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Friedensmissionen als Geschäft

Das E-Mail-Interview führte Steffen Leidel6. August 2003

Die USA setzen in Kriegsgebieten vermehrt private Firmen ein, auch in Liberia. Werden solche Firmen bald UN-Truppen ersetzen? Das fragte DW-WORLD Doug Brooks, einen Interessenvertreter der privaten Militärindustrie.

Private Militärfirmen warten auf ihren Einsatz in LiberiaBild: AP

Private Militärfirmen (PMF) haben in Friedenseinsätzen längst ein lukratives Geschäftsfeld entdeckt. Die Bush-Regierung hat mit der Firma Pacific Architects and Engineers (PAE) einen Vertrag über zehn Millionen Dollar für einen Einsatz in Liberia abgeschlossen. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Los Angeles wird sich dabei vor allem um die Logistik der Friedenstruppen kümmern. PAE ist nicht zum ersten Mal in der Region. 1996 wartete und flog die Firma zusammen mit dem Unternehmen International Charter Inc. aus Oregon Hubschrauber, die von der US-Regierung der west-afrikanischen Eingreiftruppe ECOMOG (ECOWAS Cease-fire Monitoring Group) zur Verfügung gestellt worden waren.

Doch die UNO hegt Vorbehalte gegenüber solchen Firmen, denen der Ruch des Söldnertums anhaftet. Die PMF betreiben deshalb Imagepflege und haben ihren eigenen Interessensverband gegründet, die International Peace Operations Association (IPOA) mit Sitz in Washington. DW-WORLD befragte den Präsidenten der IPOA, Doug Brooks, über Rolle und Zukunft von PMF.

DW-WORLD: Herr Brooks, sind private Militärfirmen eine Alternative für UN-Friedenstruppen?

Doug Brooks: Ja und Nein. Wir setzen uns für eine Unterstützung der UN- oder regionalen Friedenstruppen durch private Militärfirmen ein. Wir haben bereits für die Demokratische Republik Kongo ein Konzept vorgelegt, wie so ein Einsatz aussehen könnte. Eine Intervention einer privaten Militärfirma setzt ein legitimiertes internationales Mandat voraus, idealerweise vom UN-Sicherheitsrat oder von einer regionalen Organisation wie ECOWAS.

Welche Aufgaben können PMF übernehmen?

In den meisten Fällen übernehmen die Firmen essentielle Aufgaben, die bei Militäroperationen erledigt werden müssen. Dazu gehören Logistik, Nachschub, Transport, Wasseraufbereitung, Minenräumung und so weiter.

Warum rechnen sich private Militärfirmen heute gute Chancen bei Friedenseinsätzen aus?

Bedauerlicherweise hegen westliche Staaten, die über die besseren Streitkräfte verfügen, große Vorbehalte, ihre Soldaten in "nicht strategische" Länder zu entsenden. Das hat dazu geführt, dass vor allem ärmere Länder Truppen für UN-Friedenseinsätze stellen. Die sind weniger trainiert und ausgerüstet. Das funktioniert nicht. Meine Organisation, die IPOA, würde eine aktivere Rolle westlicher Staaten in Friedensmissionen begrüßen, aber das ist auf kurze Sicht wohl eher unwahrscheinlich. Bis dahin können private Firmen, die transparent und verantwortlich handeln, diese Lücke füllen und den Friedenstruppen unter die Arme greifen.

Was können private Firmen besser als UN-Truppen?

Private Firmen können militärische Dienstleistungen besser, schneller und billiger leisten als dies staatliche Streitkräfte tun. Das gilt vor allem für die Logistik oder Aufgaben, die den Einsatz von High-Tech voraussetzen, wie beispielsweise Luftüberwachung. Gerade die Streitkräfte von ärmeren Ländern haben meist nicht die Fähigkeiten und Mittel ganze Verbände von Hubschraubern oder Transportflugzeugen zu unterhalten.

Wieviel würde eine private Intervention kosten?

Es gibt die Faustregel, dass ein Einsatz privater Firmen 10 bis 25 Prozent von dem kostet, was die UN für einen Einsatz staatlicher Truppen bezahlen müsste. Natürlich hängt das von der Operation ab, aber private Firmen sind viel flexibler und innovativer und können ihre Fähigkeiten gezielt auf die spezielle Operation abstimmen.

Haben Sie einen konkreten Plan für einen Einsatz in Liberia erarbeitet?

Die IPOA hat ein Konzeptpapier für eine potentielle Intervention in Liberia erarbeitet, das vor allem logistische und Luftunterstützung für die west-afrikanischen Truppen vorsieht. Die Firmen wären in zwei Wochen einsatzbereit. Ein solcher Einsatz von einem Jahr würde nach unserer Schätzung zwischen 70 und 100 Millionen Dollar kosten, der Sold und die Versorgung für die ECOWAS-Truppen eingeschlossen.

Wie groß ist das Interesse privater Militärfirmen an einer Intervention in dieser Region?

Da sind viele Firmen interessiert! Heikel ist daran, dass die Firmen, die für Friedensmissionen eingesetzt werden, beweisen müssen, dass sie legal registriert sind und die Aufgaben auch wirklich erfüllen können. Das ist einer der Gründe, weshalb die IPOA gegründet wurde. Sie soll helfen, Standards zu definieren und legitimierte Firmen zu zertifizieren.

Werden private Militärfirmen künftig bei Friedensmissionen ein größere Rolle spielen?

Auf jeden Fall! Private Firmen können viele der Aufgaben bei Friedenseinsätzen erledigen, die vom Westen nicht mehr übernommen werden. In Liberia haben die USA bislang lediglich zehn Millionen Dollar für private Unterstützung veranschlagt. Aber es gibt ein Interesse an einer erfolgreichen Operation, so dass wir mit mehr finanziellen Mitteln rechnen.

Es gibt Stimmen, die private Militärfirmen als neue Form des Söldnerwesens ansehen. Wie ist Ihre Meinung?

Hunderttausende von unschuldigen Zivilisten sterben jedes Jahr in Kriegen, die gestoppt werden könnten, wenn der Westen zuverlässige Friedenstruppen einsetzen würde. Private Firmen sind dazu bereit, diesen Bedarf zu decken und zwar transparenter, verantwortungsvoller und professioneller als UN-Truppen. Wer private Unternehmen und deren Mitarbeiter, die ihr Leben riskieren, um solche Kriege zu beenden und Zivilisten zu schützen, als "Söldner" bezeichnet ist schlecht informiert und gefühllos.

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