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French Open 2020: Unter keinem guten Stern

27. September 2020

Als letztes Grand Slam des Jahres haben die French Open begonnen. Sportlich verspricht das Turnier einiges, aber die 119. Ausgabe von Roland Garros steht unter keinem guten Stern - nicht nur wegen der Corona-Pandemie.

Frankreich Paris | French Open 2020 | Stade Roland Garros
Bild: Charles Platiau/Reuters

Man hält in Paris was auf sich, Tradition und Moderne werden hier vereint, heißt es: Und mittendrin die French Open. Ein Klassiker des Tennis-Sports. Als einziges der vier Grand-Slams, der wichtigsten Turniere in dieser Sportart, wird das Turnier am Stade Roland Garros auf Sand gespielt. Lange Ballwechsel gehören hier genauso dazu wie das penible Kehren der Linien mit dem Besen und das offene Ende im fünften Satz. Denn als einziges der vier Turniere wird hier im entscheidenden fünften Durchgang bei den Herren, bzw. dritten Satz der Damen, kein Tiebreak oder Match-Tiebreak gespielt. Es geht so lange, bis eine/er zwei Spiele vorne ist. Und das bedeutet mitunter: sehr lange.  

Die Matches gehen in Paris bis in die späten Abendstunden. Zwar verfügt der Center Court in Paris seit diesem Jahr als erster Platz der Anlage über ein verschließbares Dach und Flutlicht. Da aber auf allen anderen Plätzen unter freiem Himmel und ohne Flutlicht gespielt wird, gehört es hier auch dazu, dass Matches am nächsten Tag fortgesetzt werden müssen. Daran sind die Zuschauer in der französischen Hauptstadt gewöhnt. Und auch sie gehören beim zweiwöchigen Spektakel auf der engen Anlage rund um die beiden größten Stadien, Court Philippe Chatrier und Court Suzanne Lenglen, dazu - eigentlich.

1.000 Zuschauer pro Tag 

Denn in diesem Jahr ist auch hier alles anders. Im Gegensatz zu den US Open planten die Veranstalter in Paris nach der Turnier-Verlegung von Mai/Juni auf September/Oktober stets mit Zuschauern, doch die Pläne erhielten immer wieder einen Dämpfer: Aus 20.000 Fans mussten die Veranstalter die Anzahl in Anbetracht der Pandemie-Entwicklung auf zwischenzeitlich 11.500, dann auf 5.000 und zuletzt auf nur noch 1.000 Zuschauer reduzieren.

Die Entwicklung im aktuellen Corona-Hochrisikogebiet Paris macht diese Maßnahmen unumgänglich. "Die Situation verschlechtert sich weiter", hatte Frankreichs Gesundheitsminister Oliver Veran zuletzt im Hinblick auf Paris gesagt und davon gesprochen, "zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen". Seit Samstag gilt die von der Regierung erlassene Obergrenze von 1.000 Menschen bei öffentlichen Veranstaltungen. 

Für die Organisatoren um Turnierdirektor Guy Forget schlechte Nachrichten, genauso wie die sechs positiven Corona-Fälle im Rahmen der Qualifikation für das Hauptturnier. Die French Open 2020 hängen am seidenen Faden. Um den GAU "Turnier-Abbruch" zu vermeiden haben die Organisatoren die Profis in zwei Hotels untergebracht, in denen die "Blase" dichthalten soll: Die 60 besten Spieler der Weltrangliste in einem, aller anderen Spielerin*innen in dem anderen Hotel - so soll es funktionieren. 

Kritik von allen Seiten

In dieser Frage scheint das Turnier besser aufgestellt als die US-Open. In New York waren einige Spieler in Hotels untergebracht, in denen sie unfreiwillig Kontakt zu anderen Menschen, unter anderem mit feiernden Hochzeitsgesellschaften, hatten. Das brachte den dortigen Veranstaltern viel Kritik ein. auch die Veranstalter der French Open hatten schon früh in der Pandemie massive Kritik für ihre Alleingänge  einstecken müssen und ernteten dafür Kopschütteln.

