Die Frauen-Bundesliga will den Hype nutzen, den die Euro 2022 entfacht hat. Die Top-Klubs Wolfsburg und Bayern hoffen auf stärkere Konkurrenz. Gleich zum Auftakt der Saison könnte ein Zuschauerrekord fallen.
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Als die deutschen Vize-Europameisterinnen am 1. August von der Euro 2022 nach Hause zurückkehrten, wurden sie in Frankfurt von tausenden Fans begrüßt, die ihr Team durch das Turnier begleitet und beim Finale gegen England mitgezittert hatten. Tausende Fans werden auch an diesem Freitag erwartet, wenn die neue Saison der Frauen-Bundesliga startet und einige der EM-Fahrerinnen bei der Auftaktpartie zwischen Eintracht Frankfurt und dem FC Bayern München auf dem Rasen stehen. Tatsächlich wird beim Spiel, das in der Frankfurter Arena stattfindet, eine Rekordkulisse erwartet. Die bisherige Bestmarke in der Frauen-Bundesliga wurde am Ende der Saison 2013/2014 in Wolfsburg erzielt - mit 12.464 Fans.
Normalerweise tragen die Frankfurterinnen ihre Heimspiele im Stadion am Brentanobad aus, das gerade einmal 5.650 Plätze hat. Wobei die Eintracht in der vergangenen Saison mit 1580 Fans pro Spiel den besten Zuschauerschnitt der Liga hatte. Dass das Saison-Eröffnungsspiel nun vor deutlich mehr Menschen stattfindet, sehen viele als ein Zeichen für das kontinuierliche Wachstum und den Fortschritt des Fußballs der Frauen in Deutschland.
Voss-Tecklenburg: "Den Moment nutzen"
"Wir hoffen, dass wir etwas angestoßen haben", hatte Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg schon nach der Rückkehr von der EM gegenüber der DW gesagt. "Wir hoffen, dass die Aufmerksamkeit, die wir bekommen haben, dazu führt, dass mehr Mädchen Fußball spielen wollen."
Der Schwung der erfolgreichen EM soll nachhaltig sein und den Wandel im heimischen Fußball beschleunigen. "Damit sich die Strukturen ändern, damit sich der Respekt und die Einstellung zu uns ändern", sagte Voss-Tecklenburg. Es gebe noch viel zu tun. "Wir wollen den Moment nutzen, um noch ein bisschen mehr Druck zu machen."
Deutschlands Spielführerin Alexandra Popp vom Meister VfL Wolfsburg schloss sich der Bundestrainerin an. Die Angreiferin hat nach der Euro sogar schon kleinen Veränderungen im Alltag bemerkt. "Wenn wir jetzt durch Wolfsburg laufen, dann fühlt es sich an, als würde uns jeder erkennen und uns ein positives Feedback geben, dass wir ein tolles Turnier gespielt haben", sagte Popp gegenüber der DW. "Es ist schön, anerkannt und geschätzt zu werden, darüber freuen wir uns, denn es war eines unserer Ziele, hier in Deutschland für Furore zu sorgen."
Wolfsburg und Bayern - dem Rest enteilt
Die Anerkennung ist zwar erfreulich, hat aber nur begrenzte Auswirkungen auf die Verbesserung des Spiels im Allgemeinen und auf viele Spielerinnen in der Fußballpyramide. Der Fußball der Frauen in Deutschland steht weiterhin unter der Schirmherrschaft des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). In der Bundesliga haben sich Titelverteidiger VfL Wolfsburg und dessen Hauptkonkurrent Bayern München in den vergangenen acht Spielzeiten mit den Meisterschaften mehr oder weniger abgewechselt.
Der Abstand zwischen den "Großen" und dem Rest der Liga sowie den Teams weiter unten im Fußball ist unübersehbar. Popp weist darauf hin, dass ihre "Wölfinnen" sich diesen Status aber auch hart erarbeitet haben. "Wir mussten in den letzten Jahren viel investieren, um an die Spitze zu kommen", sagte Popp. "Das müssen wir und wir wollen an unsere Grenzen gehen. Wir wollen nie aufhören, auf hohem Niveau Fußball zu spielen, denn nur so können wir uns weiterentwickeln."
