Nach dem "Sommermärchen" des DFB-Teams bei der EM in England fragten sich viele: Wie nachhaltig ist die Begeisterung für den Frauenfußball in Deutschland? Die Antwort zum Jahresende lautet: Es geht aufwärts.
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Alexandra Popp und die deutschen Vizeeuropameisterinnen landeten vor Lionel Messi und den argentinischen Weltmeistern - zumindest galt dies für das Fernsehpublikum in Deutschland. 17,9 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer verfolgten hierzulande Ende Juli das EM-Finale der Frauen zwischen England und Deutschland (2:1), es war damit das meistgeschaute Fußballspiel des Jahres. "Nur" 13,9 Millionen schalteten am vergangenen Sonntag das WM-Finale der Männer zwischen Argentinien und Frankreich (7:5 nach Elfmeterschießen) ein.
Das unterstreicht die Sommer-Euphorie um die Auftritte der Mannschaft von Martina Voss-Tecklenburg. "Wir bekommen immer noch viele Reaktionen, obwohl wir nicht Europameisterinnen geworden sind", sagte die Bundestrainerin dem Sport-Informations-Dienst. "Und das Schönste ist zu sehen, dass es nachhaltig ist, dass in den Stadien, bei den Vereinen, aber auch in den Köpfen der Menschen etwas passiert ist. Aber wir müssen dranbleiben."
Schon jetzt Rekordsaison
Von einem Boom im deutschen Frauenfußball zu sprechen, wäre verfrüht. Doch zweifellos geht es aufwärts. Das zeigt der Blick auf die Zahl der Zuschauenden in der Bundesliga. An den ersten zehn Spieltagen wurden 183.506 Fans gezählt, das macht einen Schnitt von 3058 pro Spiel. In der Saison 2021/22 - vor der Euro 2022 in England - hatte der Schnitt bei rund 800 Zuschauenden pro Partie gelegen. Bereits nach sieben Bundesliga-Spieltagen wurde die Gesamtzahl der Vorsaison (108.483) übertroffen, nach neun jene der Rekordsaison 2013/14 (156.355).
Double-Gewinner VfL Wolfsburg ist derzeit der Zuschauermagnet. Der Verein hat seinen Schnitt im Vergleich zur Vorsaison mehr als versechsfacht (7712 Zuschauende), andere Mannschaften wie Eintracht Frankfurt (5845) oder SC Freiburg (2918) verkaufen mehr als dreimal so viele Tickets wie zuvor. Bayer 04 Leverkusen (890) ist nach zehn Spieltagen der einzige Klub mit einem Schnitt unter 1000. Am Ende der vergangenen Spielzeit hatte das noch für neun der zwölf Bundesligisten gegolten.
Umzug in größere Stadien lohnt sich
Bewährt hat sich das Rezept, für Topspiele in die größeren Stadien der Männerteams umzuziehen. So lockte das Saisonauftaktspiel Eintracht Frankfurt gegen FC Bayern (0:0) 23.200 Zuschauende in die Frankfurter Arena - neuer Bundesliga-Rekord. 21.287 Fans wollten das Spitzenspiel der "Wölfinnen" gegen die Bayerinnen (2:1) sehen. 20.417 Besucherinnen und Besucher wurden bei der Partie Werder Bremen gegen den SC Freiburg (1:2) gezählt.
Selbst das DFB-Pokalspiel zwischen Zweitligist 1. FC Nürnberg und Titelverteidiger Wolfsburg (0:6) lockte 17.302 Fans ins Stadion - unter anderen hatten die Nürnberger Ultras kräftig die Werbetrommel für das Frauenteam des Vereins gerührt. Die in Deutschland verbreitete Skepsis bis hin zur Ablehnung der Männer-WM in Katar spielte dem Frauenfußball ebenfalls in die Karten. So forderte das Bündnis "Boycott Qatar 2022" gezielt dazu auf, Spiele der Fußballerinnen zu besuchen, anstatt im Fernsehen WM-Spiele der Männer zu verfolgen.
