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PolitikAfrika

Frankreichs Einfluss in Afrika schwindet

Cai Nebe | Kossivi Tiassou
8. Januar 2025

Während französische Truppen die Elfenbeinküste verlassen, wirft Präsident Macron seinen westafrikanischen Verbündeten Undankbarkeit für Frankreichs jahrelangen Militäreinsatz vor.

Frankreich Mali - Militär Konflikte
Der Abzug seiner Soldaten aus Mali (Archivbild) läutete das Ende französischer Militärpräsenz in Westafrika einBild: Frederic Petry/Hans Lucas/picture alliance

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat mit Äußerungen über die mangelnde Dankbarkeit afrikanischer Staaten für den Militäreinsatz in der Sahelzone für heftige Kritik gesorgt. Bei einem Treffen mit französischen Botschaftern beklagt er, afrikanische Staaten hätten offenbar "vergessen, Danke zu sagen" für Frankreichs Militäreinsatz gegen islamistische Aufstände in der Sahelzone. 

Zuvor hatte der Präsident der Elfenbeinküste, Alassane Ouattara, bekanntgegeben, das 43. BIMA-Marine-Infanteriebataillon in Port-Bouet in Abidjan solle noch in diesem Monat an die einheimischen Streitkräfte übergeben werden. Mit dem Abzug seiner Truppen aus der Elfenbeinküste verfügt Frankreich in Afrika nur noch über Truppen in Dschibuti und Gabun. 

Die militärische Zusammenarbeit zwischen Frankreich und der Elfenbeinküste wird auch nach dem Abzug der französischen Soldaten aus Abidjan fortgesetztBild: Sylvain Cherkaoui/AP/picture alliance

Seidik Abba, Präsident des Centre international de réflexions et d'études sur le Sahel (CIRES), ordnet den Entschluss ein: "Es gibt innenpolitische Überlegungen, da in der Elfenbeinküste 2025 Präsidentschaftswahlen anstehen, die sind mit vielen Unsicherheiten behaftet."

Ouattara ist seit 2010 an der Macht. Er hatte betont, dass die für Oktober 2025 angesetzten Wahlen "friedlich" sowie "transparent und demokratisch" sein würden. Der 83-Jährige äußerte sich nicht dazu, ob er eine vierte Amtszeit anstreben werde.

Regionale Erwägungen

Für Abba ist Ouattaras Ankündigung jedoch auch ein Hinweis auf die antifranzösische Stimmung, die sich in den vergangen zehn Jahren in Westafrika breitgemacht hat. "In der Region weht derzeit ein Wind der Souveränität, und die ivorischen Behörden wollen mit dieser Ankündigung ihr Festhalten an dieser Forderung bekräftigen", sagte Abba der DW. 

Ouattara hatte in seiner Rede unterstrichen: "Wir können stolz auf unsere Armee sein, die jetzt modernisiert ist. In diesem Zusammenhang haben wir den abgestimmten und organisierten Abzug der französischen Streitkräfte aus der Elfenbeinküste beschlossen."

Beobachter sehen darin ein Indiz, dass die Entscheidung in gegenseitigem Einvernehmen zwischen Frankreich und der Elfenbeinküste getroffen wurde. "Diese Sichtweise macht insofern Sinn, als sie es sowohl Frankreich als auch der Elfenbeinküste ermöglicht, den Schein zu wahren und gleichzeitig zu zeigen, dass die Elfenbeinküste weiterhin Teil der in der Region zu beobachtenden souveränen Dynamik ist", so Abba.

Präsident Alassane Ouattara bleibt ein wichtiger Verbündeter Frankreichs in WestafrikaBild: Denis Balibouse/KEYSTONE/REUTERS/POOL/dpa/picture alliance

Unmut über Macrons Äußerungen regte sich unter anderem im Tschad: Für Präsident Mahamat Idriss Déby Itno offenbarten sie "eine Haltung, die aus einer vergangenen Ära stammt", und sprach von "Verachtung gegenüber Afrika und Afrikanern". Und Senegals Premierminister Ousmane Sonko kritisierte: "Frankreich hat weder die Kapazität noch die Legitimität, Afrikas Sicherheit und Souveränität zu garantieren." 

