In Köln wütet Theresa May im Brexit-Wahn, in Mainz reitet Merkel auf der lahmen Koalition, und durch Düsseldorf rollt ein Toleranz-Wagen. Kein Thema ist vor den Wagenbauern der Rosenmontagszüge sicher.
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Witz und Satire: Die Rosenmontagswagen
Clownfisch Nemo erstickt am Plastikmüll, Merkel wird banksymäßig geschreddert, und Macron fällt vom Sockel. Die Motivwagen der Rosenmontagsumzüge greifen traditionsgemäß die Themen der großen Welt-Politik auf.
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Geschredderte Kanzlerin
Die Wagenbauer in Köln bauten diesen Motivwagen in Anlehnung an eine Aktion des Graffiti-Künstlers Banksy: Sein Bild eines Mädchens mit Luftballon wurde während einer Auktion durch einen im Bildrahmen versteckten Schredder zerstört. Damit thematisiert der Kölner Karneval Angela Merkels Abschied als CDU-Parteivorsitzende.
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Alexaaa
Wenn man nicht selbst einen besitzt, dann kann zumindest eine Person im sozialen Umfeld damit aufwarten: mit dem sprachgesteuerten persönlichen Assistenten Amazon Echo, der per Schlüsselwort aktiviert wird. Doch ob Alexa auch die kölsche Sprache beherrscht?
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"Hambi bleibt"
Der Hambacher Forst ist seit 2012 immer wieder Streitpunkt zwischen Umweltaktivisten und dem Energiekonzern RWE, der das Gelände rodet, um dort Braunkohle abzubauen. Der Konflikt spitzte sich 2018 zu, als von Aktivisten bewohnte Baumhäuser gewaltsam geräumt wurden. Auf dem Wagen fragen sich Hase und Igel, was die ganze Aufregung eigentlich soll.
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Verkehrte Rollen
2018 gingen zwei Pferde beim Rosenmontagszug in Köln durch, vier Leute wurden verletzt. Die Tierrechtsorganisation PETA kritisiert schon lange den Einsatz von Pferden bei Großveranstaltungen. Der Wagen sei, so Zugleiter Alexander Dieper, der Versuch, "als richtige Kölsche mit einem Augenzwinkern eine andere Lösung zu zeigen", er solle aber nicht die "Ernsthaftigkeit dieses Themas beeinflussen".
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Ein Präsident fällt vom Sockel
Als Macron zum französischen Präsidenten gewählt wurde, setze sein Volk große Hoffnungen auf ihn. Doch er konnte sie nicht erfüllen. Seit Oktober 2018 protestieren die sogenannten Gelbwesten gegen seine Politik. Anfangs richtete sich die Bewegung gegen die geplante höhere Besteuerung fossiler Kraftstoffe wie Diesel. Später wurden weitere Forderungen laut.
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Ungesühnte Taten
Dieser Wagen ist einer der elf Motivwagen beim Mainzer Rosenmontagszug. Thematisiert wird der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche: Ein Pastor verlässt unbehelligt ein Kirchengebäude. Auch Anspielungen auf die #MeToo-Debatte sind mit von der Partie.
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Die Queen auf der Flucht
Mit ihren Hunden flieht Queen Elizabeth II. vor dem Brexit-Chaos nach Europa. In der Hand hält sie einen Asylantrag für Deutschland. In überspitzter Weise zeigen die Wagenbauer hier ein Stück der Realität: Tatsächlich haben sich wegen des drohenden Brexits schon viele Briten um einen deutschen Pass bemüht. Die Königin wird ihr Zuhause wohl trotzdem nicht so schnell verlassen.
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Voll bis obenhin
"Zum Kotzen" findet die Weltkugel auf diesem Wagen die Umweltverschmutzung. Sie spuckt einen riesigen Haufen Plastikmüll aus. Das ist auch ein Thema beim Kölner Rosenmontagszug: Dort wird der bekannte Clownfisch aus "Findet Nemo" gezeigt, der am Plastik zu ersticken droht.
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"Auf die Fresse"
Andrea Nahles wird auf diesem Wagen des Mainzer Carneval Vereins mit herausgeschlagenen Zähnen auf dem Boden liegend dargestellt. Sie ist aus ihren roten SPD-Stöckelschuhen gekippt. Angelehnt ist der Wagen an ein Zitat der SPD-Vorsitzenden, das sie an die Union richtete: "Ab morgen kriegen sie in die Fresse." Aus Sicht der Wagenbauer hat sich das wohl eher ins Gegenteil verkehrt.
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Alternative oder doch eher Nazi?
