1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Frauen in Donald Trumps Amerika: Von Wut bis Dankbarkeit

12. November 2024

Was bedeutet die zweite Trump-Regierung in den USA für den Zugang zu Abtreibung, für LGBTQ+-Rechte und für die Zukunft der nächsten Generation? Wir haben Trump-Wählerinnen und -Gegnerinnen nach ihrer Meinung gefragt.

Women's March in Washington nach Trumps Wahlsieg: Viere Frauen halten Plakate hoch, im Vordergrund eine ältere und eine junge Frau lehnen sich aneinander.
Demonstrantinnen in Washington wollen sich von Donald Trumps Wahlsieg nicht entmutigen lassenBild: Annika Sost/DW

Sie könnten unterschiedlicher nicht sein: Mia, eine Studentin, die sich in der Anti-Abtreibungsbewegung in Florida engagiert, und Molly, eine Mutter aus Kalifornien, die drei Tage nach der Wahl mit ihrem Kind quer durchs Land nach Washington geflogen ist, um zu demonstrieren. Was sie und Millionen anderer Frauen in den USA miteinander verbindet: Der Sieg von Donald Trump bei der US-Präsidentschaftswahl und das, was er für ihre Rechte als Frau in den USA bedeuten wird, löst starke Gefühle bei ihnen aus. 

"Ich freue mich definitiv, dass Trump gewonnen hat, und noch mehr darüber, dass Harris und Walz verloren haben", erzählt Mia Akins der DW am Telefon. Die demokratische Kandidatin Kamala Harris und ihr Vize Tim Walz hatten sich für ein bundesweite Recht auf Abtreibung ausgesprochen. Trump hatte in seiner ersten Amtszeit drei der Richter am Obersten Gerichtshof nominiert, die 2022 das landesweite Recht auf Abtreibung in den USA gekippt hatten.

Mia Akins (links) kämpfte gemeinsam mit anderen Aktivisten gegen ein Gesetz, das die strengen Abtreibungsgesetze in Florida gelockert hätte - mit Erfolg: Zu wenige Menschen stimmten am 5. November für das Gesetz, in Florida bleibt Abtreibung nach der sechsten Schwangerschaftswoche verboten.Bild: Mia Akins/Students for Life of America

Akins studiert im dritten Studienjahr an der Florida International University in Miami und ist Mitgründerin der Students for Life of America (SFLA) Gruppe an ihrer Universität. Die SFLA ist eine landesweite Organisation in den USA, in der sich Studentinnen und Studenten engagieren, die Abtreibung strikt ablehnen.

Trump sei zwar nicht der ideale Kandidat, sagt Akins, da er das Thema Abtreibung den Bundesstaaten überlassen will, anstatt ein nationales Verbot zu unterstützen. Aber die Studentin ist optimistisch: Eine Trump-Regierung "ist etwas, womit wir arbeiten können."

LGBTQ-Community sorgt sich um die Zukunft unter Trump 

Das Trump kein idealer Kandidat ist finden auch Molly und Sammy, ihr Kind. Die beiden sind in einer spontanen Aktion von der West- an die Ostküste geflogen und stehen am Samstag nach der Wahl mit selbstgemachten Protestplakaten unter dem strahlend blauen Himmel in Washington. Molly sagt, sie hat Angst vor dem, was eine Trump-Regierung bringen wird, auch für die Rechte von Menschen, die zur LGBTQ+-Community zählen. Ihr Kind Sammy ist non-binär, sieht sich also weder als Mann noch als Frau und verwendet im Englischen das Pronomen they.

"Ich bin besorgt darüber, dass Trump der LGBTQ-Community ihre Rechte nehmen wird", sagt Molly. "Dass er einschränken wird, wen sie lieben und wer sie sein können." Schon jetzt spürt die Familie reale Auswirkungen. Sammy wird nächstes Jahr aufs College gehen. Unis in Bundesstaaten, die mehrheitlich republikanisch gewählt haben, scheiden von vornherein aus.

"Ich befürchte, das meine Freunde, die auch LGBTQ sind, nicht an ihre Traumunis gehen können, weil sie Angst haben müssen, dort angegriffen zu werden", sagt Sammy. "Ich gucke ganz genau, wo die Unis sind, bei denen ich mich vielleicht bewerbe, wie das Ergebnis in dem Wahlkreis dort war."