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Investitionen als Schlüssel zum Wachstum
Popp ist sich jedoch darüber im Klaren, dass ernsthaftes Sponsoring notwendig ist, damit die Liga wachsen und insgesamt wettbewerbsfähiger werden kann. "Es gibt derzeit einen extremen Hype um den Frauenfußball, und jetzt geht es um Nachhaltigkeit", sagt die Stürmerin. Das bedeute, Sponsoren für die Liga zu generieren, um bessere Rahmenbedingungen für alle zu schaffen. "Wir brauchen Sponsoren, um Strukturen bei anderen Vereinen zu entwickeln. Es muss Geld investiert werden, damit sich auch die Qualität der Liga verbessert."
Während das Gesamtbild des Fußballs der Frauen in der aktuellen Situation ein heißes Thema bleibt, konzentrieren sich Popp und Wolfsburg voll und ganz darauf, eine weitere erfolgreiche Saison zu spielen. Der siebenmalige Meister hat seinen Kader im Sommer verstärkt und unter anderem mit Abwehrspielerin Marina Hegering vom Rivalen FC Bayern sowie Mittelfeldspielerin Jule Brand aus Hoffenheim zwei Nationalspielerinnen verpflichtet.
Hegering wies jeglichen zusätzlichen Druck auf die Mannschaft zurück, obwohl sie weiß, dass die Mannschaft und die Liga mit zusätzlichen und vielleicht kritischeren Augen beobachtet werden. "Wir haben einen ziemlich starken Kader, das lässt sich nicht leugnen, aber wir müssen trotzdem in jedem Spiel eine entsprechende Leistung bringen", sagt Hegering. "Mit neuen Spielerinnen brauchen wir Zeit, um uns zurechtzufinden. Wolfsburg hat in der letzten Saison das Double gewonnen, wir haben also alle Hände voll zu tun, diese Titel zu verteidigen."
Mehr Spannung durch stärkere Konkurrenz?
Für Brand war die höhere Professionalität bei ihrem neuen Klub die treibende Kraft für den Wechsel, "Wolfsburgs Leistung, ihr Potenzial, der Verein, die Mannschaft, alles, was sie erreicht haben und noch erreichen wollen, ich denke, es ist ein sehr guter Verein für mich", sagt Brand, glaubt aber, dass es für sie und die "Wölfinnen" in der kommenden Spielzeit enger werden könnte, weil die Konkurrenz besser wird. "Andere Mannschaften haben auch gute Spielerinnen verpflichtet, Bayern, Leverkusen, Frankfurt", sagt sie. "Ich hoffe, dass es spannend wird, aber dass wir die Saison trotzdem oben beenden."
Vielleicht wäre es für den Gesamterfolg der Frauen-Bundesliga auch gar nicht so schlecht, wenn es sich Wolfsburg und Bayern nicht frühzeitig von der Konkurrenz absetzen, sondern mehr Mannschaften oben mitmischen. Je enger, desto spannender und desto besser für das Interesse der Fans. Schließlich soll die gewachsene Aufmerksamkeit und der Hype, den die Euro 2022 in Deutschland entfacht hat, für den Fußball der Frauen erst der Anfang sein.
Der Text wurde aus dem Englischen adaptiert.
Die Top-Spielerinnen der Fußball-Bundesliga
In der Frauen-Bundesliga sind der VfL Wolfsburg und der FC Bayern das Maß aller Dinge und haben die besten Spielerinnen. Aber es gibt auch noch andere Top-Stars in den übrigen Klubs.
