bezeichnet werden", sagt Ulrich Delius von der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). Dort befindet sich der wichtigste französische Militärstützpunkt auf dem Kontinent. Deshalb wird auch die Situation in der Krisenregion Darfur im Westsudan von Frankreich genau beobachtet, denn im Tschad herrschen ähnliche ethnische Strukturen und ein Übergreifen der Kämpfe soll verhindert werden.

Zuckerbrot und Peitsche

Die Beziehungen zu den übrigen Entwicklungsländern werden vom französischen Außenministerium koordiniert. Die starke Präsenz Frankreichs in Afrika scheint gesichert. Drei Viertel der öffentlichen bilateralen Entwicklungshilfe ging in den 1990er-Jahren nach Afrika. Neben der Basis im Tschad gibt es noch vier weitere ständige französische Militärstützpunkte (Elfenbeinküste, Senegal, Gabun und Djibouti). Allein im französischsprachigen Teil des Kontinents finanziert Frankreich über 70 Kulturinstitute mit rund 700 Bibliotheken.

Auch wirtschaftlich bestehen enge Beziehungen: Die früheren Kolonien sind durch ihre Zugehörigkeit zu einem gemeinsamen Währungsraum, der "Franc-Zone", eng an die französische Währungs- und Kreditpolitik gebunden. Es ist kein Zufall, dass manche französischen Botschafter mächtiger sind als die afrikanischen Präsidenten. Überall in Afrika herrscht ein ähnliches Muster - denn um den Rohstoffmarkt in Frankreich zu sichern, muss die französische Macht in Afrika erhalten bleiben. "Die afrikanischen Regierungen hängen am Tropf der Industrienationen und deshalb kann erpresst und gedroht werden", sagt Delius (siehe Interview). Die Korruption tut das Übrige: Lokale Eliten bekommen ein großes Stück vom Kuchen und lassen Frankreich gewähren. Die Europäische Union interveniert nicht, da Frankreich wegen seiner langen Erfahrung als Kolonialmacht in der EU die "Experten-Rolle" für Afrika übernommen hat.

Fragwürdige Unterstützung

Die französische Entwicklungspolitik in Afrika ist dennoch umstritten. Mehrfach ist die Forderung nach einer ausgewogenen Politik für alle Entwicklungsländer erhoben worden. Auch die häufigen Militärinterventionen Frankreichs in Afrika - wie zum Beispiel in der Republik Elfenbeinküste, der Demokratischen Republik Kongo oder im Tschad - und die Unterstützung fragwürdiger Regierungen sind als Zeichen einer Einflusspolitik im ehemaligen Kolonialraum kritisiert worden. So versucht Frankreich seit Jahren den Sudan bei der internationalen Gemeinschaft wieder hoffähig zu machen. Und im Gegenzug garantiert der Sudan Frankreich ein reibungsloses Ölgeschäft im Land. Zudem verspricht sich Frankreich durch gute Beziehungen zum Sudan, sein Image bei anderen islamischen Staaten in Afrika wie Marokko aufzubessern.

Kolonialherrenansprüche

Doch die Konkurrenz schläft nicht - für die USA wird Afrika als Öl-Liferant zunehmend wichtiger. Die Franzosen glauben an die "Dominotheorie", dass der eigene politische und wirtschaftliche Einfluss bewahrt werden muss, da die USA sonst alles umstürzen könnte. Widerstand keimt in manchen Ländern auf, die sich die französischen Machtansprüche nicht mehr bieten lassen wollen. Allen voran Angola: Die dortige Regierung will Frankreich jetzt die Lizenzen zum Ölbohren entziehen. Im Tschad gibt es seit längerem viel Kritik unter der Zivilbevölkerung und an der Elfenbeinküste wird Frankreich längst als Kolonialmacht und nicht als Friedensstifter wahrgenommen.

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