Molly (links) und Sammy sind nach Washington gereist, um für ihre Rechte zu demonstrierenBild: Carla Bleiker/DW

Einschränkungen für Frauen im Bereich Gesundheit befürchtet

Trumps Partei, die Republikaner, haben nicht nur die Präsidentschaftswahl gewonnen. Sie haben außerdem die Mehrheit im US-Senat und es sieht danach aus, als gebe es ab dem 20. Januar auch in der unteren Kammer des US-Kongresses, dem Repräsentantenhaus, eine republikanische Mehrheit. Das würde bedeuten, dass die Regierungspartei viele ihrer Projekte relativ problemlos durchsetzen kann.

"Normalerweise sagen wir, dass die Kontrollmechanismen im System überwältigende Macht verhindern. Aber wir würden sicherlich mehr konservative Beschlüsse, und strengere Einschränkungen im gesundheitlichen Bereich, vor allem für Frauen, in der zweiten Trump-Amtszeit sehen" sollten die Republikaner auch im Repräsentantenhaus die Führung übernehmen, sagt Laura Merrifield Wilson, Politologin an der University of Indianapolis. "Die Partei würde dann auf Bundesebene dominieren, und auf linker [progressiver] Seite befürchtet man, dass die Politik des 'Project 2025' zur Realität werden wird."

Das "Project 2025" ist eine Art erzkonservativer Fahrplan für die Zukunft der USA. Trump selbst war nicht persönlich in die Auflistung der Maßnahmen wie dem Verbot von Abtreibungspillen und dem Ersetzen von Bundesbeamten durch Trump-Getreue involviert, dafür aber viele seiner ehemaligen Weggefährten. Für das "Project 2025" zeichnet die Heritage Foundation, eine konservative Denkfabrik, verantwortlich.

"Feministischer Widerstand gegen den Faschismus"

Molly, Sammy und die anderen Demonstrierenden kommen deshalb am Samstag nach der Wahl vor dem Gebäude der Heritage Foundation zusammen. Die "Women's March" Initiative, die 2017 am Tag nach Donald Trumps erster Amtseinführung einen Protestmarsch mit fast einer halben Million Menschen in Washington organisierte, ist weiterhin aktiv.

An diesem Samstag demonstrieren ein paar hundert hauptsächlich weibliche Teilnehmerinnen mit lauter Musik und grünen Bandanas, auf denen "Bans off our bodies," also in etwas "Verbote weg unseren Körpern" steht.

Bei der Vorbereitung der Aktion erklärte Tamika Middleton aus der Führungsriege des Women's March, das Mandat der Gruppe sei "feministischer Widerstand gegen den Faschismus". 

Erica (links), ihre Mutter Mandy und ihre Tochter Elani wollen ihre Wut mit anderen teilen und auf die Straße tragenBild: Carla Bleiker/DW

"Wir sind wütend," sagt Erica. Die 27-Jährige ist gemeinsam mit ihrer Mutter Mandy und ihrer fünfjährigen Tochter Elani zum Protest gekommen. "Aber wir sind hier, um ihr [Elani] zu zeigen, dass man nicht nur zuhause sitzen und wütend sein sollte."

Großmutter Mandy ist besorgt darüber, in was für einem Land ihre Enkelin aufwachsen wird. "Sie sollte die gleichen Abtreibungsrechte haben, die wir auch hatten", sagt Mandy.

Trumps zweite Amtszeit: goldene Zeiten für Abtreibungsgegner

Andere Frauen blicken mit großer Hoffnung auf die kommende Trump-Regierung – ebenfalls wegen der kommenden Generation. "Ich bin unglaublich dankbar, dass Kamala Harris mit ihrem Abtreibungsextremismus nicht ins Amt gewählt wurde", sagt Reagan Barklage im DW-Interview. Sie arbeitet bei Students for Life of America als bundesweite Koordinatorin. "Ich hoffe, er [Trump] kann mit dem Kongress zusammenarbeiten, um das Leben von Kindern zu schützen."

Barklage wünscht sich, dass Trump die Vergabe von Abtreibungspillen strenger regulieren wird, und dass er "weise Entscheidungen trifft, wenn er Richter ernennt." Der Präsident spricht Nominierungen für Bundesrichter aus, die vom Senat bestätigt werden müssen.

Trumps Republikaner haben im Senat die Mehrheit; es ist also wahrscheinlich, dass Trump eine große Anzahl konservativer Bundesrichter und -Richterinnen ernennen kann, die Abtreibungsrechte einschränken wollen. Für Mia Akins, Reagan Barklage und die Students for Life of America brechen gute Zeiten an.

US-Wahl: Abtreibung als Schlüsselfrage?

04:35

This browser does not support the video element.

Carla Bleiker Redakteurin, Channel Managerin und Reporterin mit Blick auf Wissenschaft und US-Politik.@cbleiker