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Frauen auf Münzen: US-Quarter für Anna May Wong

Kevin Tschierse
20. Oktober 2022

Die amerikanischen Stummfilm-Ikone Anna May Wong bekommt eine eigene US-Quarter-Münze. Sie war der erste chinesisch-amerikanische Filmstar in Hollywood.

USA | American Women Quarters Programm | Anna May Wong
Bild: U.S. Mint/Getty Images

Wong drehte mehr als 60 Filme, unter anderem "Shanghai-Express" (1932) an der Seite von Marlene Dietrich. Sie war außerdem die erste asiatisch-amerikanische Hauptdarstellerin einer US-Fernsehserie. Nachdem sie sich in Hollywood jedoch ständiger Diskriminierung ausgesetzt sah, reiste Wong nach Europa und arbeitete in englischen, deutschen und französischen Filmen mit. 1960 erhielt sie einen Stern auf dem Walk of Fame in Los Angeles. 1961 starb sie - im Alter von nur 56 Jahren.

Die Münzen mit Wongs Abbild, die kommende Woche in Umlauf kommen sollen, sind Teil des "American Women Quarters Program", das bis 2025 "amerikanische Frauen und deren Beiträge zur amerikanischen Geschichte" würdigen soll. Auf einer Münze, die Anfang des Jahres herausgegeben wurde, ist die
Schriftstellerin Maya Angelou (1928-2014) zu sehen. Sie ist die erste schwarze Frau, der eine US-Quarter-Münze gewidmet wurde. Maya Angelou kämpfte an der Seite von Bürgerrechtler Martin Luther King für die Gleichberechtigung von Schwarzen in den USA.

In der Münz-Serie "American Women Quarters Program" gibt es aber auch weitere Meilensteine. Mit der Astronautin Sally Ride wird erstmals eine lesbische Frau auf US-Geld abgebildet und mit der Bürgerrechtlerin Nina Otero-Warren eine hispanoamerikanische Frau. Was sagen diese Würdigungen über die amerikanische Gesellschaft aus?

Frauen seit 2500 Jahren auf Münzen 

Die Entscheidung, Randgruppen auf Vierteldollarmünzen abzubilden, zeigt, dass Amerika "ein Bewusstsein für die Diversität der Gesellschaft entwickelt hat, zu dem man Amerika nur gratulieren kann", sagt Professor Bernhard Weisser vom Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin im DW-Interview. Dass Personen wie Maya Angelou auf Währungen abgebildet werden, ist eine geschichtliche Neuerscheinung. Historisch gesehen dienten Münzen Herrschenden dazu "Herrscherideale und Herrschertugenden den Nutzern - also der Bevölkerung, den Soldaten - zu vermitteln", so Weisser.

Die Bürgerrechtlerin Maya Angelou bekam 2010 durch US-Präsident Barack Obama die Freiheitsmedaille verliehenBild: Jim Lo Scalzo/dpa/picture alliance

Frauenfiguren auf Münzen hingegen gibt es schon, seit es Münzgeld gibt. Von Göttinnen in der Antike, über Herrscherinnen in der Renaissance und Führerinnen der Neuzeit - viele Frauenfiguren wurden auf Münzen unsterblich gemacht. Doch die ältesten bekannten Münzen mit einer Abbildung einer realen Person zieren Konterfeis von Männern: "Ab 525 vor Christus wurde der persische Großkönig auf Münzen dargestellt", so Weisser. Doch auch Frauen mischten früh mit. "Mit der ersten Herrscherinnendarstellung begeben wir uns nach Afrika", erzählt Professor Weisser. Denn eine der ersten bekannten historischen Frauen, die durch eine Münzprägung verewigt wurde, war die ägyptische Königin Arsinoe II. - im dritten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung. 

