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Polizistenmörder war als Terrorist bekannt

14. Juni 2016

Der Geiselnehmer von Magnanville hat sich nicht nur zum "Islamischen Staat" bekannt - er saß sogar wegen eines einschlägigen Delikts im Gefängnis. Die Anti-Terror-Abteilung übernahm die Ermittlungen.

Polizeifahrzeug am Tatort (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/Reuters TV

Frankreichs Präsident François Hollande erklärte, der Angriff sei "unbestreitbar ein terroristischer Akt". Ähnlich hatte sich zuvor Innenminister Bernard Cazeneuve geäußert. Der mutmaßliche Polizistenmörder, Larossi Abbala, war wegen "Bildung einer kriminellen Vereinigung zur Vorbereitung von Terrorakten" 2013 zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Wie die Polizei bestätigte, ging es in dem Prozess um ein Netzwerk, das Dschihadisten in das pakistanisch-afghanische Grenzgebiet brachte.

Frankreich: Vorbestrafter Islamist tötet Polizisten und dessen Frau

01:10

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Im Zuge der Ermittlungen sind inzwischen zwei Menschen in Gewahrsam genommen worden. Sie stünden "in Verbindung" zu dem Angreifer Abballa, verlautete aus Polizeikreisen.

Abbala hatte am Montagabend im Pariser Vorort Magnanville zunächst einen 42-jährigen Polizisten erstochen, wobei er nach Zeugenberichten "Allahu akbar" (arabisch für: Gott ist groß) gerufen haben soll. Danach nahm er Frau und Kind des Polizisten als Geisel und verschanzte sich in deren Wohnung. Sondereinheiten der Polizei stürmten die Wohnung und töteten dabei den Geiselnehmer, wie das Innenministerium mitteilte. Laut Polizeiquellen war der Attentäter, ein 25-jähriger Franzose, in der Vergangenheit auch wegen Raubes und anderer Gewaltdelikte angeklagt.

"Unter Schock, aber unverletzt"

Die Frau des getöteten Polizisten, die als Beamtin für das Innenministerium gearbeitet hatte, sei tot aufgefunden worden, sagte ein Ministeriumssprecher. Der dreijährige Sohn des Paars sei in der Wohnung "unter Schock, aber äußerlich unverletzt" gefunden und in Sicherheit gebracht worden. Die Verhandlungen mit dem Täter hätten kein Ergebnis gebracht, weswegen der Befehl zur Erstürmung des Hauses gegeben worden sei, sagte der Sprecher.

Die Anti-Terror-Abteilung der Pariser Staatsanwaltschaft übernahm noch in der Nacht die Ermittlungen, da sich der Geiselnehmer in den Verhandlungen zur Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) bekannt habe. Der Staatsanwaltschaft liegen nach Angaben aus Justizkreisen Anhaltspunkte für eine radikalislamische Motivation des Täters vor. Dafür sprächen "das Vorgehen, das Ziel der Tat und Äußerungen, die er in den Verhandlungen mit der Spezialeinheit gemacht hat", hieß es bei der Justiz. Angaben zur Identität des Täters lagen zunächst nicht vor.

Der Polizist wurde vor seinem Haus in Magnanville erstochenBild: Getty Images/AFP/M. Alexandre

Auch der IS hat die Geiselnahme als Tat eines ihrer Kämpfer bezeichnet. Die auf Auswertung islamistischer Nachrichtenseiten im Internet spezialisierte SITE-Gruppe aus den USA zitierte eine Meldung der Nachrichtenagentur Amaq: "Kämpfer des islamischen Staats tötet Vizechef der Polizeistation von Les Mureaux und seine Frau mit Stichwaffen nahe Paris. Amaq gilt als Sprachrohr des IS. Belege für eine Verbindung des Täters zum IS legte Amaq nicht vor. Über die Agentur hatte sich die Miliz bereits zu dem Anschlag auf einen Nachtclub im US-Bundesstaat Florida in der Nacht zu Sonntag bekannt."

Präsident François Hollande rief für den frühen Morgen seine Berater zusammen. Innenminister Bernard Cazeneuve äußerte in einer Stellungnahme "unendliches Bedauern" und sprach den Angehörigen des Paares sein Beileid aus.

Aufruf zu Anschlägen während Ramadan

Der IS hatte seine Anhänger zu Anschlägen in Europa und den USA während des Fastenmonats Ramadan aufgerufen. Der Ramadan begann Anfang Juni, nahezu parallel mit der Fußball-Europameisterschaft in Frankreich. Wegen drohender Anschläge bei dem Großereignis verlängerte Frankreich den Ausnahmezustand für zwei Monate.

Vor sieben Monaten waren bei koordinierten Anschlägen auf Cafes und eine Konzerthalle in Paris über 100 Menschen ums Leben gekommen. Ziel war auch das Fußballspiel Frankreich-Deutschland. Die Extremisten konnten jedoch nicht in das Stadion eindringen, Sprengsätze wurden aber davor gezündet.

Der französische Geheimdienst hat bereits davor gewarnt, dass der IS sich für eine Welle von Bombenanschlägen auf Menschenmengen während der Fußball-Europameisterschaft rüstet. Die EM dauert bis zum 10. Juli. Zu den 51 Spielen in zehn Stadien werden mehr als 2,5 Millionen Besucher erwartet.

as/jj (dpa, afp, rtr)