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Erfolgreich auch in der Champions League
"Natürlich spielt das gerade eine Rolle, dass viele Fans der Männervereine sagen, sie wollen die WM-Spiele nicht schauen und sich gerne unseren attraktiven Fußball angucken", räumte Nationalspielerin Sara Doorsoon während der WM ein, stellte aber klar: "Unabhängig vom Katar-Boykott glaube ich, dass wir uns durch die Europameisterschaft diese Bühne erarbeitet und verdient haben."
Auch in der Champions League sind Deutschlands Fußballerinnen sportlich und in der Publikumsgunst auf der Erfolgsspur. So sahen 24.000 Fans in der Münchener Arena den 3:1-Erfolg des FC Bayern gegen das Starensemble des FC Barcelona. Die Münchenerinnen stehen schon vor dem sechsten und letzten Gruppenspieltag als Viertelfinalistinnen fest, ebenso die Wolfsburgerinnen in ihrer Gruppe.
"Über gute Leistung Begeisterung lostreten"
Bundestrainerin Voss-Tecklenburg sieht für den jüngsten Aufschwung des Frauenfußballs in Deutschland vor allem zwei Gründe: "Die Gesellschaft hat sich einerseits verändert, Themen wie Diversität, Gleichberechtigung, Diskriminierung sind viel öffentlicher geworden. Der andere Punkt ist die Sichtbarkeit. Man muss Interesse wecken, emotionalisieren."
Die nächste Gelegenheit dazu bietet sich 2023 bei der Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland. "Wir wollen weiter um Titel mitspielen. Dafür haben wir die Basis geschaffen", meint Voss-Tecklenburg. "Es wird bei der WM an uns liegen, über gute Leistungen wieder eine Welle der Begeisterung loszutreten." Vielleicht gelingt es dem DFB-Team ja dann erneut, für die höchste Einschaltquote des Jahres bei einem Fußball-Spiel zu sorgen.
Die Top-Torjägerinnen der Bundesliga
Tore sind das Wichtigste im Fußball. Die Bundesliga hat viele große Torjägerinnen erlebt - mit Alexandra Popp vom VfL Wolfsburg ist eine der erfolgreichsten zehn Bundesliga-Stürmerinnen noch aktiv.
Bild: Swen Pförtner/dpa/picture alliance
Shelley Thompson - 136 Tore
Die Stürmerin, deren Vater aus Simbabwe kommt und deren Mutter Südafrikanerin ist, wächst in Deutschland auf und spielt für deutsche Juniorinnen-Nationalteams. In ihrer Bundesliga-Karriere (2000 - 2013) wechselt sie häufiger den Verein: Sie steht bei Essen, Duisburg, dem HSV, Wolfsburg, Leverkusen und Bad Neuenahr unter Vertrag. 2005 wird sie für Wolfsburg Bundesliga-Torschützenkönigin.
Bild: Peter Steffen/picture-alliance/dpa
Celia Sasic - 138 Tore
Die in Bonn geborene Tochter eines Kameruners und einer Französin, geht bis zu ihrer Hochzeit im Jahr 2013 unter dem Namen Celia Okoyino da Mbabi auf Torejagd. Von 2002 bis 2013 spielt sie beim SC Bad Neuenahr. Zum Abschluss ihrer Karriere trägt Sasic zwei Saisons lang das Trikot des 1. FFC Frankfurt, wo sie zweimal Torschützenkönigin der Bundesliga wird.
Bild: bild pressehaus/picture alliance
Petra Wimbersky - 142 Tore
Die Weltmeisterin von 2007 beginnt ihre Bundesliga-Laufbahn in ihrer Heimatstadt München, wo sie mit dem FC Bayern im Jahr 2000 in die Bundesliga aufsteigt. Später spielt Wimbersky auch für Turbine Potsdam (2002 - 2006) und den 1. FFC Frankfurt (2006 - 2010), bevor sie zum Abschluss der Karriere wieder nach Hause, zum FC Bayern, zurückkehrt (2010 - 2012).
