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Freie Syrische Armee verliert an Boden

Michael Hartlep14. Dezember 2013

Durch den Stopp der Hilfslieferungen nach Syrien wollen USA und Großbritannien verhindern, dass Islamisten in der Oppositionsbewegung stärker werden. Genau das könnte jetzt aber passieren.

Zwei Jungen, die für die Freie Syrische Armee kämpfen, posieren auf einer kaputten Couch in einem Haus. An der Wand die Aufschrift: Gott, Syrien, Frei. (Foto: REUTERS/Molhem Barakat)
Bild: Reuters

Syrische Freiheitskämpfer fürchten eine Schwächung ihrer Position. Grund ist der Stopp von Hilfslieferungen aus den USA und Großbritannien. Beide Staaten haben bislang Fahrzeuge, Computer oder Schutzwesten, aber auch Waffen und Munition an die Aufständischen geschickt. Damit soll vorerst Schluss sein. Denn Briten und Amerikaner wollen verhindern, dass die Hilfen auf Umwegen bei radikalen Kräften der Opposition landen.

Erst vor einigen Tagen sollen Islamisten einen Kommandostützpunkt der Freien Syrischen Armee eingenommen und dabei westliche Waffen und Hilfslieferungen erbeutet haben. Nach den Worten von US-Verteidigungsminister Chuck Hagel ist die Entwicklung in Syrien derzeit unvorhersehbar. Lieferungen an die Opposition würden daher ausgesetzt, bis klar sei, wer welche Waffenlager und Grenzübergänge kontrolliere.

Stärkung für die radikalen Kräfte

Ein Kämpfer der freien syrischen Armee auf einem Panzer in der Nähe der Stadt AzazBild: Sam Tarling/AFP/GettyImages

Ein Vertreter der gemäßigten Opposition hält dieses Vorgehen für falsch. "Dieser Schritt ist absolut kontraproduktiv und überhaupt nicht im Interesse der syrischen Bevölkerung", sagt Sadiq Al-Mousllie, der den Syrischen Nationalrat in Deutschland vertritt. Durch den Stopp der Lieferung an moderate Kräfte würden radikale Gruppen innerhalb der Opposition gestärkt. Denn sie bekämen weiterhin Unterstützung, so Al-Mousllie.

In den letzten Monaten war die Freie Syrische Armee in die Defensive geraten. Als Grund dafür sieht Al-Mousllie die zögerliche Unterstützung des Westens für die Freie Syrische Armee. Auch vor dem Lieferstopp hätten Briten und Amerikaner nur sehr wenig Waffen und Hilfslieferungen geschickt. Sie befürchteten, dass ein Teil davon in den Händen von radikalen Islamisten landen könnte.

Syrische Opposition zersplittert

In der Nähe von Damaskus beendet eine Brigade islamistischer Kämpfer die AusbildungBild: Reuters

Genau das scheint bei dem Vorfall vor wenigen Tagen passiert zu sein. Für Jochen Hippler, Politikwissenschaftler und Friedensforscher an der Universität Duisburg-Essen, zeigt sich darin das verschobene Kräfteverhältnis innerhalb der Oppositionsbewegung. "Vor einem Jahr konnten wir noch erleben, dass die Freie Syrische Armee versuchte, den gesamten Widerstand gegen Assad zu bündeln. Das ist gescheitert." Jetzt gäbe es Hunderte von bewaffneten Milizen, die für völlig unterschiedliche Ziele kämpften.

Während die Freie Syrische Armee mit dem Ziel angetreten ist, gegen die Assad-Diktatur und für Demokratie zu kämpfen, haben andere Milizen wie die Islamische Front und die al-Khaida-nahe Nusra-Front sowie die Gruppe "Islamischer Staat im Irak und der Levante" eine religiöse Agenda. Kurdisch-nationalistischen Gruppen hingegen geht es um nationale Eigenständigkeit. Andere Milizen sind wiederum kriminelle Banden, die plündern und Schutzgeld erpressen.

Humanitäre Katastrophe

Syrische Flüchtlinge suchen Deckung vor einem Schneesturm in einem libanesischen FlüchtlingslagerBild: Reuters

Durch die Entscheidung aus London und Washington werden die moderaten Kräfte innerhalb der syrischen Opposition weiter geschwächt, sagt Hippler. Davon sei auch die Zivilbevölkerung betroffen. Abed al-Aziz Aidy kann das bestätigen. Er ist der Geschäftsführer von Najda Now, einer Hilfsorganisation, die versucht, die Not der Menschen in Syrien zu lindern. Früher habe man nur Probleme mit dem Assad-Regime gehabt, so Aidy. Jetzt bekomme die Organisation auch Probleme in den Gebieten, die von Islamisten kontrolliert würden.

Nach Schätzungen von Monitoring-Stellen sind seit Beginn der Unruhen im März 2011 über 126.000 Menschen gestorben. Mehr als 2,2 Millionen leben in Flüchtlingslagern in der Türkei, Libanon und Jordanien. Syrien selbst zerfällt immer mehr in kleine Gebiete, wo Milizen, religiöse Gruppen, Verbrecherbanden und das Regime konkurrieren und um die Macht streiten.

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