Wahlkampf in Angola
30. August 2012Der Wahlkampf in Angola ist ein ungleicher Kampf gewesen: der Kampf zwischen einem Goliath und acht Davids. Der Goliath heißt MPLA, Volksbewegung für die Befreiung Angolas, und hält sich seit der Unabhängigkeit im Jahre 1975 hartnäckig und trotz aller Anfeindungen seitens der acht Oppositionsparteien an der Macht. Entsprechend selbstbewusst waren die Auftritte des Präsidenten José Eduardo dos Santos: Erst am Dienstag (28.08.2012) hat er seinen 70. Geburtstag mit der Einweihung der "nova Marginal", der neu renovierten Uferpromenade aus der Kolonialzeit begangen. Zum Abschluss des Wahlkampfes auf dem Gelände der futuristisch anmutenden Fußballarena "11 de Novembro" betonte der Präsident, dass der Wiederaufbau Angolas in vollem Gange sei. Das sei seiner Führung zu verdanken. Die Opposition aber beschränke sich darauf, zu kritisieren und Drohungen auszusprechen.
Präsident mit wenig Rückhalt
Das Selbstbewusstsein des nach Teodoro Obiang aus Equatorial-Guinea dienstältesten Präsidenten Afrikas scheint unbegründet: Nach einer Studie des renommierten US-Instituts Gallup aus dem vergangenen Jahr ist José Eduardo dos Santos der unbeliebteste politische Führer Afrikas. Nur 16 Prozent der Angolaner stimmen demnach seiner Politik zu. Robert Mugabe aus Simbabwe genießt als zweitplatzierter auf dieser Liste mit 30 Prozent immerhin fast doppelt so viel Zustimmung bei der eigenen Bevölkerung. Zu erdrückend sind die Korruptionsvorwürfe. Als zu ungerecht empfindet ein Großteil der Bevölkerung die Verteilung der Reichtümer Angolas, immerhin des zweitgrößten Erdölproduzenten Afrikas.
Dennoch scheint einer Fortsetzung der MPLA-Macht nichts im Wege zu stehen. Beobachter rechnen mit einem haushohen Sieg der von dos Santos angeführten, ehemals marxistischen Bewegung, die nach Ende des Bürgerkriegs 2002 zum Kapitalismus konvertierte.
Schwache Opposition, starker Unterdrückungsapparat
Doch die meisten Oppositionsparteien kämpfen vor allem um ihre Existenz. Die ehemalige Rebellenbewegung UNITA (Nationale Union für die völlige Unabhängigkeit Angolas) hatte bei der letzten Wahl 2008 offiziell knapp über zehn Prozent der Stimmen erhalten. Ihr aktueller Spitzenkandidat Isaias Samakuva wirkt im Vergleich mit dem charismatischen historischen Führer Jonas Savimbi aber eher blass. Auch neuen Bewegungen wie der Partei "Casa-CE" des UNITA-Dissidenten Abel Chivukuvuku werden wenig Chancen eingeräumt. Ähnliches gilt für die historische Freiheitsbewegung FNLA (Nationale Front zur Befreiung Angolas), die sich seit Jahren in einem Selbstauflösungsprozess befindet. Kaum mehr als eine regionale Bedeutung hat die föderalistische Partei für die Demokratische Erneuerung PRS: Sie genießt einigen Rückhalt bei der Bevölkerung in den Diamantenprovinzen Luanda Norte und Lunda Sul.
Der angolanische Journalist, Blogger und Menschenrechtsaktivist Rafael Marques führt die Schwäche der Oppostion darauf zurück, dass die Regierungspartei Staatsmedien eingespannt, massiv öffentliche Mittel für den eigenen Wahlkampf eingesetzt und Oppositionsbewegungen im Keim erstickt hat. Besonders negativ schätzt Marques die Tatsache ein, dass die Öffentlichkeit keinerlei Einsicht in die Wählerverzeichnisse erhielt und viele Wähler noch gar nicht wissen, ob und wo sie ihren Wahlzettel abgeben können. "Kein Angolaner, der einigermaßen bei Verstand ist, glaubt, dass diese Wahlen fair und legal ablaufen werden", so Marques im Gespräch mit der Deutschen Welle.
Auch Human Rights Watch kritisierte zuletzt die Unterdrückung von Reform- und Oppositionsbewegungen. Die Angola-Expertin der Menschenrechtsorganisation, Lisa Rimli, spricht gegenüber der DW von willkürlichen Verhaftungen, unfairen Prozessen und der Behinderung von Wahlbeobachtern. "Es gibt ein Klima der Einschüchterung - die Versammlungsfreiheit und die Berichterstattung in den Medien ist eingeschränkt."
Opposition fordert Verschiebung
Die Unita, die größte von acht Oppositionsparteien, hatte zuletzt zu einer Massendemonstration für faire Wahlen aufgerufen. Die Nationale Wahlkommission, die von der MPLA dominiert sei, habe grobe Fehler gemacht und gegen Gesetze verstoßen, beklagt der Vorsitzende der Unita, Isaías Samakuva. Deshalb habe sich die größte Oppositionspartei dafür ausgesprochen, die Wahlen zu verschieben.
Trotz der Proteste der Opposition: Die Wahl wird - wie vorgesehen - an diesem Freitag (31.08.2012) stattfinden. Rund neun Millionen Wähler sind in Angola aufgerufen, ein neues Parlament und gleichzeitig den Präsidenten zu wählen. Dann wird Staatspräsident dos Santos mit hoher Wahrscheinlichkeit zum ersten Mal - zumindest auf dem Papier - demokratisch gewählt werden. Direkt wählen lassen muss er sich nicht. Denn durch eine Verfassungsänderung im Jahr 2010 wurden die direkten Präsidentschaftswahlen abgeschafft. Nun wird automatisch derjenige Präsident, der ganz oben auf der Liste der Partei steht, die bei den Parlamentswahlen die meisten Stimmen bekommt.