Bild: Jan Woitas/picture-alliance/dpa
Alexandra Popp - 144 Tore*
Nicht nur im Nationalteam, sondern auch in der Bundesliga ist die Torjägerin des VfL Wolfsburg konstant treffsicher. Siebenmal wird Popp mit den "Wölfinnen" Meister und steuert regelmäßig Tore zu den Erfolgen bei. Lediglich schwere Verletzung bremsen die Stürmerin zeitweise aus. 2023 holt sie mit 16 Saisontoren erstmals in ihrer Karriere die Torjägerinnen-Kanone. (*Stand 30. September 2023)
Die zweimalige Gewinnerin der Torjägerinnen-Kanone ist ein echter "Wandervogel": In ihrer Bundesliga-Karriere (2004 - 2023; 282 Spiele) bleibt Islacker nie länger als drei Spielzeiten beim selben Verein. Mit den Stationen SGS Essen, FCR Duisburg, FC Bayern, nochmal Duisburg, BV Cloppenburg, 1. FFC Frankfurt, wieder Bayern und 1. FC Köln ist die Liste der Arbeitgeber recht lang.
Bild: Jürgen Fromme/firo/augenklick/picture alliance
Martina Müller - 210 Tore
Die 1,61 Meter große Torjägerin ist in den ersten Jahren als Bundesligaspielerin bereits für den FSV Frankfurt (1998 - 2000) und den SC Bad Neuenahr (2000 - 2005) erfolgreich. Endgültig zur Institution wird sie aber beim VfL Wolfsburg (2005 - 2015), mit dem sie jeweils zweimal die Meisterschaft, den DFB-Pokal und die Champions League gewinnt. Kurioserweise holt Müller nie die Torjägerinnen-Kanone.
Angreiferin ist ist für den FFC Heike Rheine (1998 - 2004) und den 1. FFC Frankfurt (2004 - 2016) in der Bundesliga aktiv. In ihrer letzten Saison in Rheine wird sie 2004 Bundesliga-Torschützenkönigin. Die hochgewachsene Garefrekes, die mit der Nationalmannschaft jeweils zweimal Welt- und Europameisterin wird, besticht vor allem durch ihre Kopfballstärke.
Bild: bild pressehaus/picture alliance
Birgit Prinz - 267 Tore
An der Seite von Garefrekes stürmt beim 1. FFC Frankfurt in vielen Bundesliga-Spielzeiten DFB-Rekordtorschützin Birgit Prinz. Prinz kann sich viermal in ihrer Karriere die Torjägerinnen-Kanone sichern, siebenmal wird sie zwischen 1999 und 2011 mit dem 1. FFC Meister. Hinzu kommen zwei frühere Meisterschaften mit dem FSV Frankfurt (1995 und 1998).
Bild: Digitalfoto Matthias/picture-alliance
Conny Pohlers - 276 Tore
Eine Torjägerinnen-Kanone weniger als Prinz hat Conny Pohlers, die in der Bundesliga zwischen 1994 und 2014 für Turbine Potsdam, den TuS Niederkirchen, den 1. FFC Frankfurt und den VfL Wolfsburg aufläuft. Beeindruckend ist ihre Titelsammlung: Pohlers gewinnt fünfmal die deutsche Meisterschaft, sechsmal den DFB-Pokal und viermal die Champions Leageue.
Bild: augenklick/firo Sportphoto/picture alliance
Inka Grings - 314 Tore
Sie ist das Nonplusultra, wenn es darum geht, möglichst viele Bundesligatore zu erzielen. Wie ihr Pendant bei den Männern, Gerd Müller, erzielt Grings all ihre Treffer in der höchsten Spielklasse für denselben Verein. Von 1995 bis 2011 ist sie ausschließlich für den FCR Duisburg aktiv. Sie gewinnt zwar nur einmal die Meisterschaft, kann sich aber sechsmal die Torjägerinnen-Kanone sichern.