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Politik

Gedenkfeier für ermordeten Lehrer in Paris

21. Oktober 2020

Bei einer Gedenkfeier in der Pariser Universität Sorbonne hat Präsident Emmanuel Macron den Lehrer Samuel Paty gewürdigt, der einem islamistischen Anschlag zum Opfer fiel. Dieser sei zum "Gesicht der Republik" geworden.

Frankreich | Paris | Macron bei der Gedenkzeremonie für den Lehrer Samuel Paty 21.10.2020
Präsident Emmanuel Macron bei der Gedenkzeremonie für den Lehrer Samuel Paty Bild: Francois Mori/Pool/Reuters

Im Innenhof der traditionsreichen Universität nahm Staatspräsident Emmanuel Macron zunächst die mutmaßlichen Helfer des Attentäters ins Visier. Er bezeichnete diejenigen, die den Namen des brutal ermordeten Lehrers Samuel Paty an "Barbaren" ausgeliefert hätten, als "Feiglinge". Der 47-Jährige habe das Unterrichten leidenschaftlich geliebt. Er habe Bücher geliebt und sei ein Lehrer, den man nicht vergessen werde. "Samuel Paty wurde am Freitag zum Gesicht der Republik", sagte Macron mit Tränen in den Augen.

Der Präsident zeichnete Paty posthum mit der höchsten Ehrung Frankreichs, dem Orden der Ehrenlegion, aus. Zuvor war der Sarg zu dem Lied "One" der Band U2 in den Innenhof der Sorbonne getragen worden. Zahlreiche Mitglieder der Regierung waren anwesend, darunter auch Ex-Präsident François Hollande.  

Der Sarg mit dem toten Samuel Paty wird in den Innenhof getragenBild: Francois Mori/Pool/Reuters

Landesweites Entsetzen

Der 47-jährige Lehrer war am Freitag Ermittlern zufolge von einem 18-Jährigen attackiert und getötet worden. Die Leiche des Lehrers wurde enthauptet aufgefunden. Der Angreifer mit tschetschenischen Wurzeln wurde von Polizisten erschossen. Das Verbrechen in einem Pariser Vorort löste im ganzen Land Entsetzen aus. Am Wochenende waren Zehntausende auf die Straße gegangen, um sich solidarisch zu zeigen. Ermittler gehen davon aus, dass Paty ermordet wurde, weil er im Unterricht Karikaturen des Propheten Mohammed gezeigt hatte.

Bereits 2015 hatte es mit dem damaligen Präsidenten Hollande eine Gedenkfeier an die Opfer der Anschläge vom 13. November in der Sorbonne gegeben. Bei den Anschlägen in Paris hatten Islamisten mehrerer Terrorkommandos 130 Menschen ermordet.

Der berühmte Innenhof der Pariser SorbonneBild: Francois Mori/Pool/Reuters

Langer Kampf gegen Islamismus

Macron hatte direkt nach dem Angriff auf den Lehrer von einem islamistischen Terrorakt gesprochen. Am Mittwoch stimmte er seine Landsleute auf einen langen Kampf gegen den radikalen Islamismus eingestimmt. Eine "Schlacht" müsse in den Bereichen Sicherheit, Erziehung und Kultur geführt werden, und "sie wird dauern", zitierte Regierungssprecher Gabriel Attal den Staatschef.

Der Anti-Terror-Staatsanwalt Jean-François Ricard sagte, dass nach dem mutmaßlich terroristisch motivierten Anschlag 16 Menschen in Polizeigewahrsam genommen worden seien. Neun von ihnen wurden wieder freigelassen. Gegen die restlichen sieben gebe es schwere Vorwürfe, unter anderem wegen Beihilfe zu einem Mord mit Terrorhintergrund. Nun müssen Ermittlungsrichter über den weiteren Fortgang entscheiden. Bisher wurden keine formalen Ermittlungsverfahren gegen die Verdächtigen eröffnet. Unter den Verdächtigen ist der Vater einer Schülerin, der im Netz gegen den Lehrer mobilisiert hatte. Es seien mehrere Nachrichten zwischen dem Vater und dem Angreifer vor der Tat ausgetauscht worden, so Ricard. Vorwürfe gibt es auch gegen zwei Minderjährige im Alter von 14 und 15 Jahren. Die Untersuchung habe ergeben, diese Paty gegen Geld identifiziert hätten.

Mit "Ich bin Lehrer"-Plakaten solidarisierten sich viele Französinnen und Franzosen mit dem ErmordetenBild: Charles Platiau/Reuters

Neue Drohungen

Die umstrittenen Mohammed-Karikaturen sind bereits 15 Jahre alt - und lieferten dennoch den Anstoß für einen mutmaßlich islamistisch motivierten Mord und nun auch neue Drohungen in Frankreich: Die in Tours erscheinende Regionalzeitung "La Nouvelle Republique" wird nach Angaben eines Journalisten bedroht, nachdem sie die Zeichnungen auf der Titelseite ihrer Sonntagsausgabe platziert hatte. Das Blatt geht nach eigenen Angaben gegen mehrere Äußerungen unter anderem auf Facebook juristisch vor. Man habe sich für den erneuten Abdruck entschieden, um auf eine Gefahr durch Islamismus hinzuweisen.

Es handelte sich damit um eine Reaktion auf die Ermordung Patys. Der Lehrer hatte die Karikaturen in einer Unterrichtsstunde zum Recht auf Meinungsfreiheit exemplarisch verwendet. Muslimischen Schülern hatte er die Teilnahme an der Stunde freigestellt. Im Islam gelten Bilder des Propheten als Blasphemie.

kle/ehl/AL (dpa, afp)