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Politik

Franzosen in Deutschland strafen Le Pen ab

24. April 2017

Rund 36.000 französische Staatsbürger sind am Sonntag in Deutschland zur Wahl gegangen. Ihr Lieblingskandidat: Emmanuel Macron. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu ihrem Wahlverhalten und Einfluss im Überblick.

Deutschland Berlin Wahl Frankreich
Der Schein trügt: Lange Warteschlangen wie auf dem Pariser Platz in Berlin waren kein Zeichen hoher WahlbeteiligungBild: picture-alliance/dpa/P. Zinken

Wer darf wählen?

Bisher durften Franzosen, die im Ausland leben, erst ein einziges Mal mitbestimmen, wer in Frankreich in den Élysée-Palast einzieht: 2012, als der inzwischen so unbeliebte François Hollande zum Staatspräsidenten gewählt wurde. Den Weg zum neuen Wahlrecht ebnete 2008 eine Verfassungsreform, nach der Auslandsfranzosen sowohl an der Präsidentschaftswahl und als auch an der Wahl zur Nationalversammlung teilnehmen dürfen.

Nach offiziellen französischen Schätzungen leben derzeit rund 2,5 Millionen Franzosen im Ausland. Knapp 1,8 Millionen von ihnen waren 2016 bei Konsulaten registriert - etwa vier Prozent mehr als im Vorjahr. In Deutschland leben etwa 114.000 registrierte französische Staatsbürger, rund 72.000 von ihnen sind bei der diesjährigen Präsidentschaftswahl als Wähler registriert.

Wie hoch ist die Wahlbeteiligung?

Bei Präsidentschaftswahlen ist die Beteiligung in Frankreich traditionell hoch. Auch beim ersten Wahlgang am vergangenen Sonntag gaben rund 80 Prozent der Wahlberechtigten in Frankreich ihre Stimme ab. Anders sah es bei den in Deutschland lebenden Franzosen aus: Nur etwa die Hälfte derjenigen, die sich als Wähler gemeldet hatten, ging tatsächlich wählen. Ein Grund dafür könnten die hohen formalen Hürden sein: Eine Briefwahl gibt es nicht. Wer sein Kreuz machen will, muss ein Konsulat aufsuchen oder jemanden damit beauftragen.

Nicht nur in Deutschland führten organisatorische Schwierigkeiten am Sonntag zu langen Schlangen und teilweise zu stundenlangen Wartezeiten. Laut Stefan Seidendorf, dem stellvertretenden Direktor des Deutsch-Französischen Instituts, ist das nichts Neues. "Alle Botschaften haben das Problem, dass sie keine Standesämter oder Verwaltungen sind, sondern diplomatische Einrichtungen. Ab und zu müssen sie dann aber doch Pässe oder Geburtsurkunden ausstellen oder eben Wahlen durchführen. Dafür sind sie personell nicht richtig ausgestattet." In Frankreich gebe es immer wieder Bestrebungen, eine Briefwahl einzuführen, bis jetzt sei das jedoch nicht gelungen, so Seidendorf.

Wer hat die größten Chancen und warum?

Ginge es nach den Franzosen in Deutschland, wäre der Vorsprung Emmanuel Macrons nicht hauchdünn, sondern kaum aufzuholen. Das zeigen vorläufige Wahlergebnisse, die von der französischen Botschaft in Deutschland veröffentlicht wurden. Während der 39-jährige Liberale insgesamt mit 23,9 Prozent in die Stichwahl am 7. Mai einzieht, kam er bei den in Deutschland lebenden Franzosen auf gut 55 Prozent. Seine Konkurrentin vom Front National, Marine Le Pen, bekam in Deutschland dagegen nur magere 3,4 Prozent der gültigen Stimmen. Insgesamt liegt sie aber mit 21,4 Prozent dicht hinter Macron.

Warb im März um die Gunst der französischen Wähler in Berlin: Präsidentschaftskandidat Emmanuel MacronBild: picture alliance/AP Photo/M. Schreiber

Dass Auslandsfranzosen anders wählen als Franzosen in Frankreich, hat laut Stefan Seidendorf zwei Gründe: Franzosen, die außerhalb Frankreichs lebten, seien in der Regel gut ausgebildet und hätten häufig höhere Einkommen. "Das heißt, wir haben es mit einer Wählerschaft zu tun, die wirtschaftspolitisch liberaler eingestellt ist als der Durchschnitt der Franzosen," erklärt der Soziologe. Auch mit seinem proeuropäischen Kurs könne Macron im Ausland punkten. "Für die Franzosen, die in EU-Ländern leben, ist die weitergeführte Integration Frankreichs in die Europäische Union natürlich sehr wichtig. Das ist für sie die Hauptwahlentscheidung." Kein Wunder also, dass Marine Le Pen mit ihrem rechtsnationalen Kontrastprogramm bei den französischen Wählern in Deutschland keine Chance hat.

Welchen Einfluss haben Auslandsfranzosen?

Nur 1,8 Millionen registrierte Franzosen im Ausland, von denen viele nicht zur Wahl gehen oder sich gar nicht erst auf Wählerlisten eintragen lassen - unter diesen Umständen sei das Wahlverhalten der Auslandsfranzosen kaum ausschlaggebend, sagt Stefan Seidendorf. Einen Einfluss hätten die Stimmen allenfalls, "wenn es sehr eng wäre". Wie sehr die Kandidaten um die Franzosen im Ausland werben, hängt laut Seidendorf davon ab, "um welche Auslandsfranzosen es geht. Bei größeren Communities, zum Beispiel in Berlin, haben sich die meisten Präsidentschaftskandidaten mal blicken lassen und sich um diese Stimmen bemüht."

Dass die Wahlbeteiligung unter den Franzosen in Deutschland bei der Stichwahl steigt, glaubt Seidendorf nicht. Er geht eher vom Gegenteil aus - und das nicht nur wegen des organisatorischen Aufwands. "Die Luft ist jetzt ein wenig raus. Die Meinungsforscher sagen so klar einen Sieg Macrons voraus, dass ich mir vorstellen kann, dass viele zu Hause bleiben".

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