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Frieden für Gaza? – Deutsche Rolle beim Neuanfang in Nahost

15. Oktober 2025

Deutschland wird keine Soldaten abstellen, sollte eine internationale Mission den Frieden im Gaza-Streifen sichern. Aber die Regierung will sich beim Wiederaufbau engagieren. Und eine Konferenz mit Ägypten ausrichten.

Ägypten Scharm el-Scheich 2025 | Bundeskanzler Friedrich Merz Am Flughafen vor Gaza-Gipfel
Bundeskanzler Friedrich Merz kommt am 13.10.2025 zum Gaza-Gipfel im ägyptischen Scharm el Scheich anBild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) ließ es sich am vergangenen Montag nicht nehmen, zum Gipfeltreffen mit mehr als 20 Staats - und Regierungschefs in den ägyptischen Badeort Scharm El Scheich zu reisen. Für ein paar Stunden nur, um dabei zu sein, als US-Präsident Donald Trump mit den Staatschefs Ägyptens, der Türkei und Katars eine Vereinbarung über einen möglichen Frieden in Nahost unterzeichnete. Und für ein schnelles Bild zusammen mit dem US-amerikanischen Präsidenten.  

Für ein kurzes Statement stellte sich der Bundeskanzler dabei vor die Journalisten, um Deutschlands Rolle bei der Gestaltung der Zukunft vor allem im zerstörten Gaza-Streifen zu umreißen. Der möglichen Rolle, muss man besser sagen, denn immer noch sind die meisten Details des 20-Punkte-Friedensplans von Trump unklar. 

Schon in den Tagen vor der am Ende geglückten Freilassung der letzten lebenden israelischen Geiseln im Gaza-Streifen hatte Merz klar gemacht: Ein Einsatz deutscher Soldaten etwa im Rahmen einer internationalen Stabilisierungs-Mission sei nicht geplant.

Palästinenser kehren nach Beginn der Waffenruhe in die Ruinen ihrer Heimat im Gaza-Streifen zurück Bild: Doaa Albaz/Anadolu Agency/IMAGO

Die Vorstellung, dass deutsche Soldaten in der Zukunft irgendwann einmal israelischen Soldaten gegenüber stehen könnten, ist für viele deutsche Politiker eine schreckliche Vorstellung, so theoretisch sie auch immer sein mag.

Stattdessen sagte Merz: "Deutschland wird seinen Beitrag leisten. Und wir sehen vor allem die humanitäre Verpflichtung, dass wir in den nächsten Tagen und Wochen alles tun, damit die Menschen, die dort immer noch leben, ausreichend mit medizinischer Versorgung ausgestattet werden." Die Menschen in Gaza bräuchten jetzt vor allem ein Dach über dem Kopf, Wasser und medizinische Hilfe.

Eingefrorene Gelder für den Wiederaufbau

Schon vorher, als sich abzeichnete, dass der Plan von US-Präsident Donald Trump zumindest in den ersten Punkten Gestalt annehmen würde, begann in Berlin eine hektische Debatte darüber, was die deutsche Regierung nun zu leisten beabsichtige. Bereits am Wochenende versprach Merz einen Betrag von zusätzlichen 29 Millionen Euro für die sofortige humanitäre Hilfe. Eine eher geringe Summe, gemessen an den Erfordernissen.

Am Sonntagabend teilte Bundesentwicklungsministerin Reem Alabali Radovan (SPD) mit, Deutschland könne auf jeden Fall einen dreistelligen Millionenbetrag für den Wiederaufbau in Gaza zur Verfügung stellen. Das Geld sei da, so die SPD-Politikerin weiter, viele Programme seien seit dem Angriff der islamistischen Terror-Gruppe Hamas auf Israelam 7.Oktober 2023, also vor gut zwei Jahren, eingefroren gewesen.