Das hat sich bis heute nicht geändert. Zu bedenklich ist die aktuelle Infektions-Entwicklung, zu unattraktiv die Geisterkulisse mit wenigen Zuschauern. Zu verbissen scheinen die Organisatoren, das Turnier um jeden Preis durchzuziehen. "Mehr als den Eiffelturm, den ich von meinem Hotelzimmer aus sehen kann, werde ich wohl dieses Jahr von Paris nicht mitbekommen", sagte die deutsche Spitzenspielerin  Angelique Kerber im Vorfeld. 

Kyrgios und die Spaltung der Tennis-Welt

Gar keine Vorfreude hat derweil die Titelverteidigerin Ashleigh Barty. Die Australierin hat - wie schon bei den US Open - ihre Teilnahme abgesagt. Genauso hält es auch der männliche Top-Spieler aus Australien, Nick Kyrgios. Doch dabei belässt es der meinungsfreudige Australier, der in der Tennis-Szene lange als "Bad Boy" galt, nicht. Kyrgios geht weiter und ist mittlerweile einer der größten Kritiker der wiedergestarteten Tennis-Tour sowie der eigenen Zunft.

Nick Kyrgios (l.) und Rafael Nadal bei den Australian Open 2020 Bild: Cameron Spencer/Getty Images

Deutliche Kritik richtete Kyrgios via "Twitter" an Novak Djokovic und der vom Serben ausgerichteten Adria-Tour mit anschließender Party und daraus resultierender Infektionen. Unter anderem hatte sich Grigor Dimitrov mit Covid-19 angesteckt. Weitere prominente Teilnehmer waren Dominic Thiem und Alexander Zverev. Spätestens als Party-Bilder aus Monaco und dem feiernden Zverev auftauchten, wurde der deutsche Top-Spieler zur Zielscheibe Nummer eins für Kyrgios.

Die öffentlich ausgetragenen Dispute zeigen einmal mehr, wie zerrissen die Tennis-Welt im Augenschein der Pandemie ist. Sollen Turniere stattfinden oder nicht? Reisen die Spieler an oder nicht? Wer soll die Profis in Zukunft in welcher Form vertreten? Neben all den Einzellkonflikten scheinen es besonders die Pläne des Weltranglistenersten Djokovic, eine neue von der ATP unabhängige Spielervertretung zu gründen, zu sein, die die Spaltung der Tennis-Welt vorantreiben. 

Jagd auf Nadal

Unter diesem Aspekt hat es natürlich auch etwas Gutes, wenn sich die Profis auf das Wesentliche konzentrieren und einfach Tennis spielen. Denn bei allen Rückschlägen für die French Open: Bezüglich des Teilnehmerfeldes schöpft das Turnier nahezu aus den Vollen. Bis auf Kyrgios und den verletzten Roger Federer sind bei den Herren alle Top-100-Spieler dabei - darunter natürlich auch der "König von Paris", Rafael Nadal. 

Triumph Nr. 12: Rafael Nadal nach seinem French-Open-Sieg 2019 Bild: Berzane Nasser/abaca/picture-alliance

  Zwölfmal siegte Nadal in "seinem Wohnzimmer", dem Court Philippe Chatrier. Nur zweimal überhaupt konnte ihn ein Gegner in Paris schlagen: 2015 war es Novak Djokvic, 2009 der Schwede Robin Söderlin. So wird wohl auch dieses Mal der Weg zum Titel nur über ihn gehen. Der Weltranglistenerste Djokovic und der Österreicher Thiem, ein ausgewiesener Sandspezialist und frisch gebackener US-Open-Sieger, dürften wieder die größten Konkurrenten für Nadal werden. 

David Vorholt Redakteur, Reporter und Autor in der DW-Sportredaktion
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