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Merz wird neuer CDU-Parteichef

Kay-Alexander Scholz | Christoph Strack
17. Dezember 2021

In der deutschen Politik ist ein alter Konkurrent von Angela Merkel zurück an vorderster Linie: Friedrich Merz. Es war ein langer Weg zurück an die Macht. Wofür steht Merz?

Deutschland Friedrich Merz wird neuer CDU-Parteivorsitzender
Bild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

Kaum ist Angela Merkel weg - ist Friedrich Merz wieder da. Das Ergebnis eines Mitglieder-Entscheids über den neuen Parteivorsitz der deutschen Christdemokraten fiel mit 62,1 Prozent überraschend eindeutig für Merz aus. Daneben hatten sich der Außenpolitiker Norbert Röttgen und der frühere Kanzleramtsminister Helge Braun beworben. Viele Beobachter hatten noch mit einer Stichwahl gerechnet. Die ist nun überflüssig.

Friedrich Merz mit den unterlegenen Mitbewerbern Helge Braun (links) und Norbert Röttgen (Mitte)Bild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

Von den 400.000 Partei-Mitgliedern hatten sich gut zwei Drittel an dem ersten Votum dieser Art in der CDU beteiligt. Dass Mitglieder entscheiden, war zuvor nicht vorgesehen. Die Kandidatur muss nun noch eine eher formale Hürden nehmen. Ende Januar muss der CDU-Parteitag Merz dann auch offiziell wählen. Die Amtsdauer beträgt zwei Jahre. Merz bekommt nun die Macht, die er schon lange wollte.

Gegenspieler zu Angela Merkel

Friedrich Merz ist Wirtschaftsjurist, geboren 1955. Er stammt aus einer Juristenfamilie aus einer ländlich geprägten Gegend des bevölkerungsreichsten deutschen Bundeslandes Nordrhein-Westfalen. Mit seine Ehefrau Charlotte, Direktorin eines Amtsgerichts, ist er seit 1981 verheiratet. Sie haben drei erwachsene Kinder.

Merz zog 1994 erstmals für die CDU in den Bundestag ein. Schon damals standen er und Angela Merkel für unterschiedliche Lager innerhalb der CDU.

Merkel wurde von den jüngeren Mitgliedern der Partei unterstützt, Merz war deutlich traditionell-konservativer. Im Kampf um den Vorsitz der Bundestagsfraktion 2002 musste sich Merz dann der aufstrebenden Merkel unterordnen - und schied schließlich 2004 schmollend aus der Parteiführung und 2009 aus dem Bundestag aus.

Merz und Merkel, hier im Jahr 2000: Beide sind seit langem RivalenBild: Michael Jung/dpa/picture alliance

In den folgenden Jahren machte er Karriere in der Wirtschaft. 2016 wurde er Chef der deutschen Niederlassung des weltgrößten Vermögensverwalters BlackRock.

Im dritten Anlauf zum CDU-Vorsitz

Als Merkel 2018 ankündigte, dass sie als Parteivorsitzende zurücktreten würde, kündigte Merz seine Kandidatur an - und verlor gegen Annegret Kramp-Karrenbauer, Merkels Wunschnachfolgerin. Merz war und ist für viele in der CDU Projektionsfigur für eine CDU, die an alte Zeiten vor Merkels Modernisierungskurs erinnert. Merz bediente diese Strömung, nannte das Erscheinungsbild der Regierung unter Merkel einmal "grottenschlecht".

Nachdem Kramp-Karrenbauer nach einer Reihe von Fauxpas' zurückgetreten war, nutzte Merz seine Chance erneut. Doch diesmal unterlag er Armin Laschet.

Nach der schweren Wahlniederlage der CDU im September 2021 begannen konservative Jugendliche, die früher zu den treuesten Anhängern von Merz gehörten, daran zu zweifeln, ob Merz die Zukunft der Partei gestalten kann. Tilman Kuban, Vorsitzender der CDU-Jugendorganisation Junge Union, forderte "mehr junge, frische und unverbrauchte Köpfe in der Parteiführung". Merz sei ein kluger Kopf, "der beratend und unterstützend tätig sein kann".