Die ägyptische Königin Arsinoe II. ist eine der ersten bekannten historischen Frauen auf einer Münze.Bild: Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin

Münzprägungen als Zeichen von Macht

Seit jeher werden auf vielen nationalen Währungen Frauen entweder zu Lebzeiten oder posthum abgebildet. Politische Führerinnen unter den Frauenfiguren sind bis heute am häufigsten auf Münzen oder Geldscheinen abgebildet. Von der ägyptischen Pharaonin Kleopatra VII. (69-30 vor unserer Zeitrechnung), über die Königin Naganika - eine der ersten Frauen in der Geschichte Indiens, die im ersten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung die Angelegenheiten eines Staates lenkte - bis zur römisch-deutschen Kaiserin Maria Theresia (1717-1780) - sie alle gaben Münzen mit ihren Porträts heraus. Letztere "hat einen Taler geschaffen, der sich in Afrika großer Beliebtheit erfreute", so Weisser. "Dieser Taler wurde bis ins 20. Jahrhundert in Wien nachgeprägt."

Weibliche Herrschrinnen wollten mit ihren Abbildungen auf Münzen, wie ihre männlichen Pendants, ihre Herrschaft legitimieren und ihren Einfluss auf Nationen und Reiche geltend machen. Bekanntestes Beispiel ist wohl das Konterfei von Königin Elisabeth II., das heute noch auf zahlreichen Münzen im Commonwealth abgebildet ist.

Göttinnen oder nationale Allegorien auf Münzen

Aber nicht nur reale Frauen ließen ihr Antlitz auf Münzen ihrer Reiche prägen. Antike Reiche, wie das alte Griechenland oder das der Kuschana in Zentralasien, waren die ersten, die weibliche Gottheiten auf ihren Münzen darstellten. Während griechische Herrscher die Göttin Athene in verschiedenen Posen zu porträtieren suchten, prägten die Kuschana die Göttinnen Sri Lakshmi oder Ardoksho auf ihren Münzen ein. In Indien war die Göttin Lakshmi lange die am häufigsten auf Münzen abgebildete Gottheit. 

Die Göttin Lakshmi ist zwar nicht auf modernen indischen Rupien abgebildet, doch es gibt goldene Sammelmünzen mit ihrem Abbild.Bild: Jagadeesh/EPA/dpa/picture alliance

Göttinnen sind heute nur noch selten auf Münzen wiederzufinden, dafür aber andere fiktive Frauenfiguren, die als nationale Allegorien dienen - man denke an die französische Marianne, die peruanische Madre Patria oder Lady Liberty in den Vereinigten Staaten. 

Starke Frauen auf modernem Geld

Seit dem 20 Jahrhundert gibt es einen Trend, Frauen für ihren Beitrag zur Gesellschaft zu würdigen. Beispiele sind die beliebte ehemalige First Lady von Argentinien, Eva Perón (1919-1952), deren Porträt heute noch auf einer Peso-Sondermünze im Umlauf ist, oder die ehemalige indische Premierministerin Indira Gandhi (1917-1984). Beide wurden posthum auf den nationalen Währungen abgebildet. Diese Prägungen sollen an die politischen Führungsrollen der Frauen erinnern und ihren Platz in der Geschichte ihrer Länder festigen. 

Lady Liberty ist eine nationale Allegorie der Vereinigten Staaten.Bild: Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin

In den vergangenen Jahren haben Regierungen aber auch begonnen, Frauen außerhalb der Politik die Ehre zu erweisen. So werden immer mehr Frauen für ihre Beiträge zu Kunst und Wissenschaft gefeiert. Darüber hinaus erkennen Staaten, wie im Falle von Maya Angelou, zunehmend die Rolle von Aktivistinnen an.

Präsident Washington weiterhin auf US-Münze

"Bei Sonderprägungen gibt es zunehmend mehr Frauen, weil es in unserer Zeit wichtig ist, die Verdienste von Frauen auch im Münzbild darzustellen. In jüngerer Zeit wurden Frauen meist mit einer Prägung ausgezeichnet, die im karitativen Bereich tätig waren oder die sich in der Kindererziehung engagiert haben. Aber diese eher einseitigen Frauenbilddarstellungen verändern sich allmählich", so Weisser.

Die amerikanischen Sonderprägungen entsprechen also dem Zeitgeist. Allerdings müssen sich die darauf abgebildeten Aktivistinnen und Wissenschaftlerinnen die Münze trotzdem noch mit einem Mann teilen. Auf der "Kopfseite" des Geldstücks ist weiterhin der erste Präsident der USA, George Washington (1732-1799), abgebildet.

Dies ist die Aktualisierung eines Artikel vom 13.01.2022

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