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Politik

"My body, my choice!"

7. März 2017

In Polen gelten bereits sehr restriktive Abtreibungsregelungen. Nun will die Regierung die Freuenrechte weiter einschränken. Dagegen regt sich heftiger Widerstand - vor allem von Frauenrechtlerinnen.

Polen Proteste anlässlich des Weltfrauentages
Bild: Getty Images/AFP/J. Skarzynski

Seit Tagen protestieren in Polen tausende Menschen gegen die Einschränkung der Frauenrechte. Anna und Wiktor, beide Mitte 30, sind zum ersten Mal an den Protesten beteiligt. Sie sind katholisch und haben 2015 die regierende rechtskonservative Partei PiS gewählt. Früher haben sie nicht viel von "feministischen" Frauenprotesten gehalten, doch ein Schicksalsschlag und das Trauma danach haben ihre Sicht verändert.

Als Anna schwanger war, stellte der Arzt in der 12. Woche fest, dass der Fötus schwere Schäden hatte. Ein Fall, bei dem auch in Polen eine Abtreibung möglich ist. Doch kein Arzt wollte es tun, obwohl klar war, dass sie ein totes Kind zur Welt bringen würde. Mehrere Ärzte beriefen sich auf die "Gewissensklausel" - sie ermöglicht, dass ein Arzt einem Patienten Hilfe verweigert, wenn er gegen sein Gewissen handeln müsste.

"Mein Körper, meine Wahl" - seit Tagen protestieren Frauen und Männer in WarschauBild: Getty Images/AFP/J. Skarzynski

"Ein Arzt, der wider Gewissen handelt, steht unter großem Druck - das kommt auch dem Patienten nicht zugute", erklärt der erzkonservative Gesundheitsminister Konstanty Radziwill. Die Devise in der polnischen Medizin lautet neuerdings: Gewissen vor Gesetz. "Dass meine Frau und ich monatelang einfach auf den Tod des Fötus warten mussten, war unmenschlich und unbarmherzig" - klagt Wiktor, der in der Gewissensklausel alles andere als christliche Nächstenliebe sieht.

Scharfe Abtreibungsregelungen

Immer mehr Frauen in Polen wird der Zugang zur legalen Abtreibung verweigert, sagt Katarzyna Labedz von der Föderation für die Familienplanung. Laut ihrer Statistiken wurden 2015 nur rund 1000 legale Abtreibungen in Polen durchgeführt. Illegal sollen es rund 150.000 gewesen sein, so Schätzungen. Alarmierend sei, so Labedz, dass selbst vergewaltigten Frauen zunehmend die Hilfe verweigert wird, obwohl sie ein Recht auf eine legale Abtreibung haben. "Wohin diese Frauen gehen, kann man sich nur vorstellen", sagt Labedz. "Je restriktiver die Gesetze, desto mehr illegale Aborte gibt es."

Immer mehr Frauen wird der Zugang zur legalen Abtreibung verweigertBild: Getty Images/AFP/J. Skarzynski

Und es könnte noch schlimmer kommen. Bei der neuesten Abtreibungsdebatte im polnischen Parlament wurden gar Gefängnisstrafen für Frauen und Ärzte ernsthaft diskutiert. Auch ein Gesetzesentwurf, der den Zugang zur Verhütung drastisch erschwert, soll bald diskutiert werden.

Der Gesundheitsminister beschloss zudem, dass die Verhütungspille "day after" nur noch gegen Rezept verkauft werden darf, obwohl dieselbe Pille im Rest Europas mittlerweile rezeptfrei ist. Er behauptet, die Pille führe zu Frühgeburten. Die WHO erkennt sie jedoch offiziell als Verhütungsmittel an. "Ich bin selbst Arzt und würde die Pille auch einem vergewaltigten Mädchen verweigern", erklärte der Gesundheitsminister, ein Anhänger der Devise "Gewissen vor Gesetz".

Einmischung in die Privatsphäre

Den Frauenprotesten schließen sich neuerdings auch Hebammen an. Sie wollen die Veränderungen geltender Standards in der Geburtshilfe verhindern. Noch gilt, dass Gebärende im Kreißsaal kostenlose Betäubungsmittel bekommen, sie über ihre Position bei der Geburt selbst entscheiden und sie ihr Kind nach der Entbindung zunächst bei sich behalten. In Zukunft soll der Arzt über all das entscheiden. Das wäre ein Rückschritt, meinen viele Hebammen und Frauen. "Hände weg von unseren Gebärmüttern", heißt es deswegen auf zahlreichen Transparenten bei den Demos.

Auch die Abschaffung der staatlichen Hilfe für künstliche Befruchtung sorgt für Empörung. Seit 2013 bekamen 20.000 Paare einen Zuschuss. Dadurch wurden 5.000 Kinder zur Welt gebracht. Doch die künstliche Befruchtung widerspreche der katholischen Ethik, sagen die Kirche und einige Vertreter der Regierung.

Ein "schwarzer Mittwoch" steht bevor

Anna, die ein totes Kind zur Welt bringen musste, unterstützt jetzt die Frauenbewegung. Am kommenden Mittwoch, dem Internationalen Frauentag, wird sie schwarz gekleidet an der großen Demo teilnehmen - direkt vor dem Regierungssitz in Warschau. Auch ein Transparent hat sie schon: "My body, my choice", heißt es darauf. "Medizin, Politik und Religion dürfen nicht durcheinander gebracht werden", sagt sie.

Schon vor dem Internationalen Frauentag sind die Straßen Polens voll mit ProtestierendenBild: Getty Images/AFP/J. Skarzynski

In 49 Ländern soll es am Mittwoch Solidaritätsaktionen mit polnischen Frauen geben. "Wir beobachten, dass es immer mehr populistische Regierungen gibt, die gegen die Rechte der Frauen ankämpfen", sagt Magdalena Lempart, die die Initiative "Der internationale Frauenstreik" initiierte.

Und als gäbe es für tausende Frauen nicht schon genug Gründe, auf die Straße zu gehen, lieferte ihnen der polnische rechtsradikale Europaabgeordnete Janusz Korwin-Mikke erst kürzlich noch einen weiteren. Der für seine Provokationen bekannte Radikale sagte wörtlich, Frauen seien "im Durchschnitt schwächer, kleiner und weniger intelligent". Deshalb sei es richtig, dass sie weniger verdienten. In rund 100 polnischen Städten und Ortschaften finden am 8. März Frauenproteste statt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wollen sich dunkel kleiden und sprechen schon jetzt vom "schwarzen Mittwoch".

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