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Freundlich im Ton, entschieden in der Sache

19. Januar 2016

Beata Szydlo ist wirklich nicht als Büßerin nach Straßburg gekommen. Vielmehr wollte die polnische Ministerpräsidentin die umstrittenen Reformen in ihrem Land selbstbewusst vor den Europaparlamentariern verteidigen.

Polens Premierministerin Beata Szydlo spricht vor dem Europaparlament in Straßburg (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/W. Dabkowski

Entsprechend gestaltete die Regierungschefin auch ihren Auftritt. Das blaue Kostüm, das sie schon im Wahlkampf so häufig trug, gilt längst als "Kampfkleidung" der nationalkonservativen Politikerin. Sie und ihre Regierung seien bereit, den Europäern über alle strittigen Themen Frage und Antwort zu stehen, sagte Szydlo vor dem Straßburger Parlament. Polen sei jedoch ein freies Land und müsse das Recht haben, bei "innenpolitischen Entscheidungen souverän" zu sein.

Die polnischen Wähler hätten im Herbst die Partei für Recht und Gerechtigkeit (PiS) an die Regierung gewählt - und damit auch deren Programm, sagte Szydlo weiter. Die Regierung sei nun verpflichtet, den "guten Wandel", den sie den Bürgern versprochen habe, auch umzusetzen. Dabei wahre sie sowohl die polnische Verfassung, als auch das EU-Recht.

"Fehler der Vorgängerregierung korrigiert"

Zur Kritik an der Reform des Verfassungsgerichts sagte die Ministerpräsidentin, damit seien nur "Fehler" der Vorgängerregierung "korrigiert" worden. Ihrer Regierung gehe es um ein "Gleichgewicht" an dem Gericht. Sie habe nur fünf der insgesamt 15 Verfassungsrichter neu ernannt, die Rechte der Opposition würden damit respektiert.

Die polnische Regierung hatte nach ihrem Amtsantritt im November eine Entscheidung ihrer Vorgängerregierung zur Ernennung von fünf Verfassungsrichtern rückgängig gemacht. Das Verfassungsgericht entschied im Dezember, dass dies im Fall von drei der Neubesetzungen nicht rechtmäßig war. Das neue Gesetz sieht außerdem vor, dass das Verfassungsgericht für seine Entscheidungen künftig eine Zwei-Drittel-Mehrheit benötigt.

"Ein trauriger Tag"

Auf Kritik in Brüssel stößt zudem, dass die Chefs des öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders TVP und des Radiosenders PR künftig direkt von der Regierung und nicht durch ein unabhängiges Gremium ernannt oder abberufen werden können. Dazu sagte Szydlo lediglich, es solle sichergestellt werden, dass die Sender "unpolitisch und unabhängig" berichteten.

Zu dem von der EU-Kommission eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Rechtsstaatlichkeit in Polen sagte die Regierungschefin, es gebe "keinen Anlass", ihrem Land so viel Zeit zu widmen - zumal es in Europa zurzeit "wichtigere Probleme" gebe. Ihre Regierung sei zwar zum Dialog mit der EU bereit, aber nicht zu einem Verzicht auf ihre "Freiheit und Souveränität".

Donald Tusk, der Präsident des Europäischen Rates, sprach von einem "traurigen Tag" für Polen. "Zum ersten Mal in der Geschichte unserer Präsenz in Europa sind wir Gegenstand einer ziemlich traurigen Debatte", sagte der frühere polnische Regierungschef nach dem Auftritt seiner nationalkonservativen Amtsnachfolgerin.

rb/djo (afp, ap, dpa, epd)

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