Französisches Militär aus Westafrika verdrängt

Frankreich bereitet seit Jahren eine "Neuordnung" der militärischen Beziehungen vor, die es nach dem erzwungenen Abzug seiner Truppen aus Mali, Burkina Faso und Niger als "Reorganisation" bezeichnet. 

Im Dezember 2024 kündigten der Senegal und der Tschad im Abstand von wenigen Stunden den Abzug französischer Soldaten aus ihren Ländern an. Am 26. Dezember gab Frankreich den ersten Militärstützpunkt an den Tschad zurück - das letzte Land der Sahelzone, in dem französische Truppen stationiert waren.

Laut Alex Vines, Direktor des Afrika-Programms der britischen Denkfabrik Chatham House, wurde Paris von diesen Entwicklungen überrascht: "Frankreich hatte einen schrittweisen Rückzug geplant und gehofft, eine Art kleinerer Präsenz beizubehalten", sagte er der DW.

Um eine ähnliche Überraschung in der Elfenbeinküste zu vermeiden, habe Paris eine Vereinbarung mit Abidjan getroffen, so Analyst Seidik Abba. Aber für die südafrikanische Politologin Tessa Dooms ist das Ringen der Elfenbeinküste um ein Gleichgewicht zwischen internationalen Partnerschaften und Regierungssystemen unter Berücksichtigung der nationalen Sicherheit sinnbildlich für die Entwicklungen des vergangenen Jahrzehnts in der Sahel-Region

"Die Regime in der Sahelzone beweisen, dass Systeme, die die Menschen für unanfechtbar hielten -  wie die Demokratie - verwundbar sind", sagt Dooms im DW-Gespräch. Insbesondere in einer Zeit, da neue afrikanische Führer auftauchten. Eigentlich seien diese internen Debatten um afrikanische Lösungen gesund.

Problematisch seien hingegen Strategien des Teilens und Herrschens, um externe Interessen des Kontinents durchzusetzen. Das sei Afrikas chronisches Problem. Wenn die Sahelzone die Franzosen abschüttle, bedeute das letztlich, "die Hände anderer zu schütteln".

Frankreich wird ein Verbündeter bleiben

Andere Sahel-Staaten wie Mali und Burkina Faso haben Russland um militärische Unterstützung bei der Bekämpfung dschihadistischer Aufstände gebeten - mit gemischtem Erfolg.

Französische Truppen übergeben 2022 die Militärbasis Gossi an die malische Armee und verlassen das Land nach neun Jahren EinsatzBild: Etat-Major des Armees/ABACAPRESS.COM/picture alliance

Laut dem Analysten Abba fällt die Elfenbeinküste nicht in diese Kategorie. Frankreichs Truppenabzug ist keine Aufkündigung von Verteidigungsabkommen, wie es in Mali, Burkina Faso und Tschad der Fall war. "Die militärische Zusammenarbeit zwischen Frankreich und der Elfenbeinküste wird fortgesetzt." 

Es werde immer französische Militärangehörige im Land geben, insbesondere für den Austausch und die Ausbildung. Die Übergabe bedeute also kein Ende dieser Zusammenarbeit, da sie keinen Bruch des Abkommens darstelle.

Die Elfenbeinküste bleibt ein strategischer Verbündeter Frankreichs in Westafrika. Bislang sind rund 1000 französische Soldaten im Rahmen der 43. BIMA im Einsatz - sie spielen eine wichtige Rolle im Kampf gegen Dschihadisten, die in der Sahelzone und im Norden des Golfs von Guinea operieren.

Doch auch abseits von militärischen Partnerschaften verändert sich die Landschaft der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen in der Sahelzone rapide. Geopolitische Organisationen wie die BRICS-Staaten (Mitglieder sind u.a. Brasilien, Russland, Indien und die Vereinigten Arabischen Emirate) haben an Bedeutung und Mitgliederzahl zugenommen. China ist auch weiterhin ein alternativer Handels- und Geschäftspartner abseits der westlichen Partner, die teils auch ehemalige Kolonialmächte sind.

Für die Analystin Tessa Dooms gibt es jedoch keine zentrale Richtlinie für die einzelnen Länder, lediglich eine Reihe von bilateralen Abkommen. "Aber wenn es darum geht, wie man sich BRICS, China oder den Vereinigten Staaten nähert, hat die Afrikanischen Union in den letzten fünf Jahren an Bedeutung verloren, und zwar fast vollständig. Das ist eigentlich ziemlich beunruhigend."