Bild: Nico Paetzel/DeFodi Images/picture alliance
Alexandra Popp (VfL Wolfsburg)
Sie weiß, wie man Titel gewinnt und wie man sie feiert. Nicht nur in der Nationalelf, sondern auch beim VfL Wolfsburg ist Alexandra Popp Wortführerin und Integrationsfigur. Mit den "Wölfinnen" gewinnt die Stürmerin alles, was geht: sieben Meisterschaften, elf Pokalsiege, zwei Champions-League-Titel - für "Poppi" ist das aber kein Grund, erfolgsmüde zu werden.
Bild: Nico Paetzel/DeFodi Images/picture alliance
Georgia Stanway (FC Bayern)
Mit der englischen Nationalspielerin kommt von Manchester City eine frisch gebackene Europameisterin in die Bundesliga. Die Bayern gewinnen mit der 23-Jährigen eine echte Allzweckwaffe. Stanway kann im Mittelfeld alle Positionen spielen, ist zweikampfstark und torgefährlich. Mit ManCity holt sie in England einmal die Meisterschaft und dreimal den FA-Cup.
Bild: Markus Fischer/Passion2Press/IMAGO
Laura Freigang (Eintracht Frankfurt)
Tore schießt sie schon als Jugendspielerin zuhauf. Aber den letzten Schliff vor ihrem Bundesliga-Debüt im Jahr 2018 für Frankfurt holt sich Laura Freigang in den USA. Dort spielt sie zwei Jahre lang für das Team der Pennsylvania State University. In der Bundesliga ist sie stets eine der besten Scorerinnen. Eines ihrer Ziel wäre, auch mal die Torjägerinnen-Kanone zu gewinnen.
Bild: Ulrich Scherbaum/Eibner/picture alliance
Lea Schüller (FC Bayern München)
Die Kanone geht in der vergangenen Saison an Lea Schüller, wobei die Nationalstürmerin den Preis wohl gerne gegen die Meisterschaft oder den Pokalsieg eingetauscht hätte. Doch in beiden Wettbewerben sind die Wolfsburgerinnen stärker als die FCB-Frauen. Das soll sich, wenn es nach Deutschlands Fußballerin des Jahres 2022 geht, in dieser Saison wieder ändern.
Bild: Sven Leifer/foto2press/picture alliance
Lena Oberdorf (VfL Wolfsburg)
Die kompromisslose Defensivspielerin debütiert im September 2018 schon mit 16 Jahren für die SGS Essen in der Bundesliga, wenig später auch in der Nationalmannschaft. Auch jetzt ist sie immer noch eine der Jüngeren, aber dennoch schon sehr erfahren. Seit ihrem Wechsel nach Wolfsburg im Sommer 2020 gewinnt Oberdorf mit den "Wölfinnen" zweimal den Pokal und einmal die Meisterschaft.
Bild: Swen Pförtner/picture alliance/dpa
Saki Kumagai (FC Bayern München)
Obwohl 31 Jahre jung, ist die Japanerin so etwas wie die "alte Dame" der Bundesliga. Kumagai schießt 2011 im WM-Finale den entscheidenden Treffer im Elfmeterschießen und macht Japan zum Weltmeister. Fünfmal gewinnt sie mit Olympique Lyon die Champions League. Seit 2021 spielt die Abwehrspielerin für den FC Bayern. Ihre erste Bundesliga-Station ist der 1. FFC Frankfurt (2011 bis 2013).
Bild: Victor Joly/DPPI media/picture alliance
Merle Frohms (VfL Wolfsburg)
Besser kann man den Abgang einer Leistungsträgerin nicht ersetzen: Als Nachfolgerin von Torhüterin Almuth Schult, die in die USA wechselt, kommt Merle Frohms aus Frankfurt nach Wolfsburg. Auch in der DFB-Elf ist die 1,75 Meter große Torfrau die Nummer eins. Für Frohms ist der Wechsel eine Rückkehr. Sie spielt schon von 2012 bis 2018 beim VfL, aber immer nur als Nummer zwei hinter Schult.