Doch getreu dem Motto "Aller guten Dinge sind drei" kündigte Merz im November seine Kandidatur für den Parteivorsitz an. Es werde eine Team-Leistung sein, kündigte er an und holte jüngere Leute mit ins Boot. Er schlug den ehemaligen Berliner Gesundheitssenator Mario Czaja, 46, als künftigen CDU-Generalsekretär vor und die 34-jährige Bundestagsabgeordnete Christina Stumpp aus Baden-Württemberg als stellvertretende Generalsekretärin - ein Posten, der erst noch geschaffen werden muss.

Wofür steht Merz?

Merz sieht für die Europäische Union nur dann Chancen im globalen Wettbewerb, wenn sie sich gegenüber China und anderen asiatischen Ländern, aber auch gegenüber Russland und den USA wirtschaftlich, finanziell und strategisch behauptet. Er ist ein überzeugter Europäer. Bevor er in den Bundestag einzog, war er ab 1989 fünf Jahre lang Abgeordneter im Europäischen Parlament.

Der Europaabgeordnete Friedrich Merz 1992Bild: Imago images

Und er hat starke transatlantische Verbindungen. Niemand aus der CDU-Führung war in den letzten zehn Jahren öfter in den USA als Merz. Der Wirtschaftsliberalismus des Landes beeindruckt und prägt ihn zugleich. "Wir würden uns gut verstehen", sagte Merz 2020 über den damaligen Präsidenten Donald Trump.

Merz - selbst Multimillionär - setzt sich für eine wirtschaftspolitische Erneuerung ein und beklagt bürokratische Hürden für Unternehmen durch regulatorische Vorgaben, zum Beispiel beim Umweltschutz. Viele in der Partei stimmen ihm zu und setzen große Hoffnungen in ihn.

Doch zugleich steht der Katholik Merz für ein Gesellschaftsbild, das in mancher Hinsicht der Liberalisierung der CDU in den vergangenen 20 Jahren entgegensteht. 1997 stimmte Merz im Bundestag - zusammen mit mehr als 130 Unionsabgeordneten - gegen eine Gesetzesänderung, die Vergewaltigung in der Ehe unter Strafe stellte. Als ein Linken-Politiker dies im Dezember 2020 auf Twitter thematisierte, versuchte Merz, dies gerichtlich zu unterbinden - und scheiterte.

Vielen Älteren ist er noch mit seiner "Bierdeckel"-Idee im Gedächtnis. 2003 schlug er vor, die Steuererklärung müsse "auf einem Bierdeckel" Platz haben, statt seitenweise Formulare ausfüllen zu müssen. Wie das in der Praxis umgesetzt werden soll, konnte er allerdings nicht beantworten.

Gegen eine allgemeine Impfpflicht

Doch Merz wird als neuer CDU-Vorsitzender nur bedingt Einfluss auf politische Entscheidungen haben können. Seine Partei sitzt im Bundestag seit der Wahl in der Opposition

Der Kampf gegen die Pandemie sollte nach Merz' Meinung ohne eine allgemeine Impfpflicht auskommenBild: Peter Steffen/dpa/picture alliance

Bei der aktuell vieldiskutierten Frage nach einer allgemeinen Impfpflicht äußerte sich Merz eher ablehnend. "Wir sollten erst klären, ob es einfachere, bessere, verhältnismäßigere Mittel gibt, um eine wesentlich höhere Impfquote zu bekommen", sagte Merz in einem Zeitungsinterview. Mit einer konsequenten Anwendung der 2G-Regel könne dieses Ziel "möglicherweise" auch erreicht werden. Er lehnte es ab, sich einem fraktionsübergreifenden Gruppenantrag zur Impfpflicht im Bundestag anzuschließen. Dies sei ein Trick der Ampel-Regierung, um zu verschleiern, dass sie bei der Impfpflicht keine eigene Mehrheit habe. Er riet davon ab, die Omikron-Variante zu dramatisieren. Die Variante sei zwar ansteckender, dafür aber weniger gefährlich. Er denke, dass auch mit der Omikron-Variante ein "etwas normaleres Leben" weiter möglich sei.

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