Nach der Bekanntgabe im Oktober dauert es knapp zwei Monate, bis die Nobelpreisträger ihre 18-karätigen Goldmedaillen entgegennehmen können. Der äthiopische Regierungschef war nun als erster an der Reihe - in Oslo.
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Der äthiopische Ministerpräsident Abiy Ahmed hat in Oslo den diesjährigen Friedensnobelpreis erhalten. Dem mit 43 Jahren jüngsten Regierungschef Afrikas wurde die renommierte Nobelmedaille bei einer feierlichen Zeremonie in der norwegischen Hauptstadt überreicht. In seiner Dankesrede betonte Abiy, wie schwierig es sei, langfristig Frieden zu sichern. "Ich glaube, dass Frieden eine Herzensangelegenheit ist. Frieden ist eine Arbeit der Liebe. Frieden zu erhalten, das ist harte Arbeit."
Abiy sagte, er nehme den Preis nicht nur im Namen seiner Landsleute entgegen, sondern auch für die Menschen im benachbarten Eritrea. Zugleich dankte er dem eritreischen Präsidenten Isaias Afwerki. Dessen guter Wille, sein Vertrauen und Einsatz hätten wesentlich dazu beitragen, dass der Konflikt zwischen beiden Ländern beendet werden konnte. "Wir haben verstanden, dass unsere Nationen keine Feinde sind", sagte Abiy. "Stattdessen waren wir Opfer des gemeinsamen Feindes namens Armut."
Zwei Jahrzehnte Feindschaft
Äthiopien und Eritrea hatten im vergangenen Jahr unter Abiys Ägide nach rund 20 Jahren Feindschaft ihre Rivalitäten beigelegt. Hierfür und für seine Reformbemühungen erhielt der Ministerpräsident, der in seinem Heimatland stark unter Druck steht, den Preis, der als weltweit wichtigste politische Auszeichnung gilt.
Die Vorsitzende des Nobelkomitees, Berit Reiss-Andersen, richtete das Wort an Abiy: "Sie haben die Initiative ergriffen und waren der Hauptarchitekt hinter den Friedensverhandlungen, die erfolgreich mit Eritrea geführt wurden."
Zugleich habe sich der Äthiopier intensiv darum bemüht, in seinem Land die bürgerlichen Freiheitsrechte zu stärken und die Entwicklung ziviler Institutionen zu fördern, um die Demokratie aufzubauen. Aber auch im Verhältnis zwischen Eritrea und dem ebenfalls am Horn von Afrika gelegenen Dschibuti sowie im benachbarten Sudan habe Abiy vermittelt.
"Außerordentlich bescheiden"
Der Ministerpräsident, der seine Dissertation über die Lösung interreligiöser Konflikte geschrieben hatte, zeichne sich überdies durch eine außerordentliche Bescheidenheit aus, sagte Reiss-Andersen. "Sie sprechen selten öffentlich über Ihre Errungenschaften und Ihren Erfolg."
Abiy ist seit April 2018 äthiopischer Regierungschef. Nach seinem Amtsantritt krempelte er das Land nach Jahrzehnten repressiver Herrschaft radikal um. Seit im Oktober bekannt wurde, dass er den Friedensnobelpreis erhalten soll, haben sich die Beziehungen zwischen Äthiopien und Eritrea jedoch wieder verschlechtert. Die Grenzen zwischen beiden Staaten wurden erneut geschlossen; die Gespräche stocken. Bei Protesten gegen Abiy wurden bislang mehr als 80 Menschen getötet.
Der Friedensnobelpreis ist mit neun Millionen schwedischen Kronen (umgerechnet 850.000 Euro) dotiert. Er wird im Gegensatz zu den anderen Nobelpreisen, die ebenfalls an diesem Dienstag in Stockholm verliehen wurden, in Oslo überreicht.
Protest bei Nobelpreisverleihung in Stockholm
Am Rande der Verleihung in Stockholm kam es zu Protesten gegen den österreichischen Literaturnobelpreisträger Peter Handke. Viele der Teilnehmer trugen eine stilisierte weiße Blume als Symbol für die Opfer des Völkermords von Srebenica. Sie protestierten gegen die Preisvergabe an Handke wegen dessen Positionierung im Jugoslawien-Konflikt.
Der Schriftsteller hatte sich stark mit Serbien solidarisiert und nach Ansicht von Kritikern die von Serben begangenen Kriegsverbrechen bagatellisiert oder geleugnet. 2006 hielt er bei der Beerdigung des sechs Jahre zuvor gestürzten serbischen Führers Slobodan Milosevic eine Rede.
jj/sti (dpa, afp)
Nobelpreis: Afrikas Botschafter des Friedens
Äthiopiens Regierungschef Abiy Ahmed ist der jüngste Friedensnobelpreisträger Afrikas - und der zehnte überhaupt. Er wird für seinen Weg der Versöhnung geehrt. Der erste Friedensnobelpreis ging erst 1960 nach Afrika.
