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Frauenfußball in England - zu schnelles Wachstum?

Matt Pearson
1. April 2024

Volle Stadien, Live-Übertragungen im Fernsehen - die WSL, die höchste Profiliga in England, gilt international als Vorbild für den Frauenfußball. Aber es kommen Befürchtungen auf, dass diese Entwicklung zu schnell geht.

Yui Hasegawa von Manchester City (r.) im Zweikampf mit Ella Toone von Manchester United
Zuschauermagnet WSL - ein Rekord jagt den nächsten. Aber geht die Nähe zu den Spielerinnen verloren?Bild: Gary Oakley/Sportimage/IMAGO

Schlangen von himmelblauen Trikots drängen von den Straßenbahnhaltestellen bis zu den Drehkreuzen. Mehr als 40.000 Fans von Manchester City machen sich auf den Weg ins Etihad-Stadion zu einem der größten Spiele der Saison - dem Derby gegen United. Und wir sprechen nicht von der Premier League der Männer - dieser Zustand wird auch bei Frauenfußballspielen in ganz England zunehmend zur Normalität.

Vor weniger als einem Jahrzehnt war diese Situation noch fast undenkbar. Die Liga wurde erst 2018 professionalisiert, und United, der wohl größte Männerverein Englands, hatte bis zum selben Jahr nicht einmal ein Frauenteam. Jetzt wird die WSL als Vorbild angepriesen: Arsenal hat einen Zuschauerschnitt von über 35.000, alle zwölf Teams der Liga haben bis auf eine Ausnahme im Hauptstadion ihres Vereins gespielt, und der kumulierte Zuschauerrekord der Liga wurde bereits bei mehreren ausstehenden Spielen gebrochen. Im Gegensatz dazu steigen die Zuschauerzahlen in der deutschen Frauen-Bundesliga zwar auch, aber nur um sechs Prozent.

"Ich denke, es ist eine wirklich gute Liga", sagte City-Trainer Gareth Taylor der DW. "In den drei Spielzeiten, die ich hier bin, hat sich sehr viel verändert. Der Einzug in die großen Stadien, das Auftreten aller Spieler und das Spielen auf der großen Bühne, das Fernsehen, das sich immer mehr einbringt - ich denke, es ist erstaunlich. Und ich sehe, dass es nur in eine Richtung geht."

Steigende Zuschauerzahlen sind nicht alles

Die Zuschauerzahlen sind jedoch bei weitem nicht der einzige Gradmesser für den Erfolg. Unter den Anwesenden im Etihad-Stadion gab es erhebliche Bedenken, vor allem von denjenigen, die den Frauenfußball schon länger und intensiver verfolgen als die meisten anderen, dass das schnelle Entwicklungstempo dem Frauenfußball einige der Qualitäten raubt, die ihn für sie so besonders gemacht haben.

"Ich habe das Gefühl, wenn man ständig in den größten Stadien spielt, entsteht eine Kluft zwischen den Fans und den Spielerinnen", so Anya, Dauerkarteninhaberin bei Manchester United, gegenüber DW. "Wenn man sich die Ticketpreise ansieht, sind sie schon ziemlich gestiegen. Ich denke zwar, dass die Mädchen es verdienen, aber wie viel von diesem Geld werden sie tatsächlich sehen?"

Volle Stadien, wie hier in Manchester, sind in der WSL inzwischen zur Normalität gewordenBild: Cody Froggatt/News Images/Sipa USA/picture alliance

Anya sah sich das Derby mit ihrem Vater Graham an, einem City-Fan. Die beiden saßen zusammen in Rot und Blau, etwas, das sie bei einem Männerspiel nicht tun würden, und Graham fügte hinzu, das "Schöne" am Frauenfußball in kleineren Stadien sei, dass die Spielerinnen "tatsächlich plaudern und Autogramme geben, so dass die Fans geschätzt werden".

Diese Nähe zu den Spielern, die Verbundenheit mit den Vereinen und das Gemeinschaftsgefühl gehören zu den Faktoren, die den erfolgreichen Widerstand gegen Investitionen von außen in der Männer-Bundesliga befeuert haben. Dies ist auch ein Grund dafür, warum Borussia Dortmund, einer der beliebtesten deutschen Männervereine, sein Frauenteam 2021 in der Regionalliga an den Start brachte und nicht wie City bei der Umstrukturierung der WSL im Jahr 2014 in der höchsten Spielklasse antrat.

Marketing und Spielstätten liegen weit auseinander

Während der Wettbewerb zwischen dem englischen und dem deutschen Fußball auf dem Spielfeld auf Augenhöhe weitergeht - England hat mit Chelsea immer noch ein Team in der Champions League, Deutschland dagegen fährt im Sommer zu den Olympischen Spielen nach Paris - unterscheidet sich die Vermarktung der beiden Ligen merklich.

Das Manchester-Derby wurde live auf BBC One übertragen, die Spiele der WSL waren ständig auf den großen Sendern im Vereinigten Königreich zu sehen, und Spiele, Spieler und Fanartikel wurden stark beworben. Im Gegensatz dazu hat die Frauen-Bundesliga so gut wie keine internationale Präsenz.

Die deutsche Nationalspielerin Julia Simic, die 2018 aus der Bundesliga zu West Ham in die WSL wechselte, bevor sie 2021 nach einem Engagement in Mailand ihre Karriere beendete, sagte der DW, dass sie schon in der Frühphase der WSL als Sportlerin viel ernster genommen wurde. "Es ist eigentlich egal, wo man hingeht, weil man überall eine so gute Infrastruktur hat. Wir hatten alles, was wir brauchten: die besten Plätze, wir konnten das Fitnessstudio der Männer benutzen, wir hatten Zugang zu Ernährungsberatern. So etwas habe ich nicht einmal erlebt, als ich für Bayern München, Wolfsburg und Turbine Potsdam gespielt habe, als sie noch eine ernstzunehmende Mannschaft in Deutschland waren. Wir hatten nicht annähernd die Infrastruktur, die die WSL-Teams haben."

Hält der DFB die Bundesliga zurück?

Simic gehört auch zu den prominenten Stimmen im deutschen Fußball, die fordern, dass der DFB die Kontrolle über die Frauen-Bundesliga externen Kräften überlässt. Trotz oder gerade wegen des jüngsten Wachstums ist genau das in England der Fall.

Mit Beginn der nächsten Saison wird die Liga von einer so genannten Newco betrieben, die nicht dem englischen Fußballverband (FA) untersteht. Die Absicht dahinter ist, dass die WSL dadurch weiter wachsen kann, so wie es die Premier League der Männer tat, als sie sich 1992 von der FA abspaltete und schließlich zur lukrativsten Liga der Welt wurde.

Für viele Fans gingen Authentizität, Gemeinschaft und Nähe im Kampf um Investitionen, von denen die Premier League lebt, verloren. Und es gibt Befürchtungen, dass der Frauenfußball ohne eine sorgfältige Kuratierung den gleichen Weg einschlagen könnte.

Im Moment bilden in England noch diejenigen das Fundament für die WSL, die Woche für Woche ins Land reisen, um ihr Team zu verfolgen, und das zu einem hohen Preis. Für sie sind Wachstum und Investitionen willkommen, aber sie schätzen auch die Tradition. Die große Herausforderung für beide Ligen, die WSL und die Frauen-Bundesliga, wird es nun sein, einen Weg zu finden, der beiden gerecht wird.

Dieser Text wurde aus dem Englischen adaptiert.

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