Bild: Uwe Anspach/dpa/picture alliance
Ewa Pajor (VfL Wolfsburg)
Wenn man so lange wie die polnische Angreiferin beim VfL Wolfsburg unter Vertrag steht, sammeln sich fast zwangsläufig eine Menge Titel an. Fünfmal wird Pajor mit dem VfL deutsche Meisterin, sogar siebenmal gewinnt sie den DFB-Pokal. Was der Bundesliga-Torschützenkönigin von 2019 noch fehlt, ist der Champions-League-Pokal.
Bild: Nico Paetzel/DeFodi Images/picture alliance
Nicole Billa (TSG Hoffenheim)
Die Österreicherin ist die personifizierte Torgarantie der TSG Hoffenheim. Bis zum Ende der vergangenen Saison erzielt Billa in 139 Bundesligaspielen 74 Tore. Die schnelle Angreiferin weiß sich durchzusetzen, wobei ihr dabei auch ihre sportliche Vergangenheit zugute kommt: Bis zum 16. Lebensjahr ist Billa als Kickboxerin aktiv und gewinnt bei den Juniorinnen mehrere EM- und WM-Titel.
Bild: Oliver Zimmermann/foto2press/picture alliance
Sarah Zadrazil (FC Bayern München)
Billas Landsfrau Sarah Zadrazil ist beim FC Bayern eine derjenigen, die die weitesten Wege geht und die meisten Zweikämpfe bestreitet. Drei Jahre lang (2012-2015) spielt sie in den USA für die East Tennessee State University und wird im zweiten Jahr als "Player of the Year" ausgezeichnet. 2016 wechselt sie zu Turbine Potsdam in die Bundesliga, seit 2021 steht sie bei den Bayern unter Vertrag.
Bild: Sven Leifer/foto2press/picture alliance
Svenja Huth (VfL Wolfsburg)
Tempo, Ballgefühl und Erfahrung - das sind nur drei von vielen Qualitäten, die Svenja Huth ins Spiel des VfL Wolfsburg einbringt. Die Mittelfeldspielerin ist torgefährlich, tut den Gegnerinnen aber fast noch mehr weh, wenn sie den rechten Flügel bearbeitet und gefährliche Flanken schlägt. Oder wenn sie mit klugen Steckpässen ihre Teamkolleginnen in die Tiefe schickt.
Bild: Julia Kneissl/Sport Press Photo/ZUMA Press/picture alliance
Lina Magull (FC Bayern München)
Was Svenja Huth für den VfL Wolfsburg ist, ist Lina Magull für den FC Bayern: Dreh- und Angelpunkt im Mittelfeld, die Ausrichtung stets offensiv. Bevor Magull 2018 zu den FCB-Frauen wechselt, ist sie jeweils drei Jahre in Wolfsburg (2013-2015) und Freiburg aktiv (2015-2018). Die Nationalspielerin stammt aus Dortmund, ihr großes Vorbild bei den Männern ist aber Ex-Bayern-Stürmer Roy Makaay.
Bild: Ulrich Wagner/dpa/picture alliance
Giulia Gwinn (FC Bayern München)
Ein Jahr nach Magull, im Sommer 2019, kommt auch Giulia Gwinn vom SC Freiburg zum FC Bayern. Die lauffreudige und kampfstarke Rechtsverteidigerin macht nicht nur nach hinten ihre Seite zu, sondern bringt auch viel Schwung nach vorne mit. Gwinn ist nicht erst seit der Euro 2022 eine der populärsten Spielerinnen der Bundesliga. Bei Instagram hat die 23-Jährige fast eine halbe Million Follower.
Bild: Ulrich Wagner/picture alliance
Selina Cerci (1. FC Köln)
Sie wäre in der vergangenen Saison wahrscheinlich Torschützenkönigin geworden, hätte sie am 15. Spieltag nicht einen Kreuzbandriss erlitten. 13 Saisontore erzielt Selina Cerci bis dahin für Turbine Potsdam. Es ist ihr letzter Auftritt für die Potsdamerinnen. Seit dem Sommer steht die Stürmerin in Diensten des 1. FC Köln.