Bild: picture alliance/AP Photo/NTB scanpix/H. M. Larsen
Mit Leopardenhut zur Auszeichnung
Albert Luthuli bekam 1960 als erster Afrikaner den Friedensnobelpreis für seine friedliche Politik gegen Rassentrennung in Südafrika. Als der ANC-Präsident ausgezeichnet wurde, war die Befreiungsbewegung schon von der Apartheid-Regierung verboten und Luthuli gebannt. Er konnte den Preis erst ein Jahr später entgegennehmen - die Reisesperre war für zehn Tage aufgehoben, Luthuli reiste nach Oslo.
Bild: Getty Images/Keystone/Hulton Archive
Geistliche unter sich
Erzbischof Desmond Tutu war Südafrikas moralische Leitfigur und setzte sich für Menschenrechte und gegen Diskriminierung ein. Von Tutu stammt der Ausspruch "Wir sind eine Regenbogen-Nation". 1984 erhielt der anglikanische Geistliche die Würdigung aus Oslo. Der humorvolle Würdenträger war nicht nur ein enger Freund Mandelas, sondern weltweit geschätzt, so auch beim Dalai Lama.
Bild: picture-alliance/dpa
Amandla - Endlich frei!
Dieses Foto ging um die Welt: Als der Anti-Apartheidsheld Nelson Mandela 1990 nach 27 Jahren Haft freigelassen wurde, hielt Südafrika den Atem an - der historische Moment war da. Sein unermüdlicher Kampf gegen Unterdrückung ebnete den Weg für den Einzug von Südafrikas Demokratie 1994. Ein Jahr zuvor erhielt Mandela zusammen mit Regierungschef Fredrik Willem de Klerk den Friedensnobelpreis.
Bild: AP
Zwei Widersacher im Frieden vereint
Mut, Geduld und Ausdauer führten zum Ziel: Widerstandskämpfer Nelson Mandela und Südafrikas damaliger Regierungschef Fredrik Willem de Klerk wurden 1993 gemeinsam mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet - noch vor der Wahl Mandelas zum ersten schwarzen Präsidenten. Die friedliche Revolution war gelungen, aber der Friedensprozess ist auch im demokratischen Südafrika längst nicht abgeschlossen.
Bild: AP
Im Auftrag des Friedens um die Welt
Kofi Annan galt als Botschafter des Friedens. Der ghanaische Diplomat und UN-Generalsekretär erhielt 2001 gemeinsam mit den Vereinten Nationen den Nobelpreis für seinen "Einsatz für eine besser organisierte und friedlichere Welt." Trotz seiner Bilderbuchkarriere blieb ein dunkler Fleck: Nach Vorwürfen, die UN habe bei dem Völkermord in Ruanda weggeschaut, gestand Annan später Versagen ein.
Bild: Reuters
Mama Miti - Mutter der Bäume
2004 erhielt zum ersten Mal eine schwarze Frau den Friedensnobelpreis: Wangari Maathai. Die Professorin aus Kenia kämpfte für Frauenrechte und gegen Armut in ihrer Heimat. Die stellvertretende Umweltministerin erhielt für ihr "Green Belt Movement" den Beinamen "Mutter der Bäume". Sie feierte den Preis auf ihre eigene Weise, schrieb sie in ihrer Autobiografie: "Ich pflanzte einen Baum."
Bild: Getty Images/AFP/T. Bendiksby
Frauenpreis: Dreimal Anerkennung
2011 wurden dann gleich drei Frauen gemeinsam geehrt: Die liberianische Präsidentin Ellen Johnson-Sirleaf (rechts) und ihre Landsfrau, die Menschenrechtlerin Leymah Gbowee (Mitte) sowie die Journalistin Tawakkul Karman aus dem Jemen. Die beiden Frauen aus dem westafrikanischen Liberia wurden für ihren Einsatz zur Rettung ihres Landes vor Bürgerkriegsgewalt geehrt.
Bild: dapd
Sie nennen ihn Doktor Wunder
Der kongolesische Arzt und Menschenrechtsverteidiger Denis Mukwege hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, Opfern sexualisierter Gewalt zu helfen. Seit vielen Jahren ist der Gynäkologe leitender Chirurg des Panzi-Krankenhauses in Bukavu, das er 1999 selbst gegründet hat. Er gibt seinen Patienten Hoffnung und neuen Mut. Dafür wurde er 2018 ausgezeichnet, gemeinsam mit der Jesidin Nadia Murad.
Bild: picture-alliance/AP Photo/Norwegian Church Aid
Junger Revolutionär am Start
Äthiopiens Regierungschef Abiy Ahmed hat Grund zum Feiern: Er wird in diesem Jahr für sein Engagement zum Friedensschluss mit dem benachbarten Eritrea geehrt. Auch sein Weg der Versöhnung im eigenen Land beeindruckt, auch wenn er noch lang und steinig ist. Sein mutiger Reformprozess im unruhigen Vielvölkerstaat Äthiopien machte Eindruck. Abiy nimmt den Nobelpreis am 10. Dezember in Oslo entgegen.