Böse: Ein Wagen zeigt auf der Vorderseite ein AfD-Plakat, darauf ein harmloser wirkender Mann. Betrachtet man den Wagen aber von hinten, sieht man einen Neo-Nazi mit Glatze, Tattoo und Fackel aus dem Plakat steigen. Sein rechter Arm ist zum Hitlergruß erhoben. Mit den anderen Wagen wird dieser am Montag durch die Mainzer Innenstadt rollen und wohl für geteilte Meinungen sorgen.
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An diesem Rosenmontag ist es wieder so weit - trotz Sturmwarnung. Dicht an dicht stehen die Närrinnen und Narren in den Karnevalshochburgen Köln, Mainz und Düsseldorf am Straßenrand, um die großen Motivwagen zu bestaunen. Alle Jahre wieder kreieren die Wagenbauer mit viel Fantasie und Geschick Figuren, die die beherrschenden Themen aus Stadt-, Bundes- und Weltpolitik satirisch auf die Spitze treiben. Die Mainzer und Kölner haben ihre Wagen schon vorab präsentiert, in Düsseldorf wurde das Geheimnis traditionell erst am Rosenmontag gelüftet - mit einer Ausnahme.
Toleranz wagen in Düsseldorf
Es handelt sich aber auch um einen ganz besonderen Motivwagen mit einer starken Botschaft: den "Toleranz-Wagen". Mit roten Pappnasen im Gesicht steht da ein Iman neben einem katholischen Priester, daneben ein Rabbiner und eine evangelische Pfarrerin - und alle gemeinsam sind sie jeck - also närrisch im Karneval. Auf dem Wagen fahren je sieben Vertreter der vier Religionsgemeinschaften mit, die unter anderem koschere Süßigkeiten in die Menge werfen.
Queen flüchtet in Mainz vor dem Brexit
Mainz wird seinem Ruf als politische Hochburg der Fastnacht, wie der Karneval in der Landeshauptstadt von Rheinland-Pfalz genannt wird, wieder mehr als gerecht - auch wenn der Mainzer Carneval Verein in diesem Jahr aus Kostengründen nur elf statt der üblichen 13 Motivwagen präsentieren kann. Diese nehmen die politischen Entwicklungen des letzten Jahres aber gekonnt spöttisch ins Visier: Merkel reitet auf dem beinahe totgerittenen Pferd der Koalition, die Queen rennt mit einem Asylantrag in der Hand vor dem Brexit weg, und die Weltkugel spuckt einen Berg von Plastikmüll aus.
Von Macron bis Trumps Tattoo: Karnevalswagen in Köln
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"Uns Sproch es Heimat"
In Köln haben 30 Menschen in sieben Wagenbauteams vom 11. November bis Mitte Februar an den 26 Persiflage-Wagen gearbeitet, die sich an diesem Rosenmontag ihren Weg durch die Menschenmassen bahnen. Das Motto der aktuellen Karnevals-Session lautet "Uns Sproch es Heimat" (Unsere Sprache ist Heimat). Neben lokalpolitischen Themen findet man auch hier Anspielungen auf die Weltpolitik: Donald Trump schlägt mit einem Golfschläger internationale Abkommen wie das Pariser Klimaabkommen und den Iran-Deal weg, und die französischen Gelbwesten versuchen, den goldenen Emmanuel Macron von seinem Sockel zu stürzen.
Mit einem Wagen nimmt sich der Kölner Karneval selbst auf die Schippe: Er zeigt ein Pferd, das es sich in einer Kutsche gemütlich gemacht hat, während zwei Gardisten es ziehen. Der Wagen spielt auf einen Vorfall im letzten Jahr an: Damals waren zwei Pferde mit einem Wagen durchgegangen, vier Menschen wurden verletzt. Das löste eine Diskussion über die Notwendigkeit von Pferden bei Großveranstaltungen wie dem Karneval aus. Um den Tierschutz zu gewährleisten, habe man sich mit einer Veterinärmedizinerin beraten. "Wir sind jetzt davon überzeugt, dass wir unter Wahrung des Tierschutzes die Pferde weiterhin mitnehmen können", sagt Zugleiter Alexander Dieper. Letztendlich traben die Tiere aber doch nicht in Köln durch die Straßen. Wegen des angekündigten Orkans verzichten die Kölner in diesem Jahr auf Pferde und Kutschen.
Vorfreude und Euphorie
Sicherheit sei auch im Allgemeinen ein sehr großes Thema für alle Karnevalsvereine, so Dieper. "Wir alle haben nur eines im Sinn: den Rosenmontagszug sicher und friedlich durch die Städte zu bringen. Wir tauschen uns regelmäßig aus und lernen voneinander."
Nach Abschluß der Vorbereitungen, freute der Zugleiter sich auf den Straßenkarneval: "Das Richtfest ist für mich der Start in die heiße Phase des Karnevals. Jetzt kann's losgehen. Ich bin voller Vorfreude und Euphorie."