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PolitikFrankreich

Frankreich vor steinigem Weg zur nächsten Regierung

8. Juli 2024

Nach dem überraschenden Ausgang der Parlamentswahl in Frankreich beginnen die politischen Gespräche. Weil kein Bündnis die absolute Mehrheit errungen hat, ist unklar, wer die nächste Regierung anführt.

Nahaufnahme von Präsident Emmanuel Macron, der mit ernster Miene nach unten blickt
Präsident Macron hatte die Parlamentswahlen vorgezogen, jetzt steht das Land vor einem politischen PattBild: Ludovic Marin/AFP/Getty Images

Premierminister Gabriel Attal hatte noch am Wahlabend angekündigt, am Montag bei Präsident Emmanuel Macron seinen Rücktritt einzureichen. Gleichzeitig signalisierte Attal aber seine Bereitschaft, bis zur Bildung einer neuen Regierung weiter im Amt zu bleiben. Tatsächlich lehnte Macron das Rücktrittsgesuch "vorerst" ab und bat Attal, im Amt zu bleiben, um "die Stabilität des Landes zu wahren", wie es in Paris aus dem Elyséepalast hieß. Es wird damit gerechnet, dass Macron die komplizierte Regierungsbildung bis auf die Zeit nach den Olympischen Spielen verschiebt. 

Hat nach der Wahl seinen Rücktritt angeboten: Frankreichs Premierminister Gabriel AttalBild: Blondet Eliot/Abaca/IMAGO

Nicht Erster, sondern Dritter

Nachdem in der ersten Runde der Parlamentswahl vor einer Woche der rechtspopulistische Rassemblement National (RN) vorn gelegen hatte, waren der Partei von Marine Le Pen gute Chancen vorausgesagt worden, auch in der zweiten Runde zu triumphieren. Stattdessen wurde jedoch das Linksbündnis "Neue Volksfront" (NFP) stärkste Kraft. Der RN landete lediglich auf dem dritten Platz hinter dem Regierungslager von Präsident Macron.

Klar ist: Frankreich muss sich auf eine Zeit großer politischer Instabilität einstellen. Die drei großen Blöcke in der Nationalversammlung könnten sich gegenseitig blockieren, die Regierung lähmen und das Land in eine politische Krise stürzen. Das links-grüne Bündnis ist mit dem Macron-Lager verfeindet und auch intern uneinig.

Der links-radikale Parteiführer Jean-Luc Mélenchon möchte neuer französischer Premier werdenBild: Thomas Padilla/AP Photo/picture alliance

Der frühere Parteichef der linkspopulistischen Partei La France Insoumise (LFI), Jean-Luc Mélenchon, erhob noch am Wahlabend Anspruch auf die Regierungsbildung für sein Wahlbündnis. LFI bildet die größte Gruppe innerhalb des Bündnisses, Mélenchon ist bei den anderen beteiligten Parteien aber unerwünscht. Linkspopulisten, Sozialisten, Kommunisten und Grüne hatten vor der ersten Runde der Parlamentswahl trotz vieler Differenzen überraschend ein Bündnis geschmiedet.

Wer soll für das Amt des Premiers kandidieren?

Auf einen gemeinsamen Kandidaten für das Amt des Premierministers konnten sich das links-grüne Wahlbündnis bislang nicht einigen. "Ist das die größte Krise der Fünften Republik?", kommentierte Gael Sliman vom Umfrageinstitut Odoxa. Präsident Macron habe sich durch die von ihm einberufenen Neuwahlen Klarheit erhofft; "nun befinden wir uns in totaler Unklarheit - in einem sehr dichten Nebel".

Macron hatte die vorgezogene Parlamentswahl nach dem schlechten Abschneiden seines Regierungslagers und dem Erfolg des RN bei der Europawahl einberufen. Nach Auszählung aller Wahllokale stellt das Linksbündnis künftig 180 Abgeordnete und verfehlt die absolute Mehrheit von 289 Mandaten damit deutlich. Zweitgrößter Block im künftigen Parlament ist das bisherige Regierungslager mit 158 Mandaten, ein deutliches Minus. Bislang war das Regierungslager unter Präsident Macron mit 250 Abgeordneten in der Pariser Nationalversammlung vertreten.

Bardella spricht von einem "Bündnis der Schande"

Der Rassemblement National errang 143 Mandate und damit so viele wie noch nie. Zuletzt war der RN in Paris mit 88 Mandaten vertreten. Fraktionschefin Le Pen betonte, der Sieg ihrer Partei sei "nur aufgeschoben". RN-Spitzenkandidat Jordan Bardella prangerte mit Blick auf das Linksbündnis und das Regierungslager ein "Bündnis der Schande" an, das die Franzosen einer "Politik des Aufschwungs" beraubt habe. Der RN sei mehr denn je die "einzige Alternative".

Jordan Bardella vom Rassemblement National ist enttäuscht über den dritten PlatzBild: Raphael Lafargue/abaca/picture alliance

In der zweiten Wahlrunde hatten zahlreiche Kandidaten des Linksbündnisses und des Regierungslagers zugunsten des jeweils anderen auf eine erneute Kandidatur verzichtet, um so einen Durchmarsch der Rechtspopulisten zu verhindern. Tausende Menschen feierten am Wahlabend im Zentrum von Paris erleichtert die Niederlage der Rechtspopulisten.

Auf dem Place de la République erklangen Freudenschreie, als kurz nach Schließung der Wahllokale die ersten Prognosen veröffentlicht wurden. Dabei geriet ein Teil der Demonstranten nach Medienberichten mit Ordnungskräften aneinander, die daraufhin Tränengas einsetzen. Barrikaden aus Holz wurden in Brand gesetzt. Auch in Lille, Rennes und Nantes kam es zu Auseinandersetzungen.
 

haz/sti (afp, dpa, rtr)

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