Frankreichs Premier Lecornu tritt zurück
6. Oktober 2025
Wenige Stunden nach der Vorstellung des neuen Kabinetts hat Frankreichs Ministerpräsident Sébastien Lecornu überraschend seinen Rücktritt eingereicht. Staatschef Emmanuel Macron habe das Gesuch des 39-Jährigen angenommen, teilte der Élysée-Palast in Paris mit.
In einer Stellungnahme vor dem Regierungssitz erklärte Lecornu: "Die politischen Parteien nehmen weiterhin eine Haltung ein, als hätten sie alle die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung." Er sei zu Kompromissen bereit gewesen, "aber jede politische Partei will, dass die andere politische Partei ihr gesamtes Programm übernimmt". Im Parlament hat kein Lager eine eigene Mehrheit.
Kein "Neuanfang" mit Lecornu
Lecornu hatte mit der Verteilung der Schlüsselressorts die mitregierenden Konservativen gegen sich aufgebracht. Die neue Regierung entspreche nicht dem von Lecornu versprochenen "Neuanfang", betonte der rechtskonservative Innenminister und Républicain-Vorsitzende Bruno Retailleau. Er kritisierte insbesondere die Ernennung des langjährigen Wirtschafts- und Finanzministers Bruno Le Maire, der Macrons Mitte-Lager angehört, zum Verteidigungsminister.
Auch bei der Opposition sorgte das weitgehend unveränderte Kabinett für Unmut. Der am Sonntag vorgestellten Kernmannschaft der neuen Regierung mit 18 Ministern gehören zwölf bisherige Amtsinhaber an. Mehrere der wenigen Neuzugänge sind - wie Le Maire - ehemalige Kabinettsmitglieder. Die neu ernannte Regierung bleibt vorerst geschäftsführend im Amt.
Macron massiv unter Druck
Mit Lecornus Rücktritt hat sich die politische Krise in Frankreich massiv verschärft, die Präsident Macron stark unter Druck setzt. Er ist jetzt gezwungen, zum dritten Mal in diesem Jahr auf die Suche nach einem neuen Premierminister zu gehen. Hintergrund der Krise ist der Streit um den Haushalt für das kommende Jahr, in dem Frankreich angesichts seiner Staatsfinanzen massive Einschnitte bei öffentlichen Ausgaben bevorstehen.
Die rechtspopulistische Partei Rassemblement National (RN) forderte umgehend die Auflösung der Nationalversammlung und Neuwahlen. Dies hatte Macron bislang ausgeschlossen. Die linkspopulistische Partei La France Insoumise (LFI) verlangte darüber hinaus die "Absetzung von Macron". Die Sozialisten gaben sich zunächst zurückhaltender.
Lecornus Vorgänger François Bayrou war Anfang September - im Konflikt um den Sparhaushalt - über eine Vertrauensfrage im Parlament gestürzt. Frankreich hat mit rund 3,3 Billionen Euro die höchsten Schulden innerhalb der Europäischen Union.
wa/pgr (afp, dpa, rtr)
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