Bundesentwicklungsministerin Reem Alabali Radovan stellt einen dreistelligen Millionenbetrag für Gaza in Aussicht Bild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

Wie hoch die Summe genau ist, konnte ein Sprecher der Ministerin auch am Montag nicht sagen. Die Regierung will nun zunächst 50 provisorische Unterkünfte für etwa 350 Personen nach Gaza auf den Weg bringen.

Eine Geberkonferenz, voraussichtlich in Kairo

Klar scheint zu sein: Zusammen mit Ägypten wird Deutschland vielleicht schon in den nächsten Wochen eine Geberkonferenz für Gaza ausrichten, wahrscheinlich in Kairo. Auch das war schon  vor der Freilassung der Geiseln vereinbart worden,wird nun aber natürlich immer wichtiger.

Bundeskanzler Friedrich Merz mit Ägyptens Präsidenten Abd al-Fattah as-Sisi am Rande des Gaza-GipfelsBild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

Die Regierung in Ägypten hatte schon vor Wochen einen Plan für den Wiederaufbau des weitgehend zerstörten Küstenstreifens am Mittelmeer vorgelegt, in dem eine Summe von rund 53 Milliarden Dollar genannt wurde. Geld, das aus vielen Quellen kommen soll: Aus arabischen und europäischen Staaten, nicht aber aus den USA. Das hatte Donald Trump bei seinem Besuch in Israel klar gemacht.

Streit um Waffenlieferungen an Israel

Wie unsicher und vage die weiteren Teile des Friedensplans sind - die Entwaffnung der islamistischen Terrorgruppe Hamas etwa  - wird auch deutlich, wenn man sich einige Debatten innerhalb der Regierungskoalition aus Konservativen und Sozialdemokraten in Deutschland anschaut. Die bayrische Schwesterpartei der CDU, die CSU, die kleinste der drei Regierungspartner, forderte Bundeskanzler Merz nach der Freilassung der Geiseln auf, alle Sanktionen und Beschränkungen gegenüber Israel einzustellen.

"Die Sanktionen müssen fallen, die Lieferbeschränkungen müssen fallen, die Reisewarnung muss fallen - und das alles unverzüglich", sagte der Chef der Gruppe des CSU-Bundestagsabgeordneten, Alexander Hoffmann, im Deutschlands größtem Boulevard-Blatt "Bild" am Dienstag. Und auch CSU-Parteichef Markus Söder will wieder Waffen an Israel liefern. 

 

Merz hatte am 8. August entschieden, dass keine Rüstungsgüter mehr nach Israel geliefert werden, die auch in Gaza eingesetzt werden können. Grund war damals das harte Vorgehen der israelischen Armee auch gegen die palästinensische Zivilbevölkerung.

Etwas weniger drastisch formulierte der CDU-Abgeordnete Steffen Bilger, wenn die friedliche Entwicklung sich fortsetze, könne auch eine Wiederaufnahme der Waffenlieferungen ins Auge genommen werden. Merz, so ist im politischen Berlin zu hören, ist dafür, vorerst an dem Export-Stopp festzuhalten, solange die Lage noch so unklar ist. Er hat dabei die Sozialdemokraten an seiner Seite.

Merz will schnell klare Strukturen im Gaza-Streifen

Der Bundeskanzler will fürs Erste dafür sorgen, dass die aktuell positive Dynamik nach der Geisel-Freilassung und der Waffenruhe genutzt wird. Für noch offene Fragen wie etwa dem genauen Aufbau einer internationalen Kontrolle über den Gaza-Streifen müsse jetzt schnell Klarheit geschaffen werden, sagte Merz bei einem Besuch des Bundeslandes Brandenburg am Dienstag in der Landeshauptstadt Potsdam.

"Ich möchte in einem halben Jahr nicht in derselben Runde wieder zusammensitzen, und wir uns dann die Frage stellen müssen: 'What went wrong?' Das darf nicht passieren." Er mag dabei die Hauptsorge aller internationalen Beobachter im Blick gehabt haben: Die Sorge nämlich, dass etwa die zugesagte Entwaffnung der Hamas nicht gelingt.

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