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Freihandel zwischen Brasilien und EU naht

Jan D. Walter24. Februar 2014

Brasilien und EU sind einer gemeinsamen Freihandelszone offenbar näher gekommen. Doch bei den Gipfelgesprächen in Brüssel geht es nicht nur um Zölle und Subventionen.

v.l.: EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff und EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso (li.), Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff (M.)und EU-Ratspräsident Herman Van RompuyBild: DW/L. Frey

Das Auftaktgespräch zwischen Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff, EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und Kommissionspräsident José Manuel Barroso ist offenbar erfolgreich verlaufen: "Zum ersten Mal sind wir einer Einigung nahe", sagte Rousseff am Montagmittag (24.02.2014) nach der ersten Sitzung gegenüber der Presse. Gemeint waren die Verhandlungen über das gemeinsame Freihandelsabkommen, dass beide Seiten seit Jahren anstreben.

Die gemeinsamen Interessen gehen aber über die reinen Wirtschaftsbeziehungen hinaus: Beide Delegationen kündigten auch Gespräche über die Finanzierung einer direkten Internetverbindung zwischen Europa und Brasilien an.

Wichtige Handelspartner

Die EU als Ganzes ist Brasiliens größter Handelspartner - noch vor China und den USA. Doch Brasiliens einst positive Handelsbilanz mit der EU kippte zuletzt: Aus einem Plus von 3,3 Milliarden US-Dollar 2011 wurde bis 2013 ein Minus von 7,1 Milliarden US-Dollar. Zudem sank das Handelsvolumen zwischen 2012 und 2013 ebenfalls von 37,4 auf 33 Milliarden US-Dollar.

Noch ist die Zusammenstellung der Handelsgüter traditionell: Europa liefert Brasilien zu 90 Prozent verarbeitete Produkte wie Autos, Maschinen und chemische Erzeugnisse. Die brasilianischen Exporte nach Europa dagegen bestehen fast zur Hälfte aus landwirtschaftlichen Produkten wie Soja, Zucker und Fleisch. Hinzu kommen Eisenerz und Rohöl, aber der Anteil von Industrieprodukten wächst: Bei Regionalflugzeugen ist die brasilianische Embraer inzwischen Weltmarktführer.

Dennoch benötigt Brasilien dringend einen Wachstumsimpuls: Nach offiziellen Prognosen wird 2014 das vierte Jahr in Folge, in dem die brasilianische Wirtschaft um weniger als drei Prozent wächst - für ein Schwellenland kommt das einem Stillstand gleich. Und bei einer Inflation um die sechs Prozent werden die Brasilianer von sinkenden Realeinkommen geplagt.

Schleppende Handelsbeziehungen

Erste Gespräche über eine Senkung der Handelsbarrieren führten die EU und Brasilien bereits 1999. Doch obwohl das südamerikanische Land seit 2007 strategischer Partner der EU ist, blieb es bis heute bei der Absichtserklärung - zu groß waren die Differenzen über brasilianische Importzölle und europäische Agrarsubventionen. Allerdings spielte die Handelspolitik für die brasilianische Regierung viele Jahre lang nur eine untergeordnete Rolle. Der Außenhandel macht gerade einmal ein Fünftel des brasilianischen Bruttoinlandsprodukts aus.

Für die EU ist die Außenwirtschaft wichtiger: Die Außenhandelsquote liegt hier um die 30 Prozent - darin ist der Warentausch der EU-Länder untereinander nicht enthalten. Doch Brasilien ist außenwirtschaftlich für die Europäer eher ein Nebenschauplatz - trotz seiner Größe liegt es nur auf Rang acht der EU-Handelspartner.

Ein Freihandelsabkommen zwischen EU und Brasilien muss mit den Mercosur-Mitgliedern abgestimmt werdenBild: Miguel Rojo/AFP/Getty Images

Hemmschuh Mercosur

Inzwischen würde Brasilien die Handelsallianz mit der EU wohl lieber gestern als heute besiegeln. Das Problem: Brasilien ist Teil der südamerikanischen Freihandelszone Mercosur. Deshalb kann die Regierung nicht einfach ein Abkommen unterzeichnen. Das Bündnis muss mit den anderen Mitgliedern (Argentinien, Uruguay, Paraguay und Venezuela) abgestimmt werden. Hoffnung gibt hier die Mercosur-interne Vereinbarung, dass die einzelnen Mitgliedstaaten mit "unterschiedlicher Geschwindigkeit" auf die EU zugehen dürfen - sprich: eigene Zolltarife aushandeln können.

Am 21. März wollen beide Seiten Angebote für Handelserleichterungen vorlegen. "Dann werden wir sehen, wie ehrgeizig wir auf beiden Seiten sind", kommentierte EU-Kommissionspräsident Barroso den Schritt.

Doch derzeit liegt der Fokus der EU-Kommission auf den Verhandlungen über ein Handelsabkommen mit den USA, sodass Brasilien und Mercosur wiederum ins Hintertreffen geraten könnten. Durch ihre Anwesenheit in Brüssel unterstrich Präsidentin Dilma Rousseff daher noch einmal, für wie wichtig sie das Handelsabkommen zwischen der EU und ihrem Land hält.

Zusammenarbeit beim Datenverkehr

Selbst wenn das Freihandelsabkommen in diesen Tagen nicht maßgeblich vorankommt, muss Rousseff nicht zwangsläufig mit leeren Händen aus Brüssel nach Hause kommen. Denn eine ebenfalls Jahre alte Debatte hat in den vergangenen Monaten wieder Fahrt aufgenommen: der Ausbau der Datenverbindungen zwischen Südamerika und Europa.

Bisher laufen sämtliche Internetverbindungen zwischen Südamerika und Europa über die USA. Lange Zeit störte sich die Politik nicht sonderlich daran. Doch nachdem bekannt wurde, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel und die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff vom US-Geheimdienst NSA abgehört wurden, landete das Datenkabel wieder auf der Tagesordnung.

Für Brasilien ist der Bau des Unterseekabels beschlossene Sache. In Brüssel wollen die Regierungsvertreter nun über die Finanzierung der geschätzten 185 Millionen US-Dollar verhandeln. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy signalisierte bereits große Übereinstimmung zwischen beiden Delegationen bezüglich der Anforderungen an das Internet, ging aber nicht konkret auf das Kabel ein. Doch wenn alles glatt läuft, soll das Verlegen des neuen Glasfaserkabels von Portugal in den brasilianischen Nordosten Mitte des Jahres beginnen.

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