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Politik

Fremde Leichenteile in Kaczynski-Grab

3. Juni 2017

Nach dem Fund fremder Leichenteile im Grab des früheren Präsidenten Lech Kaczynski ist der politische Streit um die Flugzeugkatastrophe von Smolensk neu entbrannt. Polens Regierungspartei PiS spricht von einem Skandal.

Polen Grab von Lech Kaczynski und seiner Frau Maria in Krakau
Bild: Getty Images/S. Gallup

Im April 2010 ist ein Passagierflugzeug der polnischen Regierung mit Präsident Lech Kaczynski und 95 weiteren Passagieren an Bord in Russland abgestürzt. Die Präsidentenmaschine vom Typ Tupolew Tu-154 war beim Landeanflug auf den Flughafen der Stadt Smolensk im Nebel verunglückt. Neben Kaczyński und seiner Ehefrau waren weitere polnische Politiker und hochrangige Repräsentanten des Landes an Bord, sie wollten zu einer Gedenkveranstaltung anlässlich des 70. Jahrestags des Massakers von Katyn.

Seitdem lässt die Katastrophe Polen nicht los, dafür sorgen schon allein die Verschwörungstheorien der rechtskonservativen Regierung. Viele Anhänger der regierenden Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) sind überzeugt, der Absturz sei ein Anschlag gewesen. Seit ihrer Machtübernahme 2015 lassen die Nationalkonservativen die möglichen Unglücksursachen neu untersuchen.

Leichen vertauscht und fehlerhaft identifiziert

Bei einer von PiS angeordneten Exhumierung der Toten traten nun offenbar grobe Fehler bei der Identifizierung der Absturzopfer zutage. Laut Behörden in Warschau wurden im Grab Lech Kaczynskis, des Zwillingsbruders von PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski, sterbliche Überreste von zwei weiteren Menschen entdeckt. Darüber hatte zunächst die "Märkische Oderzeitung" berichtet. Laut dem stellvertretendem Generalstaatsanwalt Marek Pasionek wurden weitere Tote fehlerhaft identifiziert. In einem Sarg seien sogar Überreste von sieben anderen Menschen gewesen. Neun der 96 Toten wurden am Unglücksort offenbar komplett vertauscht.

Politisches Klima in Polen vergiftet

Die Fehler bei der Identifizierung der Absturzopfer seien ein Skandal, sagte PiS-Sprecherin Beata Mazurek nach Angaben der polnischen Agentur PAP. Sie machte die Vorgängerregierung dafür verantwortlich. Seit Jahren werfen PiS-Mitglieder der damaligen Regierung von Donald Tusk, dem heutigen EU-Ratspräsidenten, Nachlässigkeit bei den Ermittlungen vor.

Regierungskritiker unterstellen der PiS wiederum, die Katastrophe zur Diskreditierung ihrer Vorgänger zu nutzen. Die Opposition warf der Staatsanwaltschaft nun vor, selektiv und zum Vorteil der Regierenden zu informieren. Die Behörden hätten weder Angaben dazu gemacht, wer für die Fehler verantwortlich sei, noch Erkenntnisse zur Anschlagstheorie geliefert.

Das Wrack der Präsidentenmaschine - Anschlag oder Unglück? - in Polen bis heute ein StreitthemaBild: picture-alliance/dpa/S. Chirikov

Die jüngsten Erkenntnisse zu den Toten von Smolensk könnten die politische Stimmung im Land weiter anheizen. Befürchtet wird, dass die Ergebnisse der Exhumierungen die politischen Beziehungen auch zwischen Russland und Polen weiter belasten könnten, zu einer Zeit, in der sie durch die Ukraine-Krise ohnehin schwierig sind.

Die Särge der Opfer wurden damals innerhalb von zwei Wochen nach dem Absturz versiegelt von Russland nach Polen überführt. Der Vorwurf könnte nun lauten, dass Russland die Opfer nicht sorgfältig genug identifiziert und angemessen behandelt habe.

qu/cw (dpa, rtre)

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